Das Amtsgericht Leipzig sorgt für Nachschub. Bis zu vier Millionen Menschen sollen sich strafbar gemacht haben. Täglich! Das sind 46,3 Straftäter pro Sekunde.
Der dortige Richter am Amtsgericht (RiAG) schreibt mit einer am Mittwoch, den 21.12.2011, verkündeteten Entscheidung Rechtsgeschichte. Er verurteilte einen „Film-Piraten von Kino.to“ (Berliner Kurier) zu drei Jahren und fünf Monaten Haft. Er habe „nach Überzeugung des Gerichts“ die Serverinfrastruktur im Ausland für das Portal organisiert und einen eigenen Filehoster betrieben.
Geschenkt, das war keine Aufgabe, an der ein Richter wachsen konnte; der Verurteilte hatte zuvor ein Geständnis abgelegt, der Rest steht im Gesetz, das man auch ohne Prädikats-Examen verstehen kann.
Deswegen ließ sich der RiAG bei der Urteilsverkündung etwas Spektakuläres einfallen, um dann doch noch in die Zeitung zu kommen: Die Nutzer von Kino.to, also die vier Millionen täglichen Filmegucker, sollen sich auch strafbar gemacht haben:
Mit dem Begriff „vervielfältigen“ habe der Gesetzgeber „herunterladen“ gemeint, erläuterte Richter […] der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zufolge. Dazu gehöre auch das zeitweilige Herunterladen, das beim Streaming stattfinde: Es würden Datenpakete sukzessive heruntergeladen, was eine sukzessive Vervielfältigung sei. Jeder Nutzer illegaler Streaming-Portale müsse sich bewusst sein, dass dahinter eine Vervielfältigungshandlung stehen könne.
liest man in der Süddeutschen Zeitung und so ähnlich in anderen „Blättern“. Eine höchst eigenwillige Interpretation der – außerhalb des Leipziger Gerichtssprengels – geltenden Rechtslage.
Die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit in diesem Zusammenhang könnte § 106 UrhG liefern. Darin geht es um das besagte „Vervielfältigen“ von urheberrechtlich geschützten Werken.
Wie der RiAG zu der Annahme kommt, „Vervielfältigen ist gleich Downloaden“, weiß ich nicht. Vielleicht hat er auch nur die Ansicht „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen“ verinnerlicht. Warten wir die schriftlichen Urteilsgründe ab.
Wenn man sich den Vorgang des Streamings bei Lichte betrachtet, handelt es sich wie bei jeder Datenübertragung im Grunde um einen Kopiervorgang. Der Film wird häppchenweise im Zwischenspeicher des eigenen Rechners abgelegt. Im technischen Sinne liegt dort also für einen kurzen Moment eine Kopie herum.
Technik hat aber nur am Rande etwas mit Recht zu tun. Insbesondere das Strafrecht hat da ganz eigene Regeln. Zum Beispiel das Übermaß- und Analogieverbot. § 106 UrhG will verhindern, daß geschützte Werke dauerhaft kopiert werden. Dies läßt sich zwanglos aus § 16 Abs. 2 UrhG ableiten, der von einer “wiederholbaren Wiedergabe“ spricht.
Dieses technisch bedingte Zwischenspeichern beim Strömen dient aber eben nicht der Herstellung eines Vervielfältigungsstücks. Den vier Millionen Filmeguckern kam es nicht auf die wiederholbare Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen an. An dieser Stelle jetzt mit einer Analogie zu arbeiten und den Begriff des Vervielfältigens im Sinne des Urheberrechtes gnadenlos auszudehnen, widerspricht dem Analogieverbot; die Regeln des Strafrecht als ultima ratio sind stets restriktiv auszulegen. Auch in Leipzig.
Es gibt noch die eine oder andere Dunkelnorm, die gern an dieser Stelle mal diskutiert wird (§ 44a UrhG zum Beispiel); einschlägig sind sie jedoch alle nicht.
Der Leipziger Richter bedient sich eines Instruments, das nicht nur Strafverteidigern bekannt ist. Ein bestimmtes Verhalten ist nicht erwünscht. Also sucht man solange, bis man irgendwas gefunden hat, das so ungefähr passen könnte. Und dann beginnt das große Auslegen nach der Methode:
„… es kann doch nicht sein, daß das nicht strafbar ist. Da könnte ja jeder kommen. Wo kommen wir denn da hin?“
Ich freue mich auf die 4 Millionen neue Mandanten und die Freispruchverteidigungen.
Danke an Thomas H. für den Hinweis auf den Artikel in der SZ. crh
Wo genau ist nun § 106 UrhG zu erkennen, dass es um eine dauerhafte Vervielfältigung geht?
Die Einreihung von „Vervielfältigen“ neben „öffentlich wiedergibt“ spricht doch viel mehr dafür, dass bereits ein einmaliges kurzfristiges Wiedergeben unter Strafe gestellt werden soll. Somit liegt es auch nahe, dass eine einmalige und kurzfristige Vervielfältigung abgedeckt sein soll.
Dies wird übrigens auch durch den Umkehrschluss aus § 44a Nr. 1 UrhG deutlich. Wäre tatsächlich nur die langfristige Vervielfältigung strafbar, dann bräuchte man § 44a Nr. 1 UrhG nicht, denn seine einzige Aufgabe ist es, dass ein Internetprovider straffrei bleibt, wenn er für die kurze Dauer der Übertragung eine Kopie in den Backbone-Cache lädt. Die Ausnahme bestätigt also die Regel: Auch ein kurzfristiges und fragmentiertes Vervielfältigen soll bestraft werden.
Es gibt auch sonst keinerlei Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber bewusst das massenweise und kommerzialisierte Kopieren per Stream nicht unter Strafe stellen wollte. Vor allem, da Filme in der Regel nur einmal konsumiert werden und damit auch eine kurzfristige Kopie einer Filmszene den vollen Schaden am Rechtsgut des Urhebers verursacht.
Selbst wenn es strafbar wäre: Wenn die Mehrheit der Bundesbürger davon betroffen wäre, würden diese ja wohl aus Eigeninteresse Volksvertreter wählen, die dieses Gesetz (auch mit Rückwirkung: § 2 III StGB) ändern. In einer Demokratie ist es schwer, die Mehrheit der Bevölkerung zu kriminalisieren.
Wenn ein guter Strafrechtler sich an Zivilrecht versucht …
Richtig ist, dass die Frage, ob Caching oder Streaming eine Vervielfältigung ist, bislang noch nicht gerichtlich geklärt wurde. Das AG Leipzig betritt hier Neuland, wenn es sich denn so geäußert hat wie man es an manchen Orten lesen kann.
Wenn man schon die UrhG-Normen zitiert, dann sollte man aber auch richtig zitieren:
1. Der § 44a UrhG, der ausdrücklich von „vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen“ spricht und der erst zum 10.09.2003 eingeführt wurde, man nur dann Sinn, wenn auch Streaming und Caching unter den Begriff der Vervielfältigungen fällt. Andernfalls hätte es nämlich keiner Regelung bedurft, da ja bereits keine Vervielfältigung vorläge.
2. Bitte schau Dir einmal § 16 Abs.1 UrhG an. Der lautet:
3. Die überwiegende Ansicht in der rechtswissenschaftlichen Literatur fasst daher auch das Streaming unter den Begriff, vgl. zum Meinungsstand z.B. Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl., § 16, Rn. 21 ff.
Sollte sich also der Richter also tatsächlich so geäußert haben, dann befindet er sich mit seiner Ansicht in durchaus guter Gesellschaft. Seine Meinung ist daher keineswegs abwegig oder nicht nachvollziehbar. Ob die Rechtsprechung dem folgen wird, steht freilich auf einem anderen Blatt…
[…] […]
@Lexus:
Bitte wie? Erklären Sie doch bitte, inwieweit Nutzer von Streamingportalen das Streaming kommerzialisieren und erwähnen Sie doch gleich auch, an welcher Stelle Herr Hoenig Straffreiheit für kommerzialisiertes Streaming gefordert hat.
Liebe Kommentatoren.
Bitte gehen Sie höflich miteinander um. Unterschiedliche Ansichten zu einem Thema sind keine Rechtfertigung für Pöbeleien.
Besten Dank vorab.
Ein „guter Strafrechtler“ sollte sich aber wenigstens im Strafrecht auskennen. Eine Regel, dass Strafrechtsnormen „stets restriktiv auszulegen“ seien, existiert nicht – das Analogieverbot verbietet die Auslegung über den möglichen Wortsinn hinaus, gebietet aber keineswegs eine den Wortsinn einengende Auslegung.
Mal nicht aus kompetenter juristischer, sondern aus (zugegeben reichlich amateurhafter) wirtschaftlicher Sicht betrachtet:
Wenn sich auf einem einzigen dieser „Download-Portale“ nur in Deutschland (meint der Richter doch, oder?) vier Mio. „Nutzer“ pro Tag tummeln, was rund 1,5 Mrd. „Nutzungen“ (legal oder illegal) pro Jahr und „diesem unserem Land“ bedeutet – welches brachliegende Potential ergibt sich dann über alle diese „Portale“ hinweg, womöglich auf den gesamten Globus betrachtet?
Und was, wenn man alle diese „Nutzer“ „verknackte“? Alle zwei Wochen (statistisch, nur in Deutschland…) sitzt jeder mal ein – ein ganzesLand als Gefängnis für Downloader?
Oder existiert hier doch ein Markt für Künstler (und deren „Manager“), die rechnen können und verkaufen wollen?
Disclaimer: Ich „klaue“ nie online, ich habe allen digitalen und materiellen Besitz immer als Eigentum erworben – ich finde aber immer und immer wieder interessant, wie Märkte komplett verkannt und geächtet werden.
@Xaerdys
Mit kommerzialisiert wollte ich die Abgrenzung zur Privatkopie deutlich machen. Kommerzialisiert durch den Streaming-Anbieter.
Und der Blogeintrag geht ja dahingehend, dass nach seiner Meinung (und die vieler anderen, ist ja ein sehr umstrittenes Thema) das Streaming straffrei sei. Teilweise auch mit dem Argument, dass der Gesetzgeber es eben nicht kriminalisieren wollte, weil, wie im Ausgangspost zu lesen, das Strafrecht ein Ultima Ratio ist und nicht jedes Fehltritt auch vom Strafrecht sanktioniert werden muss. Es wäre also nicht völlig absurd, dass der Gesetzgeber sagt „Wer sich Filme per Streaming anschaut ist so ein kleiner Fisch, das stellen wir gar nicht unter Strafe“.
Obiter dictum von einem Amtsgericht, laut Interpretation eines Lobbyverbands. Wie irrelevant soll es denn noch werden? Die Hypothese wird durch Erwähnung in diesem Blog geradezu geadelt.
mir kommt gerade ein ziemlich netter gedanke. denn: der leipziger amtsrichter hat es doch eigentlich nur gut mit uns gemeint. das lässt sich so begründen:
philosophisch betrachtet sind straftaten deshalb straftaten, weil die gesellschaft sie in ihrer überwiegenden mehrheit als unerwünscht und schädlich betrachtet. wenn jetzt aber 4 mio deutsche sich TÄGLICH durch ein verhalten strafbar machen würden, könnte man ja schon an der gesellschaftlichen akzeptanz der strafnorm zweifeln. daher wäre sie wohl aus übergeordneten gründen ausser kraft zu setzen. konsequent weitergedacht und argumentiert gräbt sich die unterhaltungsindustrie gerade ihr wasser ab.
Was mich als Laien an diesem Urteil wütend macht, ist die Höhe der Haftstrafe. Vergleicht man das Urteil mit einer Berichterstattung vom 31.08.2011, nach der ein Mann wegen 34-fachen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, 10-fachen schweren Missbrauchs und sexueller Nötigung zu 3 Jahren verurteilt worden ist, dann muss sich jeder fragen, welchen Wert Menschenleben gegenüber wirtschaftlichen Interessen in unserer Gesellschaft „geniessen“?
Die h. L. vertritt wohl eine andere Meinung als Sie, indem sie die Vervielfältigungshandlung (ebenso wie das AG) bejaht, diese allerdings beim Streaming über § 44a Nr. 2 UrhG rechtfertigt.
Das ist auch plausibel.
Wenn man „rechtmäßig“ nämlich lediglich im Sinne des UrhG verstände, würde Nr. 2 keinen Anwendungsbereich haben.
Wieso 4 Millionen?
strenggenommen werden doch die meisten Webseiten zwischengespeichert und da ja wohl (fast) alle urheberrechtlich geschützt sind sehe ich da eher Milliarden von Verfahren…
Die Begründung (http://dipbt.bundestag.de/doc/brd/2002/D684+02.pdf, dort ab Seite 39) zum § 44a UrhG zeigt, dass der Gesetzgeber wohl gerade nicht an die Fälle des Streamings gedacht hatte:
Zu Nummer 8 (§ 44a):
Mit der vorgeschlagenen Einfügung eines § 44a wird Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie umgesetzt. Angesichts eines nunmehr eindeutig weit gefassten Vervielfältigungsbegriffes in § 16 Abs. 1 wird den Erfordernissen in der Informationsgesellschaft Rechnung getragen, gewisse genau bestimmte Vervielfältigungshandlungen, die technisch notwendig und begleitend sind, vom ausschließlichen Verfügungsrecht des Urhebers über die Vervielfältigung auszunehmen. Solche Vervielfältigungen können zum Beispiel die ständigen Speichervorgänge auf den Datenspeichern (Servern) der Zugangsvermittler sein, über die ein Nutzer Werke und Schutzgegenstände weltweit abrufen kann, und ohne die eine Übermittlung an den Nutzer nicht möglich ist. Insbesondere gehört hierzu nach dem Erwägungsgrund 33 der Richtlinie ausdrücklich auch der Bereich des „Caching“. Beim Caching erfolgt eine zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung der bereits aufgerufenen Netzinhalte auf dem Server des Anbieters, um so einen schnelleren Zugriff der Nutzer auf diese Netzinhalte bei erneutem Abruf zu gewährleisten und zugleich das Netz zu entlasten.
Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie steht in engem Zusammenhang mit den haftungsprivilegierenden Vorschriften der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, ECRL). Wie Erwägungsgrund 16 der Richtlinie „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“ feststellt, präzisiert und harmonisiert die ECRL verschiedene rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft und gibt einen einheitlichen Rahmen für die Grundsätze und Vorschriften vor, die auch für wichtige Teilbereiche der Richtlinie „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“ gelten. Beide Richtlinien zusammen begründen also auf Gemeinschaftsebene ein klares Regelwerk, wobei die Richtlinie „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“ nicht die Bestimmungen der ECRL zu Fragen der Haftung berührt. Die Regelungen der ECRL zur Verantwortlichkeit sind im nationalen Recht im Teledienstegesetz und im Mediendienste-Staatsvertrag umgesetzt. Diese Regelungen zur Verantwortlichkeit werden durch Artikel 5 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und die darin enthaltene Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht und seine Umsetzung in § 44a sinnvoll ergänzt. Ohne diese Vorschrift unterlägen die dort erfassten Vervielfältigungshandlungen dem ausschließlichen Recht der in Artikel 2 der Richtlinie genannten Personen mit der Folge, dass die Erbringung der von der ECRL erfassten Dienste ungeachtet der mit der dortigen Haftungsprivilegierung verfolgten Ziele nur noch eingeschränkt oder möglicherweise gar nicht mehr möglich wäre.
Der Vorschlag des neuen § 44a orientiert sich schon im Hinblick auf die einheitliche Handhabung innerhalb des Binnenmarktes nahezu wörtlich an der Vorgabe der Richtlinie und entspricht zugleich der bei der Gestaltung von Schrankenregelungen üblichen Formulierung.
Im Märchenwald der Rechtsauslegung
Als juristischer Laie kann ich mich nur wundern, was mir von Richtern und Staatsanwälten an Kenntnissen abverlangt wird. Strafbar mache ich mich also nur, wenn ich mir von einer verbotenen Plattform aus einen Stream ziehe. Welche Plattformen sollen dies, abgesehen von Kino.to denn nun sein? Kinox.to, Movie2k.to? Es gibt viele Streamseiten im Netz und nirgends steht, ob diese Seite nun gerade erlaubt ist oder nicht. Auch bei Kino.to ist mir bis heute nicht klar, weshalb diese Seite illegal ist, andere hingegen, die exakt dasselbe Angebot bedienen, hingegen nicht.
Wenn die Rechtssprechung von uns unterbelichteten Usern erwartet, dass wir diese ernst nehmen, dann erwarten wir im Gegenzug, dass Richter und Staatsanwälte sich unterstehen, ein derart kindisches Kasperltheater aufzuführen und uns Betroffene zugleich im Ungewissen zu lassen. Sie als Juristen tragen VERANTWORTUNG !!!
Was also erwarte ich von einer Justiz, die ihren Namen nicht zu Unrecht trägt?
1. Ein Gesetz, dass unzweideutig klärt, wo beim Streamen das erlaubte Terrain endet und der illegale Bereich beginnt. Im Zweifelsfall sollen sie Streams doch gleich prinzipiell verbieten, dass hätte wenigsten Format.
2. Wenn eine Plattform für illegal befunden wird, dann soll sie, verdammt nochmal, gefälligst dicht gemacht werden anstatt weiterhin unbescholtene, nichtsahnende User in die Kriminalität locken zu können.
3. Sollte dies (2.) nicht möglich sein, so erwarte ich zumindest, dass illegale Plattformen künftig namentlich genannt und in einem Register verzeichnet werden, damit ich die Möglichkeit habe, mich kundig zu machen.
Alles andere wirkt auf mich unprofessionell, wenn nicht gar fragwürdig. Es ist einfach einer funktionierenden Justiz unwürdig, potentiell strafbare Streamadressen wie Tretminen im Netz herumliegen zu lassen und so dafür zu sorgen, dass Millionen von anständigen und rechtstreuen Bürgern ungewarnt in die offene Klinge laufen ohne sich dessen bewusst zu sein. Die Verantwortlichen sollten sich schämen.
@Josch
Du willst nun tatsächlich sagen, dir ist nicht bewusst, dass man auf Kino.to etwas unrechtes tut? Und bei YouTube oder RTLNow nicht?
Dann kommt dir immer noch § 17 StGB zu gute (vielleicht sogar § 16)… Der größte Teil der Bevölkerung ist aber schon schlau genug um zu erkennen, dass er bei Kino.to etwas tut, was dem Urheber nicht gefällt
[…] komplette Gegenargumentation findet ihr auf kanzlei-hoenig.de. Via law blog. […]
Was mich auch mal interessiert, von wegen Analogie und so, wie sieht es denn aus wenn jemand ein Kino betreibt und nichtlizensierte Filme vorführt? Die Kinogänger das wissen und mit einem Euro Eintritt günstig neueste Filme gucken können? Werden dann auch alle Billiggucker verknastet? Aber nun, hätte er einfach bei Bedarf nach 20cent gefragt hätte er zwar weniger Geld gehabt aber auch eine deutlich geringere Strafe bekommen: http://www.welt.de/regionales/hamburg/article13754264/Mildes-Urteil-fuer-19-Jaehrigen.html
jaja er hätte jünger sein müssen …
[…] zum Thema auch den Blogeintrag der Kanzlei Hoenig […]
Es könnte so einfach sein. Streaming auf Nachfrageseite ist eine Handlung, die auf Beschaffung ausgerichtet ist, nicht auf Verbreitung. Der Betrachter tritt als Anbieter nicht in Erscheinung. Ob er immer und in jedem Fall die Rechtswidrigkeit der Quelle erkennt, darf dahingestellt bleiben. Es besteht kein Bedürfnis, den Verfielfältigungsbegriff übermäßig auszudehnen, denn hier waren Verbreiter gemeint. Wer beim Streaming nicht rechtswidrig bereithält, handelt ohne schädliche Außenwirkung. Die einzige denkbare Folge ist, dass er als Einzelperson weder ins Kino geht, noch die DVD erwirbt (analog zur Privatkopie). Der Richter am Amtsgericht hat kein juristisches Neuland betreten, sondern den Pfad in die Spitzfindigkeit. Fehlende Sachkunde könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
[…] von Videokopien betrifft. In Berichten zu den Verfahren um kino.to findet man doch einige Stimmen, die das nicht so schlimm und juristisch schon gar nicht eindeutig finden. Ich möchte wetten, dass […]
Mit dem Datum Mittwoch, 21.12.2010, ist bestimmt 2011 gemeint. Könnte ggf. für die Urteilssuche hilfreich sein.
@mean: das sehe ich genau so.
Das Streaming, auch wenn unterschiedlich bewertet, bleibt und ist ein einfacher Konsum einer Quelle. Es kann keinem User unterstellt werden, dass auch bei einem technisch notwenigen Zwischenspeichern, eine Vervielfältigungs- oder Urheberverletzunghandlung gewollt sei. Der Urheberschutz soll schließlich den Urheber vor einer Verwertung entgegen seines Willens schützen; widerspricht es denn dessen Willen, wenn sein Werk auf „Konsuminteresse“ stößt?
Für diese Erkenntnis reicht die Lektüre der §§ 15ff. Die Nutzung des Streaming hat aber nicht mit der „Verwertung“ des Werkes zu tun, die Verwertung ist das Bereitstellen des Streams.
Wenn Filme dem Verbraucher kein Geld mehr wert sind, dann solle sich die Filmwirtschaft doch bitte etwas anderes überlegen.
Dürfen wir künftig im Kino nur noch mit Augenmaske oder geschlossenen Augen sitzen? Das Bild wird doch durch unser Auge auf die Netzhaut des Kinobesuchers vervielfältigt, weil dort tatsächlich ein Bild entsteht, meistens gleich 2-fach, sonst könnten unsere Sehzellen nichts abtasten. Mir ist schleierhaft wie jemand mit akademischer Bildung auf solche Abwege kommt.
„Wie der RiAG zu der Annahme kommt, „Vervielfältigen ist gleich Downloaden“, weiß ich nicht.“
Aufgrund des Verweises auf den Willen des Gesetzgebers liegt es nahe, dass der Richter einen Blick in die einschlägige BT-Drucksache geworfen hat.
Sollte hier tatsächlich davon die Rede sein, dass man gerade das Betrachten sog. „Streams“ als Vervielfältigung iSd § 106 UrhG verstanden haben will, so ist dies wahrlich keine gesetzgeberische Meisterleistung. Das obiter dictum im Urteil des Leipziger Richters wäre dann aber alles andere als unplausibel.
Lassen wir mal dahinstehen, ob das automatisch erfolgende sukzessive Speichern von Teilen eines Films im temporären Speicher eines Computers bereits eine Vervielfältigung dieses
Films im Sinne des Urheberrechts ist.
Strafrechtlich relevant wird dies doch nur dann, wenn die Tat – so es denn überhaupt eine strafrechtlich relevante Tat ist – vorsätzlich begangen wird.
Das heißt doch aber auch, dass der Beschuldigte wissen und wollen muss, dass, wenn er einen Film „streamt“, dieser zwischengespeichert und so vervielfältigt wird.
Dem normalen Internetuser wird man wohl aber die Kenntnis über diese nur im Hintergrund ablaufenden Prozesse absprechen müssen. Ihm erscheint das Ansehen des aus dem Internet bezogenen Films als etwas einmaliges und flüchtiges. Will er den Film ein zweites Mal ansehen, muss dieser wieder über das Internet geladen werden.
Und selbst der User, der weiß, dass im Hintergrund Teile des Films zwischengespeichert werden, dürfte dies nicht in dem Sinne wollen, dass es ihm darauf ankommt, also dass es gerade das ist, was er zu erreichen versucht. Vielmehr handelt es sich aus seiner Sicht um einen Prozess, auf den er keinen Einfluss hat. Wenn er könnte, würde er auf das Zwischenspeichern auch verzichten.
Insoweit stellt sich die Frage, ob das Ansehen eines aus dem Internet „gestreamten“ Films eine vorsätzliche Vervielfältigung eben dieses Films ist oder ob die Tatsache, dass das Zwischenspeichern unbemerkt vom User im Hintergrund geschieht, einen Vorsatz nicht ausschließt.