Auf meinen Blogbeitrag mit dem provokanten Titel „Kein rückgratloses Charakterschwein“ zum Mobbing der Kollegin Tina Gröbmayr durch die „Grüne Alternative Freiburg (GAF)“ reagiert Herr Coinneach McCabe mit einer Stellungnahme, die ich im folgenden unverändert und auch unkommentiert wiedergebe.
Lediglich eine kleine Einleitung gestatte ich mir:
Aufmerksamen Bloglesern dürften meine persönliche Einstellung zu Nazis hinreichend bekannt sein: Ich mag das Pack nicht und wünsche ihnen alles Übel der Welt an den Hals.
Als Strafverteidiger – und damit als Garant für ein rechtsstaatliches Verfahren – habe ich allerdings eine andere Position einzunehmen.
Für den Zwiespalt, in dem ich dadurch stehe, habe ich eine handhabbare Lösung gefunden, die zu mir paßt. Frau Rechtsanwältin Gröbmayr hat eine andere. Akzeptabel sind sicherlich beide, solange sie mit Sinn und Verstand gefunden wurden. Davon gehe ich bei der Kollegin ganz bestimmt aus.
Coinneach McCabe kommentiert das konkrete Problem so:
Hallo, ich melde mich als Mitglied der gemeinderätlichen Gruppierung GAF.
Die GAF Gruppe war über einen öffentlichen Email-Verteiler von Tina Gröbmayr Anfang Juni informiert worden, dass sie beschlossen hatte, an der Verteidigung des bekannten Neonazis (nicht vermutlich) Florian S. mitzuarbeiten. Dieses Tätigkeit sollte auf freiwilligen Basis geschehen um den eigentlichen Pflichtverteidiger zu unterstützen. Dadurch gelang diese Information an die Öffentlichkeit.
Dazu müssen wir betonen, dass wir Tina Gröbmayr nichts verbieten. Sie ist frei, jedes Mandat anzunehmen, das sie mit ihren eigenen Prinzipien vereinbaren kann. Ihre Mandate gehen uns nichts an. Was uns beschäftigte ist, dass unsere Sprecherin sich an diesem Prozess beteiligt, den wir als Gruppe politisch bewerten. Das – und nur das – ist der Punkt unserer Auseinandersetzung.
Wir haben auch nie Tina Gröbmayr eine ideologische Nähe zum Mandanten unterstellt, so wie wir generell die Rechtsvertretung nicht mit dem Mandanten gleichsetzen.
Es ist aber Teil der Verteidigungsstrategie, das Geschehen zu entpolitisieren und genau dagegen wehren wir uns. Wir äußern uns häufig zu gesellschaftlich-politischen Bereichen, die auch die Justiz betreffen. Beispiele davon sind das Ausländerrecht (besonders Rechte von Flüchtlingen), Versammlungsrecht, Alkoholverbote usw.
Hier ergreifen wir Partei, sind nicht neutral und beziehen klar und deutlich Stellung. Warum soll plötzlich in diesem Fall ein politisch leerer Raum entstehen?
Herr S. ist ein politisch aktiver Neonazi. Er war in der NPD aktiv, wollte für diese für den Landtag kandidieren, hat mehrere entsprechende Demonstrationen angemeldet. Dazu kommen andere Aktivitäten, für die er bereits vor Gericht gelandet ist, z.B läuft gegen ihn eine Anklage wegen Volksverhetzung. Daher ist unserer Auffassung nach Herr S. Anhänger einer menschenverachtenden Ideologie, die die Ermordung von andersdenkenden Menschen ausdrücklich begrüßt.
Wir als gesamte GAF Gruppe sind ohne Gegenstimmen dem Solidaritäts-Bündnis beigetreten und mit vielen anderen politischen Gruppen aus der Region machen wir uns deren Vorwurf zu eigenen.
Die Entscheidung dem Bündnis beizutreten war zusammen mit dem alten Vorstand getroffen worden, und zu diesem gehört auch Tina Gröbmayr. Wir halten uns an diese Entscheidung und sind sehr irritiert, dass an der eigenen Entscheidung jetzt scharf Kritik geübt wird.
Eine Person wird unglaubwürdig, wenn diese zwei völlig unterschiedliche Meinungen gleichzeitig vertritt. Es ist auch schwer nachvollziehbar und ein Spagat, der Jeden überfordern würde.
Hmmmm. Geht das nicht jedem so, der einen Arbeitgeber hat, dessen Vorgaben nicht 100 % mit der eigenen Einstellung übereintreffen?
Die Trennung zwischen „meine Meinung = privat“ und „Meinung des Arbeitgebers = dienstlich“ ist nun wirklich etwas, was nicht so schwierig zu leben ist.
Der Fall ist ein bisschen anders gelagert, aber nicht so anders, dass man da mit ein bisschen Geschick keinen sinnvollen Ausweg hätte finden können – z.B. für dieses Thema eine andere Sprecherin wählen?
Jemanden verteidigen heißt niemals, dessen Meinung zu vertreten, selbst dann nicht, wenn man seiner Meinung sein sollte.
Meinungen zu vertreten oder abzulehnen ist nicht die Aufgabe als Strafverteidiger.
Es ist fantastisch, wie sich die GAF an der Stelle selbst antlarvt. Jeder Mensch hat eine Verteidigung verdient – wer einem Menschen – geständiger Straftäter oder zu unrecht Angeklagter – die bestmögliche Verteidigung entzieht spricht sich indirekt für die grösstmögliche Bestrafung und nicht für Gerechtigkeit aus.
Ich halte eine Bestrafung von rechten Kriminellen für deutlich angezeigt, aber ich hasse Willkür.
Grundsätzlich Stimme ich zu, dass jeder eine bestmögliche Verteidigung verdient. Aber nicht jeder Anwalt muss diese erbringen. Auch bedeutet „bestmöglich“ nicht, dass manipuliert werden sollte.
Konkret: „bestmögliche Verteidigung“ muss nicht bedeuten, die Tatsachen zu verdrehen und zu entschärfen. Genau dies passiert aber doch, wenn man neonazistische Gewalt (hier immerhin der Vorwurf, dass ein Neonazikader einen politischen Gegner gezielt überfahren hat) als Tat eines leicht aggressiven Wirrkopfs darstellt, dem dies mittlerweile auch total leid tut. Aber, seine Freundin hatte Schluss gemacht …
„Es ist auch schwer nachvollziehbar und ein Spagat, der Jeden überfordern würde.“
Ich finde es spannend, wie der Herr McCabe für alle Menschen entscheiden kann, dass dieser Spagat überfordern muss.
> Es ist auch schwer nachvollziehbar und ein Spagat, der Jeden überfordern würde.
Tja, da ist wohl die RAin Gröbmayr ihren (inzwischen ehemaligen?) politischen Kollegen geistig überlegen.
Sie scheint mit dem Spagat bis jetzt nicht überfordert zu sein. Vielleicht weil Sie das Meinungsäußern einfach unterläßt, wie es auch Herr Siebers schon betont.
Macht es juristisch eigentlich einen Unterschied, ob man jemanden aus politischen Motiven oder aus persönlichen Motiven ( „Aber, seine Freundin hatte Schluss gemacht“ ) überfährt? Wenn ich das richtig sehe, ist der Mann in diesem Verfahren nicht wegen politischer Äußerungen sondern wegen einer Straftat, die irgendwo zwischen gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Mord liegt, angeklagt?
Da ist es… „Eine Person wird unglaubwürdig, wenn diese zwei völlig unterschiedliche Meinungen gleichzeitig vertritt.“
Ein Anwalt vertritt nicht seine Meinung, sondern nur seinen Mandanten. Er ist das Sprachrohr des Mandanten – hier ist die Frau Gröbmayr das Sprachrohr ihres Mandanten *nur* als *Angeklagten* und gerade nicht Sprachrohr einer Person mit *Nazi-Gesinnung*. Das sind nur solche Anwälte, die das Gericht mit dem Fall bedrohen, dass die Gesetze von vor 1945 wieder in Kraft treten – und genau das hat Frau Gröbmayr bestimmt nicht gemacht.
Fazit: Herr Coinneach McCabe beweist, dass er rechtsstaatliche Prinzipien auch nach ausdrücklicher Erläuterung nicht besteht und man nur hoffen kann, dass er keinerlei weitere politische Karriere machen wird.
Laut der Berichte fing Fr. Gröbmayr erst gestern offiziell mit ihrer Arbeit an. Bislang war sie freiwillig für den RA tätig. In dem Online-Anwaltsverzeichnis ist sie noch nicht als RAin gemeldet, wobei die Anwaltsliste sicherlich nicht dauernd aktualisiert wird.
Ich denke, die ganze Diskussion wird ihr bereits zu Berufsanfang deutlich machen, wie die „Stimmung“ bei aufsehenerregenden Verfahren sein kann. Wobei es sicherlich noch Steigerungen bei anderen Deliktstypen gibt.
Viel bezeichnender als die Stellungnahme der GAF sind Äußerungen z.B. auf der Seite „linksunten“
Den Vorwurf „die Prinzipien des Rechtsstaats zu wenig verinnerlicht bzw. verstanden zu haben“ mit dem Argument zu begegnen, dass ja ausserdem noch ein Verfahren wegen Volksverhetzung laufe, fällt ob der im Rechtsstaat verankerten Unschuldsvermutung schon unter Realsatire, …
Ich lese da im Wesentlichen nur „Natürlich sind wir für den Rechtsstaat. Aber doch nicht für SO EINEN!“
@SamVimes: Ich dachte gerade schon, ich müsste diesen Kommentar noch schreiben, aber da ist er ja schon. Danke! ;)
Naja, aber ein(e) Verteidiger(in) ist doch kein(e) neutrale(r) Wächter(in) des Rechtsstaats, sondern extremst parteiisch für ihre Mandanten. Er oder sie hat das Beste für sie rauszuholen – und das ist auch gut so.
Das heißt nicht, dass nicht auch linke Anwälte(innen) Neonazis verteidigen könnten oder dürften.
Wie man aber einerseits öffentlich in einem politischen Statement sagen kann: „Der S. ist ein gefährlicher Nazi, der aus politischen Gründen Menschen umbringen wollte“ – und ihn damit klar vorverurteilt – und dann nach Anlegen der Robe zu einer komplett anderen Bewertung kommen soll, das ist mir schleierhaft. Auch Carsten und andere regen sich regelmäßig auf, wenn Strafverteifiger(innen) öffentlich ihren
Mandanten verratenFall bewerten, und das den Mandanteninteresse zuwiderläuft.Jeder Richter oder Staatsanwalt, der so eine private politische Meinung äußern würde, würde zurecht als befangen gelten.
@stephan: Meiner laienhaften Meinung nach besteht die bestmöglicher Verteidigung darin alles vorzubringen was dem Mandanten nutzt und was man legal vorbringen kann. Wenn das einschließt zu beweisen, dass der Mond unter bestimmten Umständen rosa sein kann, dann gehört das dazu. Also gehören auch mildernde Umstände dazu, wie dass er verwirrt war oder sonst was.
Was kommt als nächstes? Dass man Ärzten eine üble Gesinnung unterstellt, wenn Sie sich zB mit einer Behandlung des lebensgefährlich erkrankten Herrn Breivik einverstanden erklären? Ja, Juristen schwören keinen solchen Eid, gleichwohl fragt sich doch jeder halbwegs reflektierende schon _bevor_ er den Beruf des Verteidigers ergreift, was er im Fall der Fälle wohl machen will. Vor diesem Hintergrund hat Frau Gröbmayr natürlich Rückgrat gezeigt (und auch die richtige Entscheidung getroffen). Und selbst wenn man annimmt, dass es zur Strategie des Angeklagten gehört, allein schon durch die Wahl einer „links-alternativen“ Rechtsanwältin zu einem milderen Urteil zu kommen… Na und? Wenn er auf einen Richter stößt (was man hoffen muss, wenn man redlich ist), der ohne Ansehung der Person urteilt, dann geht die Rechnung nicht im gewollten Sinne auf.
Im Wesentlichen lässt sich das also auf ein Bild herunterbrechen:
– Zwei Parteien, rechts die Nazis, links die GAF
– Dazwischen eine Mauer
– Beide richten die Kanonen ihrer Panzer und Haubitzen auf jenseits der Mauer
– Wer mal zur anderen Seite rüberschaut, ist ein Verräter
– Frau Gröbmayr geht mal rüber und schaut sich das an, mit der Möglichkeit zu „spionieren“ (oder offiziell Erfahrungen mit dem „Feind“ zu sammeln, die über das Mandatsverhältnis hinausgehen)
– Frau Gröbmayr wird von der linken Seite des Hochverrats beschuldigt
Ungefähr so?
Danach wäre Oskar Schindler, der jüdische Zwangsarbeiter beschäftigte, wohl auch ein Verräter gewesen … *seufz*
Das ist der Grund, warum ich nie zu Anti-Nazi-Demos gehe. Nicht die Wasserwerfer. Nicht der Umstand, dass Polizisten mich wegtragen müssten (bei meinem Gewicht bräuchte es da schon eine halbe Hundertschaft *g*).
Sondern weil da der meiste Teil aus Leuten besteht, die nur in pawlowscher Weise vom Nazidasein der anderen getriggert werden und sie selbst in der Sache so gut wie keine richtigen Argumente haben (die es ausreichend gibt). Nicht: „Ich bin gegen Nazis, weil …“, sondern: „Ich bin gegen Nazis, weil man gegen Nazis sein muss!“ Da ist eine Seite so hohl wie die andere.
Ich glaube der GAF sofort, daß sie überfordert sind.
Oder hab ich jetzt was falsch verstanden? ;)
Es ist schon problematisch, wenn man jemanden vertreten soll, der eine völlig andere Gesinnung als man selbst hat. Da kann man schnell unglaubwürdig werden – sowohl für seine eigene Gesinnung als auch für den, den man vertreten will (soll).
Als Anwalt muß man nicht jedes Mandat annehmen. Man kann auch mal sagen „das Mandat ist nichts für mich“. Das macht einen eher glaubwürdiger (vor sich selbst und vor Anderen).
Kurz und krass: als Anwalt und Elternteil einer vergewaltigten Tochter, muß man keine Vergewaltiger verteidigen. Und als Aushängeschild einer ausländerfreundlichen Organisation muß man auch keine Nazis verteidigen. Macht man es doch, dann wird die Familie oder die Organisation dafür wenig Verständnis aufbringen.
Und so, wie man sich selber zutraut sich zu verhalten, muß man Dritten zugestehen, daß diese ihre Sichtweisen ebenfalls vertreten. Nur zu sagen „die ist aber stark“ hilft nicht weiter, wenn man ihren Gesinnungsgenossen genau dieses Recht abspricht.
@alfred
Ärzte schwören auch keinen Eid. Beide Berufsgruppen bindet ihr jeweiliges Berufsrecht.
[…] andere Ansicht vertreten (vertraten?) die Parteifreunde der Verteidigerin, die in einer Gegenrede zu meiner Kritik Stellung genommen […]