Gebügelte Hemden bei der Strafzumessung

Es war etwas umständlich, der Ehefrau meines inhaftierten Mandanten eine Besuchserlaubnis zu beschaffen. Der Herr Staatsanwalt hatte etwas dagegen, daß die Frau ihren Mann im Knast besucht. Erst hat es ein wenig gedauert, aber dann teilte das Gericht auf meinen Antrag mit, der Staatsanwalt sieht Gespenster. Der Richter höchstselbst sorgte freundlicherweise für den notwendigen Sprechschein.

Ich habe der Frau die Erlaubnis sofort übermittelt, am späten Abend kam ein Dankeschön zurück. Sie freue sich sehr, weil sie ihrem Mann nun endlich die gebügelten Oberhemden in die Untersuchungshaft bringen könne. Damit er bei den weiteren Verhandlungsterminen wieder ordentlich gekleidet auftreten kann.

Welche Kriterien das Strafmaß bestimmen, regelt § 46 Abs. 2 StGB. Ich werde mich dafür einsetzen, daß „gebügelte Hemden“ in den Katalog dieser Grundsätze mit aufgenommen werden.

(Nebenbei: Gebügelte Hemden kann man nur persönlich vorbei bringen und nicht einfach – wie alles andere auch – einfach mal so an der Pforte abgeben.)

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten veröffentlicht.

8 Antworten auf Gebügelte Hemden bei der Strafzumessung

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    Tröste die Frau: Der Staatsanwalt hat entweder ganz schön schmutzige oder gestärkte Unterhosen an.

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    L-Roy says:

    Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch vor Gericht Kleider Leute machen. Zumindest aber wird eine ordentliche Kleidung vor Gericht kein Fehler sein.

  3. 3
    RA Dorstenbach says:

    Es kann nichts schaden, muß aber nicht unbedingt etwas nützen. Der Totschläger bekommt keine Strafmilderung wegen guter Kleidung. Bei allen Straftaten, die noch im menschlich verständlichen Bereich liegen, kann es angemessenen Auftreten jedoch durchaus einige Punkte bringen.

    In einem millionenschweren Bankrottprozeß trat mein sonst eher unbescheiden wirkender Mandant mit Anzug und Krawatte auf, zeigte sich reumütig und zerknirscht und erhob sich anläßlich seines letzten Wortes von seinem Stuhl um demütig seine Verfehlungen darzulegen. Der Vorsitzende war davon so beeindruckt, da er dies (das Aufstehen) in den 30 Jahren seiner Tätigkeit noch nicht erlebt habe, daß der Angeklagte zur Überraschung aller – einschließlich der Verteidigung – mit einer Bewährungsstrafe davon kam.

    Gutes Benehmen kann daher durchaus das Gesäß vor langem Sitzen retten.

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    Laien-Haft-Frager says:

    @RA Dorstenbach: Muss man sein letztes Wort als Angeklagter eigentlich in freier Rede vortragen, oder darf man ein Manuskript ablesen bzw. einen Stichwortzettel verwenden?

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    RA Anders says:

    @RA Dorstenbach
    Natürlich hilft das äußere Auftreten ggfls viel, leider denken einige Mandanten, dass es schon gut wird, wenn sie sich in ihren Konformationanzug quetschen und zu Schluss stammeln, es tut mir Leid.
    Es muss halt auch passen und wenigsten halbwegs authentisch rüberkommen, sonst geht der Schuss gehörig nach hinten los

  6. 6
    Der-Student says:

    Und ich dachte schon hier hätte noch jemand den Spektrum-Artikel gelesen :D

    http://www.spektrum.de/alias/rechtspsychologie/urteil-mit-schlagseite/1142596

  7. 7

    @Laien-Haft-Frager: Eine Pflicht zur freien Rede gibt es für den Angeklagten nicht. Macht aber durchaus Sinn, es nicht allzu auswendig gelernt klingen zu lassen. Und ein Gefühl für die Authentizität dürfte der durchschnittliche Richter schon haben.

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