Seit einiger Zeit überwachte die Polizei die Kommunikation des Unternehmers Bulli Bullmann, gegen den ein Ermittlungsverfahren geführt wurde.
Bullmann hatte einen Geschäftspartner, der allein dadurch, daß er mit Bullmann Geschäfte machte, ebenfalls im Fokus der Ermittler stand. Dieser Geschäftspartner war unser Freund Wilhelm Brause.
Aus einem Vermerk in der Ermittlungsakte:
In Auswertung aufgezeichneter Gespräche aus den laufenden TK-Überwachungsmaßnahmen war bekannt, dass der Beschuldigte Bulli BULLMANN (w.P.b.) die „IT-Dienste“ (Bereitstellung entsprechender Domains und Server) eines Wilhelm, eines „Berliners“ in Anspruch nimmt. Es wurde deutlich, dass sich hierzu BULLMANN und der Wilhelm schon mehrfach, letztmalig in Dresden (Stadtzentrum) persönlich getroffen hatten.
Da wiederum Klärungsbedarf hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit – Totalausfall „seiner“ (Bulli BULLMANN) Domains im Internet gegen Ende der letzten Woche bis andauernd Anfang dieser Woche – vorlag, wurde ein kurzfristiges Treffen zwischen Bulli BULLMANN und dem „Wilhelm“ für den heutigen Nachmittag anberaumt. Das Treffen sollte an der A 13 zwischen Dresden und Berlin stattfinden. Die genaue Örtlichkeit wollte Bulli BULLMANN dem „Wilhelm“ erst kurz vorher per e-mail mitteilen.
Da der „Wilhelm“ gegenüber dem Bulli BULLMANN erwähnte, dass er am 21.04. Geburtstag habe und 27 Jahre alt wird, wurde hiesigerseits von einem Geburtsdatum: 21.04.1986 ausgegangen und in den polizeilichen Auskunftssystemen recherchiert. Unter weiterer Zuhilfenahme von Internetrecherchen sowie der Rücksprache mit Berliner Dienststellen konnte der „Wilhelm“ letztendlich identifiziert werden. Demnach handelt es zweifelsfrei um den deutschen Staatsangehörigen
- Wilhelm BRAUSE
* 21.04.1986 in Nauen
wh, : 12045 Berlin, Sonnenallee 107.
Drei Tage später, morgens um 7 Uhr, erhielt ich einen Anruf auf unserer Notrufnummer. Sechs fröhliche Polizeibeamte haben damit begonnen, sich die Geschäftsräume von Wilhelm Brause näher anzuschauen.
Ich halte fest:
Vorname, Tätigkeitsbereich und Geburtsdatum reichen zur eindeutigen Identifizierung aus, wenn noch ein bisschen Internet-Recherche hinzukommt.
Nebenbei:
Gefunden wurde nichts. Jedenfalls noch nicht. Die gesamte EDV wurde beschlagnahmt und wird nun sicherlich innerhalb der nächsten 18 Monate untersucht worden sein, bevor sie an Brause wieder zurück gegeben wird. Wenn er bis dahin nicht verhungert ist. Und sonst?
Das hier noch:
Auch an die Wolke hatte der kluge Staatsanwalt gedacht, als er den Erlaß des Durchsuchungsbeschlussen beim Ermittlungsrichter beantragte.
Und das alles nur, weil Brause sich von Bullmann ein Geburtstagsgeschenk erhofft hatte. Aber er hatte ja nichts zu verbergen …
Das Geburtsdatum engt den Kreis der möglichen Personen schon mal sehr ein. Wenn das Betätigungsfeld dann noch ein nicht all zu Alltägliches ist, und derjenige, um den es geht, bei der Justiz vielleicht auch schon einschlägig hat arbeiten lassen, dürfte man von einer Identifizierung ausgehen können (jedenfalls von einem Grad an Sicherheit der Identifizierung, der die Schwelle eines für einen Durchsuchungsbeschluss erforderlichen Verdachtsgrades überschreitet).
Der Satz mit der Cloud ist übrigens (jedenfalls in meinem Bezirk) schon seit Jahren Standard. Ich nehme fast an, dass viele Staatsanwälte überhaupt nicht wissen, was er überhaupt bedeutet, aber ihn zu Sicherheit lieber in ihrem Beschlussentwurf stehen lassen.
Kann mir jemand die Bedeutung von w. P. d. erläutern?
Es stimmt, dass Wilhelm Sternzeichen Widder ist.
Oder ist das schon Stier?
Aber wenn er im Bett schnarcht und schnauft und morgens nicht aus den Federn findet, da könnte man meinen, er sei nicht 1986, sondern 1886 geboren.
Beide Jahreszahlen stimmen nicht.
Nicht jeder Server stellt einen Wolken-Dienst. Aber jeder Server stellt ein Speichermedium dar.
Mit der gegilbten Passage dürften USB-Sticks und andere lokal verfügbare Medien gemeint sein, da sich ein Durchsuchungsbeschluss kaum auf Server erstrecken kann, die in Karlsruhe stehen, in Virginia
( Amazon ) oder Palo Alto oder womöglich in Hongkong oder Japan. Dann wäre ein gesonderter Beschluss notwendig, etwa gegen 1und1 gerichtet, die Telekom oder zusätzlich noch ein Rechtshilfeersuchen. Die meisten Cloud-Server dürften in den USA stehen, womöglich auch die der Telekom, und enthalten Daten von X Millionen Nutzern, die über das Netz mit dem Server verbunden sind. Trotz der großen Enternung sieht das im Betriebssystem aus wie eine lokale Festplatte,
Wenn jetzt der Cloud-Server in Palo Alto steht und der damit vernetzte zu durchsuchende
Brause-Rechner in Dennewitz o.ä., was dann ?
@CRH:
Gibt’s zur „Wolken-Durchsuchung“ noch einen kostenlosen Tipp vom Profi?
Wie weit über den im Durchsuchungsbeschluss ausdrücklich erwähnten räumlichen Bereich darf die Suche nach solchen Medien gehen?
Reales, unwolkiges, Beispiel: Ein NAS-Speicher im Nachbargebäude/Schuppen/etc., auf das der Durchsuchungsbeschluss sich nicht bezog. Wenn über LAN angebunden muss die Polizei ja nur dem Kabel nachlaufen (bei WLAN wird’s einen Tick aufwändiger). Darf die das (auf Grund des vorliegenden Durchsuchungsbeschlusses, der das Standort-Gebäude des NAS nicht umfasst)?
Falls Nein: Welche „Ausreden“ (á la „Gefahr im verzug“ etc) könen die Durchsucher anbringen?
Dauert die Auswertung der Daten länger als 6 Monate bedarf es nach aktueller Rechtsprechung des LG Berlins in diversen Beschwerdeverfahren einer besonderen Erläuterung der länger als 6 Monate andauernden Beschlagnahme, die … Und jetzt kommt’s …
nicht allein durch die Überlastung der Ermittlungsbehörden
gerechtfertigt werden kann.
Bis dahin ist ein gegen Durchsuchungsanordnung und Beschlagnahmeanordnung resp. der Anordnung gegen die Sicherstellung zum Zwecke der Durchsicht geführtes Beschwerdeverfahren längst ordentlich vorangeschritten um Polizei und Staatsanwaltschaft erheblich in Erklärungsnot zu bringen…
@crh:
Danke für den Tipp! (Verschlüsselung mache ich seit Langem, aber man kann es „den Usern“ nicht oft genug anempfehlen).
Mir ging es aber eher darum, wieweit der wolkige Begriff zur Durchsuchung weiterer Räumlichkeiten missbraucht werden kann (Stichwort: „Zufallsfund“).