Schandmäuler

Da zur Zeit Ablehnungsgesuche en vogue sind, paßt diese Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Köln vom 31.10.2012 – II-4 WF 121/12 – ganz gut.

Darin geht es um die Ablehnung eines Richters bei unangemessener Formulierung in Bezug auf das Verteidigerverhalten Verhalten des Prozeßbevollmächtigen. Die Entscheidung tenoriert:

Äussert sich ein Richter dahingehend, dass der Rechtsanwalt eines Antragstellers „das Geld seines Mandanten verbrenne“, so liegt darin ein Verhalten, das Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters zulässt und einen Befangenheitsantrag rechtfertigt.

Aus den Gründen:

… Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richter zu zweifeln.

Diesen Obersatz habe ich in meinem Textbaustein für Befangenheitsanträge ein wenig ausführlicher, aber im Prinzip inhaltlich identisch formuliert.

Weiter in der Entscheidung des OLG Köln, die einem Richter eine zweite Chance geben will, wenn er sich einmal vergaloppiert hat:

Will der Richter aber vermeiden, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit zu wecken, ist es seine Aufgabe, nach einer etwaigen durch ihre Wortwahl unangemessenen Äusserung die Souveränität aufzubringen, gegenüber den Beteiligten klarstellende Worte zu finden, kraft derer die Beteiligten nachvollziehen können, dass eine Abwertung eines Beteiligten oder seines Anliegens nicht beabsichtigt war.

Sowas ähnliches wie „Tschullijung, war ja nich so gemeint! Woll’n wer uns wieder vertragen?“ soll ein Verfahren noch retten können. Das hätte dann auch in dem Prozeß um Jonny K. funktioniert, wenn Deutschlands [superlatives Adjektiv einsetzen] Schöffe „Siegfried K. (58)“ den Mut dazu gehabt hätte, seinen Blödsinn zu korrigieren statt ihn – mit Unterstützung der medialen Gosse – zu komplettieren.

Aber auch in der Kölner Entscheidung erfolgte eine solche souveräne Klarstellung nicht … deswegen hat die Verteidigung der Rechtsanwalt den Richter (am Familiengericht) zu Recht dahin befördert, wo er hingehört: Zum Schämen in die Schandmaulecke.

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Verteidigung veröffentlicht.

4 Antworten auf Schandmäuler

  1. 1
    Trino says:

    Nun ja, die Entscheidung ist sicher richtig. Ob allerdings im vorliegenden Fall der Richter wirklich der Böse war? Manchmal kann man schon ein wenig Mitleid mit Mandanten bekommen, die von ihrem Anwalt entweder nicht klar gesagt bekommen, wie aussichtslos ihr Fall eigentlich ist … und dann sogar noch in die Revision geschickt werden …

    Manchmal wäre der beste Rat eben, nicht zu kämpfen …

    • Gegenstand der Entscheidung war das nicht hinnehmbare Verhalten des Richters. Ob der Verteidiger tatsächlich Fehler in seiner Beratung gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt.

      Aber Sie haben Recht, daß zu einer kompetenten Beratung durch einen guten Strafverteidiger auch der Rat gehört, eine gerichtliche Entscheidung zu akzeptieren, wenn es der Fall gebietet. crh

  2. 2
    JJ Preston says:

    Da ham se das falsche Wort durchgestrichen…

    • Ok, ich habe es korrigiert und dem Leser überlassen, ob er den Schöffen für mutig oder dämlich hält. Einverstanden? crh
  3. 3

    […] Schöffe seinem gerechten Unmut Luft zu machen („wollen Sie uns hier verarschen…“), ohne von überzogen rechtsstaatlich orientierten […]

  4. 4

    […] waren die BZ und das Schandmaul Ihr Kollege Schreibfink Thore Schröder, die hier die Ursache für die Notwendigkeit gesetzt haben, […]