Seit gefühlten 100 Jahren fahre ich mit dem Fahrrad immer dieselbe Strecke in die Kanzlei. Es ist ein wunderschöner Weg entlang des Neuköllner Schiffahrtskanal in Richtung Lohmühlen-Dreieck, den auch andere Radfahrer, Fußgänger, Jogger, Hundesausführer und Kinderwagenschieber für den Weg von Neukölln nach Kreuzberg nutzen. Ärger hat es, solange ich da her fahre, nie gegeben.
Am vergangenen Dienstag wurde ich beim In-die-Kanzlei-trödeln jedoch gestört. Ziemlich genau auf der Hälfte der kleinen Allee sprangen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamts aus dem Gebüsch, mir vor’s Rad und nötigten mich zum Anhalten.
Die beiden hatten ihre Aufgaben klassisch verteilt: Der 1966 in Lüdenscheid geborene Ordnungsbeamte zeigte sich sehr interessiert an meinem Eigenbau und wir haben uns auch noch freundlich über unsere gemeinsamen Erinnerungen an das Sieger- und Sauerland unterhalten. Und wie schrecklich das doch im Winter hier in Berlin sei.
Währenddessen kontrollierte die Ordnungsbeamtin – vom Typ Traktoristin – im preußischen Tonfall meinen Ausweis und wies mich knarrend darauf hin, daß das Fahren in geschützten Grünlagen verboten sei und ob ich das nicht wisse!? Und daß das jetzt 10 Euro koste.
Ich habe dem bösen Cop gesagt, sie könne mich … ähm … mir das Zeug nach Hause schicken, wenn sie es nötig habe, und mich freundlich vom guten Cop verabschiedet.
Einen Tag später habe ich mir den Tatort dann nochmal genauer angeschaut.
Dieser Schilderbaum trifft hinsichtlich des Radfahrens eine klare Aussage: Verboten!
Doch wenn Jura so einfach wäre, könnte das ja jeder. Gilt das Schild nun für diesen Weg?
Oder darf man hier nicht Radfahren?
Aber vielleicht ist das Radfahren auch nur auf dem Spielplatz verboten?
Achso, ich kam übrigens aus der anderen Richtung. Dort steht dieses freundliche Schild:
Und was sag uns dieses Schild in Hinblick auf meinen Weg in die Kanzlei?
Liebe Traktoristin, es wird mir eine Freude sein, das mit Ihnen vor dem Amtsgericht Tiergarten zu klären. Das Ganze hätte sicherlich einen sehr hohen Unterhaltungswert. Und anschließend gehe ich mit dem Lüdenscheider ein gepflegtes Pils trinken – auch insoweit waren wir uns einig.
Oh Gott – VierStrafverteidiger!?! Also ich würd kommen, Vergütung flüssig aus Deiner chromfarbenen Maschine.
Ich wäre auch wieder dabei!
„Eigenbau“ ? Hoffensichtlich verkehrssicher im Sinne von § 67 StVZO und nicht das Bike für die Höhenmeter :)
Abgesehen von der Frage, ob das Schild auch für den „Fahrradweg“ gilt, sei auf Zeichen 254 in Lfd. Nr. 31 in der 2. Anlage zur StVO verwiesen.
Das fehlt aber auf dem Schild (Bilder 5 und 6) in „meine“ Fahrtrichtung. crh
Viel Spaß beim Amtsgericht
@chr: Das Schild fehl aber auch in der Gegenrichtung – zumindest auf den Fotos.
Auf den Fotos ist nur ein kreativer Ersatz zu sehen. Und ob der gültig ist, wissen Sie sicher besser als ich.
Stark!
Die Verbote sind alle brav auf türkisch übersetzt, der gemeine türkische Mitbürger darf sich aber ruhig bei Eis die Haxen brechen, hier ist eine Übersetzug nicht vorhanden
@Marthan
Danke für den Post. Genau das hatte ich in Post 4 gemeint, hatte es nur vergessen hinzuschreiben.
@crh: Endlich mal ein Verteidiger, dem seine Aufgabe Spaß macht. Danke für diesen Blog, der macht immer wieder großen Spaß zu lesen. Er zeigt immer wieder, das Jura auch große Freude machen kann (auch wenn mir das sonst nie jemand glaubt)
Ordnungsbeamte. Ausweis zeigen?
Also in „§ 36 Zeichen und Weisungen der Polizeibeamten“ steht das nicht.
Bleibt nur zu hoffen, dass Dir nicht noch irgend jemand den Spaß verdirbt und das Verfahren kurzerhand einstellt. ;-)
[…] hoenig: Guter Cop – böser Cop: Radfahren verboten. Für Berliner vielleicht von […]
[…] Ganz anders sieht das mit der Beamtenpräsenz in Berlin aus, die sofort einschreiten, wenn Bürger und Anwälte über strittiges Land fahren. […]
@Andreas: Hm? Warum nicht einfach § 163b StPO i.V.m. § 46 OWiG?
Allgemein: Warum soll es auf Zeichen 254 ankommen? Könnte ein Fahrradfahrverbot nicht (theoretisch) auch anders, bspw. im Wege einer Polizeiverordnung angeordnet worden sein?
@crh:
Danke für den Hinweis. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass Sie schreiben „wenn in meiner Fahrtrichtung ein entsprechender Hinweis gestanden hätte“. Wenn ich die von Ihnen benannte Vorschrift richtig verstehe, ist das Radfahren in Grünanlagen IMMER verboten, sofern es nicht ausdrücklich erlaubt ist? Damit wäre es in Ihren Fall doch egal, dass in Ihrer Fahrtrichtung kein Schild war?
Für mich ein klarer Fall: Radfahren ist in ganz Berlin verboten!
Wurde einer der Beteiligten an einer Hundeleine geführt oder kam dieses Forderung nicht zur Sprache? Erbitte Einladung zum Termin!
http://www.kanzlei-hoenig.de/2009/der-mitarbeiter-des-ordnungsamts/
Ist doch ganz einfach. Die Grünanlage wird von zwei Wegen begrenzt, die nicht mehr zur Grünanlage gehören. Aus die Maus, keine weitere Diskussion.
[…] Guter Cop – böser Cop, Radfahren verboten, der Kollege Hoenig wird uns hoffentlich auf dem laufenden halten , […]
Ich glaube, die 10 Euro sind zu zahlen, da es sich bei dem Schild um ein Hinweis – und kein Verbotsschild handelt. Sprich: Das Verbot gilt auch ohne Schild kraft Satzung. Ein Mörder wird auch nicht frei, wenn er jemand ermordet und das Schild: Du darfst keinen ermorden nicht leserlich / vorhanden ist…