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Vollmacht
Erfreuliche Zustellung
In einer schon gut angestaubten Geschichte hat die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Strafbefehls beantragt. Der Richter hat das gemacht, was Richter immer machen, wenn die Staatsanwaltschaft einen solchen Antrag stellt: Er trägt ganz oben rechts auf dem Vordruck die Aktenzahl ein und unterschreibt ganz unten links den ansonsten schon vollständig fertigen Zettel. Alles andere hat die fleißige und stets zuverlässig arbeitende Staatsanwaltschaft schon vorbereitet.
Der Richter verfügt noch eben schnell die Zustellung an den Verteidiger und an die Beschuldigte, hat die Akte binnen weniger Minuten wieder vom Tisch und freut sich über die freie Zeit, die er nun auf dem Golfplatz verbringen kann.
Einen Einspruch und lange Monate später, die mit aktivem Nichtstun ausgefüllt waren, bekommen die Mandantin und ich die Ladung zum Hauptverhandlungstermin. Es war dem Richter nun doch ein wenig eilig geworden, weil zwischen der Tat, die der Mandantin zur Last gelegt wurde, und dem Ende der Verjährungsfrist nicht mehr allzu viel Luft war.
Zur Vorbereitung auf die Verteidigung im Termin habe ich noch einmal ergänzende Akteneinsicht beantragt. Und was soll ich sagen: Ich finde den Volltreffer auf Blatt 1031 der Akte.
Wer erkennt den Fehler und weiß, warum die Mandantin schonmal losgelaufen ist, um sich eine Flasche Schampus zu besorgen, den sie sich mit dem Richter teilen möchte?
Die Potsdamer Mühlen mahlen noch
Ich hatte im März gegen eine Amtsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Potsdam Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, weil sie mir die beantragte Akteneinsicht verweigerte und stur die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht verlangte.
Im Mai erhielt ich die Eingangsbestätigung; darüber hatte ich hier berichtet.
Es hat noch ein wenig Schriftverkehr mit dem dienstaufsichtführenden Oberstaatsanwalt gegeben, bei dem ich mal (in formeller Form) nachgefragt hatte, warum denn das alles so lange dauert. Auf meine (informelle) Einladung, dies bei einer Tasse leckeren italienischen Caffè in unserer Kanzlei zu erörtern, hat er leider nicht reagiert.
Nun hat sich der Leitende Oberstaatsanwalt der Sache angenommen, nachdem ihm
mit Schreiben vom 17. Juni 2013 […] der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg die ihm von Oberstaatsanwalt vorgelegte Dienstaufsichtsbeschwerde
auf den Resopal-Schreibtisch gelegt hat.
Dies deshalb, weil ich zwischenzeitlich aus dem Urlaub zurück bin und so als unmittelbarer Dienstvorgesetzter über ihre Dienstaufsichtsbeschwerde befinden kann.
So, jetzt aber kanns losgehen:
Zumindest hat er – der Leitende – aber schonmal verfügt, daß ich die Akte bekomme.
Nun warten wir mal ab, wie sich die Sache noch so weiter entwickelt.
Besten Dank nach Potsdam für die wiederholte Belieferung mit Substanz für unterhaltsame Blogbeiträge.
Potsdamer Mühlen
Es war das unter – jedenfalls professionell arbeitenden – Strafjurististen bereits ausgekaute Thema: Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist keine Voraussetzung dafür, daß der Verteidiger die Ermittlungsakte zur Einsicht bekommt. Die anwaltliche Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung reicht.
Das sieht eine Amtsanwältin anders. Sie verweigerte mir die Akteneinsicht und verlangte stur die Übersendung der Vollmachtsurkunde. Weil mein Mandant es nicht sonderlich eilig hat, habe ich den Weg über die Dienstaufsicht der Mitarbeiterin bei der Strafverfolgungsbehörde gewählt.
Nun – zwei Monate später – erreichte mich die Eingangsbestäigung des Leitenden Oberstaatsanwalts:
Willst Du Butter aus Potsdam, schickte Milch auf dem Dienstaufsichtsbeschwerdeweg.
Verjährt wegen Blanko-Vollmacht
Der Kollege Bert Handschumacher hat in einer Bußgeldsache eine Einstellung des Verfahrens erreicht. Die seinem Mandanten zu Last gelegte Tat war verjährt. Der Bußgeldbescheid wurde nicht wirksam zugestellt, deswegen konnte er den Ablauf der Verjährung nicht unterbrechen.
Aus den Gründen:
Zugestellt worden ist der Bußgeldbescheid am 20.09.2012 an Herrn Rechtsanwalt B.H. von der Kanzlei HL GBR.
Auf der der Behörde vorliegenden Zustellungsvollmacht wurde jedoch ein Bevollmächtigter nicht ausdrücklich benannt, sondern nur die Anschrift der Kanzlei im Kopf des Schreibens angeführt. Der Vordruck ist an der dafür vorgesehen Stelle nicht ausgefüllt.
Eine derartige „Blankovollmacht“ ist nicht geeignet, die vom Gesetz gewollte förmliche Sicherheit bei Zustellungsadressaten zu gewährleisten (BGHSt 41,303,304). Aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde muss sich neben dem Gegenstand der Bevollmächtigung und dem Vollmachtgeber auch die Person des Bevollmächtigten selbst einwandfrei ergeben.
Den Voraussetzungen des § 145a Abs. l StPO genügt auch nicht, dass sich ein Rechtsanwalt, der die Vollmacht vorlegt, wie hier im Begleitschreiben sich auf die anliegende Vollmacht beruft. Denn damit behauptet allein der Vollmachtnehmer seine Bevollmächtigung.
Der Bußgeldbehörde ist zuzumuten, eine Vollmachtsurkunde auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. Ist eine Vollmacht unvollständig, muß die Behörde entweder eine Nachbesserung fordern oder den Bußgeldbescheid an den Betroffenen und nicht an seinen Verteidiger zustellen.
Amtgericht Neuruppin, Beschluß vom 18.03.2013, 84.1 OWi 3107 Js-OWi 31314/12 (239/12)
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Quiz: Wieviel Verteidiger pro Angeklagten?
Ziemlich eindeutig steht fest, daß ein Verteidiger in derselben Sache nur einen Mandanten vertreten darf; das regelt knackig der § 146 StPO.
Eine immer wieder diskutierte Frage ist aber der umgekehrte Fall:
Wird geladen ...
Eine kommentierte (richtige 8-) ) Antwort und die Hintergründe für diese Frage folgt alsbald. Bis dahin darf geraten werden. :-)
Update:
Die Umfrage funktioniert derzeit leider nicht, da der Schutz gegen unberechtigten Zugriff auf die Administration des Blogs zugleich den Zugriff auf das Plugin WP-Poll verhindert. Das wiederum kann ich in der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht verhindern. Sorry.
Nicht akzeptables Vollmachtstheater
Ich verteidige einen Spanier, der seinen Wohnitz in Frankreich hat. Meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung steht außer Streit.
Der zuständige Staatsanwalt, der nun die Anklage schreiben wird, droht mir bzw. meinem Mandanten mehr oder minder unverholen mit dem Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls. Die Anklage muß „zugestellt“ werden und wenn ich die Vollmachtsurkunde nicht zur Akte gebe, hat die Zustellung eben beim Mandanten in Frankreich zu erfolgen und nicht in Kreuzberg beim Strafverteidiger. Ich hatte ein nicht sehr freundliches Telefonat mit dem Staatsanwalt, dessen Ergebnis ich noch einmal schriftlich zusammen gefaßt habe.
Allein aus dem Umstand, daß Herr Wilhelm Brause seinen Wohnsitz in Frankreich hat, läßt sich der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO liegt nicht konstruieren. Herr Brause ist Europäer und Frankreich ein Land der Europäischen Union. Es sollte der Staatsanwaltschaft Berlin möglich sein, auch außerhalb von Moabit wirksame Zustellungen zu bewirken.
Ihren Versuch, sehr geehrter Herr Staatsanwalt, mich mit dem wenig zweideutigen Hinweis auf die strafprozessualen Möglichkeiten, die sich aus der Zustellungsproblematik ergeben, weil Ihnen eine schriftliche Vollmachtsurkunde nicht zur Verfügung gestellt wird, zu veranlassen, Ihnen die Arbeit der Auslandszustellung abzunehmen, habe ich mit deutlichen Worten quittiert. Ich betrachte diese Sache damit als abgeschlossen.
Die „deutlichen Worte“, mit denen ich reagiert habe auf den Versuch des Staatsanwalts, mich zu etwas zu „motivieren“, was ich nicht will und muß, sind nicht zitierfähig.
Aber wenigstens schön formuliert
Die gepflegten Umgangsformen an den Gerichten im Berliner Umland helfen so manches Mal, den unsinnigen Inhalt einer schönen Formulierung zu verarbeiten.
Eine freundliche Vollmachtsdiskussion
Der Kampf um den Nachweis, daß der Verteidiger von seinem Mandanten bevollmächtigt wurde, nimmt teilweise völlig bizarre Formen an. Der Verteidiger versichert seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung, der Staatsanwalt glaubt ihm kein Wort und schon geht das Theater um die Vorlage einer Vollmachtsurkunde los.
Daß es auch anders geht, zeigt dieser Fall, den wir in unserer Kanzlei bearbeiteten. Kolja Zaborowski verteidigte den einen und ich den anderen Beschuldigten.
Es begann mit meiner Verteidigungsanzeige …
Meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichere ich anwaltlich. Auf Meyer-Goßner, StPO, 48. A., Vor § 137 Rdz. 9 weise ich vorsorglich hin.
… dem Akteneinsichtsgesuch und dem üblichen Sermon.
Darauf reagierte der Staatsanwalt u.a. mit einer Bitte:
Sie sind als Verteidiger erfasst worden. Ich möchte Sie gleichwohl bitten, eine unterzeichnete Vollmacht Ihres Mandanten zeitnah nachzureichen. Da sich ein anderer Anwalt Ihrer Kanzlei für einen anderen Beschuldigten gemeldet hat, besteht Anlass zur Prüfung der Mandantierungsverhältnisse. Die von Ihnen gewünschte Akteneinsicht kann grundsätzlich gewährt werden.
Ich habe ihm zurück geschrieben:
Der Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und hier auch entbehrlich, nachdem beide Verteidiger diese anwaltlich versichert haben. Ich bitte daher darum, auf die Vorlage von Vollmachtsvordrucken zu verzichten.
Recht bald erhielt ich eine Antwort, mit der ich in dieser Form nicht gerechnet hatte:
Mit einer nur geringen Menge an Empathie für den geplagten Staatsanwalt ist sein Anliegen auch für einen knorrigen Verteidiger jedenfalls nachvollziehbar.
Und nachdem er das Thema mit diesen Worten eigentlich recht versöhnlich abschließt, scheint es hier ausnahmsweise einmal kein Fehler zu sein, seiner Bitte zu entsprechen.
Noch einmal: Die Vollmachtsurkunde und die Zustellung
Es ist ein Dauerthema, das eigentlich auch schon bei dem allerletzten Beamten der Ordnungsbehörden angekommen sein sollte. Nur wenn sich eine schriftliche Vollmacht, also eine Vollmachtsurkunde (oder auch nur eine Kopie derselben), in der Ermittlungs- oder Gerichtsakte befindet, kann die Behörde oder das Gericht wirksame Zustellungen auch an den Verteidiger vornehmen. Wenn nicht, dann nicht.
So sehen das § 145a StPO sowie § 51 Abs. 3 OWiG mit unmißverständlichen Worten vor und darüber wurde hier, da und dort in epischer Breite berichtet.
Aber im Alltagsgeschäft ist ein Beamter auch nur ein Mensch, der Fehler macht und gern einmal etwas übersieht. Wie in einem Fall, den mein Kollege Rechtsanwalt Tobias Glienke verteidigt hat. Er hatte sich für seine Mandantin als Verteidiger bei der Bußgeldbehörde gemeldet, aber – wie in unserer Kanzlei üblich – keine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Trotzdem wurde ihm – und nicht seiner Mandantin – der Bußgeldbescheid zugestellt.
Das Amtsgericht Spaichingen entschied ein wenig später in einem Beschluß vom 20.05.2010 (1 OWi 25 Js 3451/10):
Diese Zustellung war unwirksam. Nach § 51 Abs. 3 OWiG können Zustellungen zwar an den Verteidiger bewirkt werden, Voraussetzung ist jedoch beim gewählten Verteidiger, dass sich die Vollmacht bei den Akten befindet. Da dies nicht der Fall war, hätte wirksam nur an die Betroffenen selbst zugestellt werden können.
Eine „Reparatur“ dieses Fehlers war der Behörde und dem Gericht nicht mehr möglich, so daß die der Mandantin vorgeworfene Ordnungswidrigkeit verjährt ist. Der Bußgeldbescheid über 200 Euro mit einem Fahrverbot von einem Monat war damit Makulatur und die Eintragung von 4 Flens unterblieb dann auch.
Verfahrensregeln sind dazu da, den Bürger vor Fehlern der Staatsgewalt zu schützen. Verteidiger sind dazu da, auf die Einhaltung dieser Regeln zu achten. Werden Regeln zulasten des Bürgers verletzt, ist es nicht „ungerecht“, wenn eine angebliche Tat ungesühnt bleiben muß. Alles andere wäre Rechtsanwendung aus dem Bauch. Und wohin ein solches gesundes Volksempfinden hinführt, ist bekannt; hatten wir schon, wollen wir nicht wieder.
Die Vollmacht bei der StA Potsdam
Die Staatsanwaltschaft Potsdam stellte sich quer: Akteneinsicht nur Zug um Zug gegen Vorlage einer Vollmacht.
Der Verteidiger stellte sich auch quer: Akteneinsicht ohne Vollmacht.
Die Argumente waren ausgetauscht, deswegen hat „Mr. Dienstaufsichtsbeschwerde“ wieder zugeschlagen und gleichzeitig auch noch böswillig das Gericht ins Boot holen wollen.
Mit Erfolg, die Amtsleitung schreibt:
Gründe für eine Versagung der Akteneinsicht liegen nicht vor. Der Verteidiger hatte allerdings bereits Akteneinsicht gehabt, die Aktenlage ist unverändert. Zweifel an der Bevollmächtigung des Verteidigers bestehen nicht, soweit hier jedoch der Umfang seiner Bevollmächtigung nicht bekannt ist, können etwa Zustellungen an ihn nicht erfolgen.
Der Mandant hat keinen Wohnsitz in Deutschland. Wie man unschwer an dem letzten Satz der Amtsleiterin erkennen kann, ging es genau um das, was die Vollmachtsverweigerer eben gerade verhindern wollen: Eine Ersatzzustellung an den Verteidiger.
Übrigens: Mit der begehrten Akteneinsicht übersandte die Staatsanwaltschaft mir auch die Mitteilung, daß das Verfahren nach § 170 II StPO eingestellt wurde.