Zustellung an den Präsidenten per Rammbock

Es ging um eine Einstweilige Verfügung des Amtgerichts Landau, also um einen Beschluß eines Zivilgerichts aus der Provinz. Damit ein solcher Beschluß wirksam wird, muß er dem Antragsgegner förmlich und nachweisbar zugestellt werden.

In der Regel übernimmt diese Zustellungs-Formalitäten der gemeine Postbote. Diese Einstweilige Verfügung war aber etwas ganz Besonderes, dafür brauchte es dann auch eine besondere Art der Zustellung.

Am 28. August um 8 Uhr sah Kay die Polizei auf sein Haus zukommen. „Mit Rammbock und allem“, erzählte er später. Er ging den Polizisten gleich entgegen und gab ihnen zu verstehen, dass er sich nicht wehren würde. Das ersparte ihm die Fesselung mit Kabelbindern, er musste sich auch nicht auf den Boden legen, und seine Tür wurde nicht aufgebrochen.

berichtete Michael Ahlsdorf in der Bikers News.

Worum gings? Der Präsident des Polizeipräsidiums Rheinland-Pfalz hat erfolgreich eine Einstweilige Verfügung (AG Landau, 5 C 1329/12) beantragt, die dem Präsidenten Hells Angels MC Landau zugestellt werden sollte.

Der Angel soll verantwortlich sein für die Veröffentlichung eines 64-seitigen Dokuments des Unterausschusses „Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK) der Bund-Länder-Projektgruppe mit dem wenig zimperlichen Titel „Bekämpfungsstrategie Rockerkriminalität – Rahmenkonzeption“. In dieser Bedienungsanleitung werden wohl u.a.

die Maßnahmetaktiken der Polizeieinsätze, zum Beispiel das gezielte Ansetzen von Verkehrskontrollen mit dem Hintergedanken, dass bei diesen Gelegenheiten sich immer ein Anlass findet, noch ein bisschen weiter zu suchen.

beschrieben, berichtet Ahlsdorf.

Es ist nachvollziehbar, daß solche Interna nicht gern in den Händen der „Gegner“ gesehen werden. Von daher kann man die Entscheidung des provinziellen Amtsgerichts, soweit sie bekannt ist, nicht tadeln.

Aber eine (geplante) Zustellung per Rammbock durch die geschlossene Tür statt durch Einwurf in den Briefkasten ist dann doch ein wenig heftig, finde ich. Zumal die Datei mit dem Dokument („Verschlußsache – nur für den Dienstgebrauch“) ohnehin schon die Runde gemacht haben dürfte.

Gegen den Beschluß hat der Präsident (der Hells Angels, nicht der Polizei) Widerspruch erhoben, so daß darüber sich wohl demnächst auch noch ein Landgericht den Kopf zerbrechen muß, wenn das Amtsgericht die „EV“ bestätigt. Ich werde gegebenenfalls über die Art der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung berichten.

Dieser Beitrag wurde unter Polizei, Rocker, Rocker veröffentlicht.

9 Antworten auf Zustellung an den Präsidenten per Rammbock

  1. 1
    jj preston says:

    Naja, wenn ich bedenke, was die HA hier so auf dem Kiez anrichten, inkl. Schießereien auf offener Straße, hielte ich nicht mal die Bereitstellung des MEK in Sichtweite bei Übergabe einer EV für übertrieben. Muss ja nicht zum Einsatz kommen.
    Und eins muss man sagen: Als Konfliktvermeidungsstrategie hat’s in diesem Fall offenbar funktioniert …

  2. 2
    hm says:

    @ jj preston: Und der Einsatz eines normalen Postboten war nicht möglich? Dann hätte es mangels Konfliktpotenzial vermutlich überhaupt keiner Konflitkvermeidungsstrategie bedurft.

  3. 3
    Hardy says:

    Die tun nix, die wollen doch nur spielen! Der arme Rocker hat sich sicherlich furchtbar erschrocken, als er die Polizei sah! Der ist ja auf Jahre geschädigt!!1!

    „Mit wachsender Verzweiflung hält Biedermann an der Überzeugung fest, seine beiden Gäste seien doch keine Brandstifter, sondern seine Freunde. Als Zeichen seines Vertrauens steckt er ihnen sogar heimlich die Streichhölzer zu.“

    Aus: Biedermann und die Brandstifter

    Aber manche lernen es einfach nicht.

  4. 4
    RA Lupo says:

    am Amtsgericht Landau in der Pfalz war ich auch mal in einer Familiensache. Das war ein Ritt. „Provinz“ ist da noch übertrieben. Und dann kam die Gegenseite noch nicht einmal!

  5. 5
    OG says:

    Zum Hintergrund: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37539/1.html („Missbrauch des Urheberrechts?“)

  6. 6
    Aggie says:

    So ein bis zwei Sätze zur Begründung des Beschlusses durch das Amtsgericht wären vielleicht schon angebracht gewesen. Keine Silbe über Anspruchsgrundlage und zur Glaubhaftmachung des Anspruches zu verlieren,

    Wenn man sich hier so diese Webseiten anschaut, so kann man schon seine Zweifel haben, ob hier überhaupt der richtige Antragsgegner gewählt wurde. Abgesehen davon halte ich den Unterlassungstenor für zu weit gefaßt.. Wie soll der Verein dafür Sorge tragen, daß nicht durch Dritte das Papier weiter verbreitet wird?

  7. 7
    Schultern says:

    Ich wundere mich gerade darüber, dass die Polizei das Amtsgericht bemüht und nicht einfach einen Bescheid erlässt.

  8. 8
    Micha says:

    „Zumal die Datei mit dem Dokument („Verschlußsache – nur für den Dienstgebrauch“) ohnehin schon die Runde gemacht haben dürfte. “
    Mal nachgesehen, ist bei Google auf Platz 3. Sind eigentlich nur Trivialitäten, schön gesammelt und geordnet, Nichts, auf was man durch etwas Nachdenken nicht selbst kommen würde. Oder liegt in dem Nichtvorhandensein dieser Fähigkeit beim Gegner der Vorsprung unserer Ordnungshüter? Die Mitglieder dieser Rockerclubs werden ja eher der handwerklichen Zunft zugerechnet, nicht so dem Bildungsbürgertum. Gewalt statt Gehirn. Dann ist so eine Datei Gold wert, wenn man denn den Inhalt zu deuten weiß.

  9. 9

    […] Darüber und über den Bericht in der Bikers News habe ich in der vergangenen Woche berichtet. […]