Für 10 Uhr war die Hauptverhandlung vor dem Strafrichter angesetzt. Ich war um 9:45 Uhr im Gericht und wohl gegen 9:50 Uhr in Sichtweite des Mandanten, der auf dem Flur vor dem Saal auf mich wartete.
Stolz erzählte er mir, daß er vor ein paar Minuten schon mit dem Richter und dem Staatsanwalt gesprochen und „alles klar gemacht“ habe. Das sind dann so Momente, in denen einem Verteidiger das Leid in die Schuhe fällt.
Der Mandant ist psychisch krank, stark betäubungsmittelabhängig und gesundheitlich so ziemlich kurz vor dem Ende. Und er hat zwei offene Bewährungen laufen sowie eine Geldstrafe in einer dritten Sache noch nicht vollständig bezahlt. Nun ging es um die gleiche Art Straftat, für die er bereits mehrmals – nicht nur dreimal – verurteilt wurde.
Ziel der aktuellen Verteidigung war schlichter Zeitgewinn, um vielleicht in der Berufungsinstanz doch noch zu einer erträglichen Entscheidung zu kommen. Die Zwischenzeit sollte – so war es mit dem Betreuer besprochen – für Therapien und Kuren genutzt werden. Gut sah das aber alles nicht aus … in strafrechtlicher Sicht komplett düster.
Und in dieser Situation verhandelt der scheinbar hilflose Mandant mit den Profis im Gericht!
Noch bevor ich wieder richtig atmen konnte, plapperte der Mandant von der soeben mit dem Gericht vereinbarten Geldstrafe, die er ja auch in Raten abzahlen könne …
Als ich in den Saal kam, wurde ich vom Richter fröhich begrüßt und über das Ergebnis seines Rechtsgesprächs mit dem unverteidigten Angeklagten informiert: Er habe schonmal eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 7 Euro mit meinem Mandanten vereinbart, ob ich damit einverstanden wäre.
Der Termin war binnen 10 Minuten erledigt und das Urteil wurde sofort rechtskräftig.
Der Richter hatte den Mandanten jetzt zum dritten Mal vor der Flinte. Mich kennt er seit vielen Jahren. Er wußte, daß dieses „Rechtsgespräch“ am (Pflicht-)Verteidiger vorbei sehr riskant war. Aber er durfte sich auch darauf verlassen, daß ich bei diesem Ergebnis ihm gegenüber sowas von sanftmütig sein werde …
Ich hätte Verteidiger werden sollen.
sagte mir der Mandant zum Abschied. Was nicht ist, kann ja noch werden. Er ist noch keine 30 Jahre alt.
Bild: Elisa Al Rashid / pixelio.de
Schon „nur“ Deine Aura reicht für sensationell gute Ergebnisse!
Was kommt als nächstes?
Angeklagter heiratet Staatsanwältin. Richter und Anwalt geben die Trauzeugen?
Hat dieser Richter schon einmal das Gerichtsverfahrensgesetz gelesen?
Ich finde das merkwürdig.
In Zukunft:
Mandanten zuhause mit dem PKW abholen, oder sich in der Cafetria des Gebäudes verabreden.
Wahrscheinlich haben Richter und Staatsanwaltschaft um die Ecke mit ner Kamera gewartet und die ganze Show nur abgezogen, um mal Ihr entgeistertes Gesicht zu fotografieren.
Und nun hängt das bei denen überm Schreibtisch.
Aber warum hat der Richter denn das gemacht? Er hat ja im Prinzip keine nennenswerte Strafe erlassen. Warum hat der Richter das getan? Und ist das nicht sehr gut so für den Mandanten?
@tobi
Vielleicht eilt Herrn Hoenig sein Ruf voraus, und der Richter wollte einfach Zeit sparen. Soll ja vorkommen, dass so ein Rechtsprecher auch die Vorgeschichte kennt. Und sich dann denken kann: Harte Strafe bringt da eh nix, der Angeklagte ist eh schon ein Wrack.
Mir wäre bei der Erzählung, dass das alles schon abgemacht sei, als Verteidiger aber auch das Herz stehengeblieben…
„psychisch krank, stark betäubungsmittelabhängig und gesundheitlich so ziemlich kurz vor dem Ende“
Mit dem richtigen Stoff kann mancher Junkie kurzzeitig zur Hochform auflaufen. Problem ist nur, dass das gewaltig schiefgehen kann und die Hochform auch nicht lange anhält aber dafür von einem um so größeren Tief abgelöst wird.
Inforern: Der Mandant mag Riesenglück gehabt haben aber das wird ihm nichts nützen.
Der Richter hat ja nicht mit dem unverteidigten Angeklagten eine Hauptverhandung durchgezogen. Von daher war das Gespräch mit ihm ohne jede rechtliche Relevanz.
Früher konnte der Henker die Delinquentin vor der Todesstrafe bewahren indem er sie heiratete.
Mir sagte neulich ein Richter in einem telefonischen Vorgespräch über den pflichtverteidigten Mandanten. „Ich bin ja auch sein Betreuungsrichter, da haben wir auch über das Strafverfahren gesprochen. Er hat mir gegenüber schon alles zugegeben.“
Fand er völig normal. In den Straf- und Betreuungsakten kein Vermerk über ein Vorgespräch, geschweige denn ein Hinweis über das Schweigerecht. Ich mußte diese Verfahrensweise ebenfalls wegen des für den Mandanten günstigen Ergebnisses akzeptieren. Aber im Sinne der StPO scheint mir das nicht zu sein.
„. Und er hat zwei offene Bewährungen laufen sowie eine Geldstrafe in einer dritten Sache noch nicht vollständig bezahlt. Nun ging es um die gleiche Art Straftat, für die er bereits mehrmals – nicht nur dreimal – verurteilt wurde. “
Und dann 30 Ts. Das ist aber wie Weihnachten und Ostern zusammen.
[…] Rechtsgespräch ohne Verteidiger – oder “Unverhofft kommt oft” […]
Hallo,
Vorsicht, das ist ein GANZ GEMEINER Trick des Richters.
Jetzt hat er dem Angeklagten beigebracht, dass es auch ohne Verteidiger funktioniert. Beim (unzweifelhaft recht bald anstehenden) nächsten Mal verzichtet der Angeklagte dann auf einen Verteidiger (hat ja beim letzten Mal so gut geklappt) und dann lässt der Richter es krachen.
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