Fall Mollath: Interview mit dem Schöffen

Über das dem Urteil vom 8. August 2006 gegen Gustl Mollath vorausgehende Strafverfahren berichteten u.a. Oliver García auf de legibus – Justiz im Wahn-Wahn – und Gabriele Wolff in ihren beiden Beiträgen Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie – Teil 1 sowie Teil 2. Beide Autoren unternehmen jeweils den sehr lesenswerten und in beiden Fällen wie ich meine erfolgreichen Versuch, anhand der öffentlich zugänglichen Materialen das Verfahren zu rekonstruieren.

Oliver García geht nun einen Schritt weiter und nimmt Kontakt auf zu dem Schöffen Karl-Heinz Westenrieder, der an dem Urteil mitgewirkt hat. Herr Westenrieder hat sich bereits an die Medien gewandt und seine Ansicht bekundet, daß dieses Urteil ein Fehlurteil gewesen sei.

Ich bewerte das Urteil aus heutiger Sicht als Fehlurteil. Wesentliche Punkte, die in der Verhandlung, der Hauptverhandlung, nicht zur Sprache kamen, waren zum Beispiel die detaillierte Beschreibung von Gustl Mollath über Geldwäsche-Aktionen seiner Frau und anderen.

zitierte am 17.11.2012 Report Mainz den ehemaligen Krankenhausmanager.

In einen Interview zum Fall Mollath ergänzt Oliver García auf de legibus nun seine Rekonstruktion der Hauptverhandlung durch das „Insiderwissen“ des Schöffen Westenrieder. Das gelingt den beiden gemeinsam bis in kleinste Details:

García
Mollath war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits vorläufig untergebracht. Er wurde aus dem Bezirkskrankenhaus Straubing in den Gerichtssaal gebracht. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Westenrieder
Er wurde mit Bauchfesseln in den Saal geführt.

García
Mit Bauchfesseln?

Westenrieder
Mit Bauchfesseln. Er hat gebeten, daß ihm die Fessel hinten entfernt wird, weil es schmerzt. Es wurde dann vom Vorsitzenden Richter auch genehmigt.

García
Bauchfessel heißt: ein Gürtel und die Hände waren daran befestigt?

Westenrieder
Ein Gürtel mit einer Vorrichtung am Rücken, die von den Begleitpersonen zusammengedreht werden kann, so daß der Betroffenen immer fest im Griff ist.

García
Eine Art Zwangsjacke?

Westenrieder
Das will ich damit nicht sagen.

Westenrieder bewegt sich da auf einem schmalen Grat: Die Verletzung des Beratungsgeheimnisses stellt eine Straftat dar. Solange er nur aus der öffentlichen Hauptverhandlung berichtet, ist die rote Linie objektiv nicht überschritten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß sich der eine oder andere Richter oder Staatsanwalt durch seine Berichte auf den weißen Schlips getreten fühlt. Es sei daran erinnert, daß sich das Ganze in Bayern abspielt.

Wir sollten ein Auge darauf behalten, wie sich die Sache weiterentwickelt und ob es der bayerischen Justiz gelingt, sich irgendwann zu rehabilitieren.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Medien veröffentlicht und mit den Begriffen verschlagwortet.

12 Antworten auf Fall Mollath: Interview mit dem Schöffen

  1. 1
    sic! says:

    Hat er vielleicht in der Urteilsfindung, aber das kundzutun würde durchaus unter das schon im Artikel angesprochene Beratungsgeheimnis fallen. Es ist von außen häufig sehr einfach, Kritik an Dritten zu üben, obwohl man in Wirklichkeit in der selben Lage durchaus genauso handeln würde.

    Die Berufsrichter gehen sehr unterschiedlich mit Schöffen um. Manche betrachten sie als störend, und bemühen sich, sie komplett aus Verhandlung und Urteilsfindung herauszuhalten, und je nach Schöffenerfahrung gelingt ihnen das auch. Vielleicht ist es aber auch nur der Abstand zur Verhandlung, die Grundlage für die jetzige, eher kritische Sichtweise ist.

  2. 2
    Fabian says:

    Wenn man ihm glauben darf, dann wurden einige zentrale Punkte in der Verhandlung gar nicht angesprochen und er hat sie jetzt erst aus den Medien erfahren. Aber das steht doch auch so da!?

    Ob man ihm glaubt, ist etwas anderes. Aber es deckt sich meines Wissens nach doch mit einigen anderen Berichten, dass die Geldwäsche im Verfahren keine Rolle gespielt hat.

  3. 3
    John Doe says:

    „Westenrieder bewegt sich da auf einem schmalen Grat“

    We’re all livin‘ on the razor’s edge.

  4. 4

    […] de legibus/kanzlei hoenig: Erinnert ihr euch an den Hypovereinsbank-Belastungszeugen, der zur Belastung wurde und kurzerhand in die Klappse gesteckt wurde? De Legibus hat jetzt ein Interview mit einem der Schöffen veröffenstlicht und Carsten Hoenig hat einen Kommentar dazu. […]

  5. 5
    matthiasausk says:

    Anderer Vorschlag: Vielleicht sollte die bayrische Justiz erst einmal Herrn Mollatzh rehabilitieren und dann den Versuch starten, sich selbst zu rehabilitieren.

    Wenn sie es umgekehrt versucht, könnte der Mann nämlich in Unfreiheit an Altersschwäche sterben.

  6. 6
    Schöffe says:

    Wenn Dinge in der Hauptverhandlung nicht zur Sprache kommen, darf auch das Urteil nicht darauf gestützt werden. Das muss auch ein Schöffe wissen.

    Da muss sich ein Schöffe als ehrenamtlicher Richter mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter (vermutlich übrigens Zweierbesetzung) einfach auch mal an die eigene Nase fassen und jetzt nicht im Nachhinein alles auf die anderen abwälzen.

    Vermutlich hat ihm irgendjemand was über Rechtsbeugung erzählt und jetzt geht ihm der A*** auf Grundeis. Oder er ist schlicht und einfach ein Wichtigtuer.

  7. 7
    Raoul says:

    @ Schöffe: Das bezweifle ich eher. Auch im Nachhinein wirken seine Schilderungen mit vielen Wissenslücken gerade und eventuell auch deswegen detailliert. Auch die Aussage, daß er sich erst vor einem Jahr aufgrund von Nachfragen von Reportern wieder mit dem Fall beschäftigt hat, ist in sich schlüssig. Leider argumentiere ich gerade auf dem Niveau des Landgerichts Nürnberg-Fürth (#Belastungseifer);

    [Absatz]]

    nichtsdestotrotz kreidet er wenig an, sondern stellt auch nicht in’s Unrechtsbild passende Dinge wie den seiner Meinung nach an der richtigen Stelle sitzenden Verteidiger oder dessen Plädierung auf Freispruch ohne Unterbringung in der Psychiatrischen dar. Interessant auch, daß er den Verteidiger verteidigt und sagt, er sei ihm „vom Namen her durchaus nicht negativ besetzt“. Oder daß er laut eigener Aussage auf die allererste Nachfrage zum Thema Mollath gesagt hat „Hören Sie zu, der Herr Mollath hat aber schon einen wirren Eindruck hinterlassen.“

  8. 8
    Hans Woestner says:

    @ Schöffe

    na, da haben Sie ja einen tollen Mist geschrieben.

    Es ist immer sehr nützlich, vor dem Schreiben von Foreneeinträgen, („Posts“) sich sachkundig zu machen.

    Der A*** auf Grundeis? Ein Wichtigtuer?

    Ach, was sind Sie für ein ein toller Poster!

  9. 9
    ferri says:

    Seine Frau , verheiratete Maske, arbeitet inzwischen als Geistheilerin .
    http://www.petra-maske.de/index.php/ueber-mich.html

  10. 10
    Schöffe says:

    @ Hans Woestner:

    Gerne können Sie mir inhaltliche Fehler in meinem „Post“ nachweisen.

    Dass ein Schöffe ein nach Stimmrecht gleichberechtigter RIchter ist, werden wohl auch Sie nicht bestreiten.

    Und wer „Sitz und Stimme“ hat, hat sich verdammt noch mal sachkundig zu machen und nicht nachher rumzumoppern.

  11. 11
    Raoul says:

    „Und wer „Sitz und Stimme“ hat, hat sich verdammt noch mal sachkundig zu machen und nicht nachher rumzumoppern.“

    Ich persönlich fände es trotzdem noch wichtiger, wenn der Richter sich sachkundig gemacht hätte. Irgendwie trägt er dann doch leider auch zum Urteil bei.

  12. 12
    Raoul says:

    Achso, @ferri: Das klingt plausibel und passt, aber ist das gesichert? Wenn ja ist diese F…..rau sich immerhin treu geblieben. „(…) weiter führte mich mein Weg zum Heilen mit Zahlen“. Am Ende läuft doch alles auf das Nummernkonto hinaus.