In der Fachzeitschrift StraFo der AG-Strafrecht fordert Rechtsanwalt Frank K. Peter aus Worms (*) eine weitere Spezialisierung in der Anwaltschaft: Den „Fachanwalt für Opferrechte“.
Peter begründet dies mit den besonderen und vielfältigen Anforderungen, die diese Tätigkeit mit sich brächte. Fachanwälte für Strafrecht stünden naturgemäß der Nebenklage ablehnend gegenüber und würden „ungern die Seite wechseln„. Dennoch sieht er schon einen Vorteil darin, wenn sich „Opfer“ im Strafverfahren gegen „den Täter“ von erfahrenen Strafrechtlern vertreten lassen würden, denn dort würden die Weichen gestellt und „ohne eine Verurteilung des Täters“ seien Ansprüche später schwer oder gar nicht zu realisieren.
Der Kollege führt keinen Fachanwaltstitel. Er wartet wohl noch auf die weitere Spezialisierung, die er fordert.
Selbstverständlich sollte man sich in einem Strafverfahren von jemandem vertreten lassen, der sich im Strafverfahren auskennt. Und diese Gewähr bietet durch die abgelegten Prüfungen, die nachgewiesenen Fälle und die ständige Fortbildungspflicht nun mal der bereits bestehende „Fachanwalt für Strafrecht“ – ganz bewusst heißt es dort nicht „Fachanwalt für Strafverteidigung“.
Wer es ablehnt Opfer zu vertreten, der wird dies den potentiellen Mandanten bereits beim ersten Kontakt ganz deutlich sagen. Ich fühle mich wohl dabei, auch Opfer zu vertreten, das „Wechseln der Seite“ eröffnet mir einen anderen Einblick in die Tätigkeit als Verteidiger. Es ist dabei aber ungemein hilfreich, eben beide Seiten zu kennen.
So vermeidet man auch zu tief in eine Rolle zu rutschen und die professionelle Distanz zu verlieren. Denn bei allem Einsatz für die jeweiligen Mandanten und der dafür geschuldeten prozessualen Rolle sollte man einen wichtigen Grundsatz des Strafverfahrens nicht vergessen: Die Unschuldsvermutung gilt sogar wenn „Opferanwälte“ mitwirken.
Strafverfahren werden gegen „Angeklagte bzw. Beschuldigte“ geführt und nicht gegen „Täter“. Wenn ein „Täter“ nicht verurteilt werden kann, sollte man ihn im professionellen Umgang auch nicht so bezeichnen; und ein Opfer ist vor Gericht zunächst einmal „Zeuge“. Es sind solche Kleinigkeiten die oft von Familienrechtlern in Strafprozessen durcheinander gebracht werden. Das führt dann dazu, dass die Nebenklagevertretungen eben nicht als besonders professionell wahrgenommen werden.
(*) Peter, Der Strafverteidiger als Opferanwalt – Systembruch oder:
Wer kann und soll Opfer fachgerecht vertreten?
StraFo 2013, 199-203
Naja. Die Fachanwaltschaften sind halt einigermaßen breit aufgestellt. „Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“ kann ja auch heißen, dass man sich mit Kreditkartenbetrügereien befasst, oder mit prospektpflichtigen Kapitalmaßnahmen bei börsennotierten Unternehmen.
Insoweit, auch wenn man Herrn Peter zustimmt, wäre eine Aufteilung nicht sinnvoll.
Wie immer: Jedes Ding hat zwei Seiten, eben auch der Fachanwalt für Strafrecht. M.E. kann ein Rechtsanwalt, der sein Metier als Fachanwalt für Strafrecht versteht, eben so gut auch Opfer vertreten. Warum noch mehr Fachanwaltschaften und eine noch weitere Aufsplitterung?
„Fachanwalt für Opferrechte“ klingt für mich nach einem Advokaten, der im Krankenhaus auf dem Flur vor der Notaufnahme herumlungert…
Ich finde die Vorbehalte gegen eine derartige Spezialisierung berechtigt, immerhin besteht ja unter den bereits herrschenden Bedingungen die zu befürchtende Problematik. Das verrät ja schon der „Opfer“-„Täter“-Duktus. Genau da sind Opfer-Anwälte eigentlich gefordert, als Organ der Rechtspflege besondere Exaktheit walten zu lassen und auch dafür zu sorgen, dass die Emotionen auf Opferseite entsprechend abgekühlt werden. Denn, machen wir uns nichts vor, wenn ein Opfer-Anwalt als Scharfmacher auftritt oder die Opferwut ungehindert fließen lässt, dann ist jedes Urteil für den Angeklagten, das milder ausfällt als die Todesstrafe, in den Augen der von ihm Vertretenen zu milde. Und für die BILD-Öffentlichkeit sowieso.
Nach Homepage http://www.kanzlei-im-europahaus.de/rafrankkpeter.html ist RA Peter sowohl FA Strafrecht als auch FA Familienrecht.
[…] An anderer Stelle wurde dies letztlich zu Recht schon kritisiert. Der Ansatz, den Fachanwalt für Strafrecht zu teilen in zwei verschiedene Fachanwaltstitel, ist mindestens überraschend. Konsequent zu Ende überlegt müsste dann auch der Fachanwalt für Mieterrechte und der Fachanwalt für Vermieterrechte eingeführt werden. Entsprechendes für den Fachanwalt für den Bauherrn und den Fachanwalt für die Baufirma. Dies dürfte nicht so ganz gewollt sein. Beim Fachanwalt geht es um die gebotene Sachkunde in einem speziellen Normengebiet, unabhängig von persönlichen Vorzügen oder Haltungen. […]
Umso erstaunlicher ist es, dass er als Strafverteidiger und „Opferanwalt“ der Meinung ist, dass Strafverteidiger das mit der Opfervertretung nicht so gut machen :-)
Dann müsste es konsequenterweise auch für Zivilverfahren, die sich um die Regulierung von Verkehrsunfällen drehen, verschiedene Fachanwaltschaften geben. Fraglich erscheint allerdings, ob der Titel „Fachanwalt für die Rechte von Unfallverursachern“ allzu begehrt wäre…. ;-)
…insbesondere bei potentiellen Mandanten. Durch die Wahl eines „Fachanwalts für die Rechte von Unfallverursachern“ würde man ja gleich zugeben, ein ebensolcher zu sein.