Die Staatsanwaltschaft ermittelte schon einige Zeit, irgendwann im Herbst 2009 wurde die Akte angelegt. Es wurden die üblichen Maßnahmen durchgeführt, die allerdings an Intensität im Laufe der Zeit zunahmen.
Am Anfang waren es die üblichen Anhörungen und Zeugenvernehmungen. Dem folgten nach einigen Monaten dann Wohn- und Geschäftsraumdurchsuchungen. Irgendwann nutzte der Staatsanwalt die Informationen, die auf den Kontoauszügen und Rechnungen standen und pfändete in die Geschäfts- und Privatkonten.
Das gesamte Material, das sich dann irgendwann in der Ermittlungsbehörde stapelte, reichte irgendwie immer noch nicht so richtig. Zumal einige Gerichte und andere Staatsanwaltschaften die Ansicht vertraten – und teilweise auch öffentlich mitteilten -, das, was die Jungs da machen, sei gar nicht strafbar.
Den richtigen Knaller hatte der Staatsanwalt also noch nicht. Aber locker lassen? Das wollte er ja nun auch nicht. Also, was jetzt? Der Staatsanwalt warf den Kocher an.
Die weitere Entwicklung könnte man sich nun in etwa so vorstellen.
Im Januar 2011 faßte der Staatsanwalt das Ermittlungsergebnis zusammen und formulierte darunter ein paar Anträge. Und zwar so, daß ein geneigter Haftrichter nur mal eben noch ein bisschen querlesen und unterschreiben mußte.
Und damit diese Anträge auch ein wenig Gewicht bekamen, wird er ihnen die Ermittlungsergebnisse seit 2009 beigefügt haben. Also den einen oder anderen Karton mit Akten.
Das alles lag nun auf und unter dem Tisch dieses Richters, der nun prüfen sollte, ob er den Anträgen des Staatsanwalts stattgeben soll. Flucht- und Verdunkelungsgefahr waren nicht so das Thema. Schwieriger war der dringende Tatverdacht, eine Voraussetzung für den Erlaß eines Haftbefehls, die mal gern übersehen wird.
Nun, diese Sache war sicherlich nicht die einzige, die der Richter an jenem Tag abzuarbeiten hatte. Es dürfte vielmehr eine zweistellige Anzahl weiterer Akten auf ihre Erledigung gewartet haben. Nicht nur Haftbefehle, sondern auch solche unterhaltsamen Sachen wie Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse, Pfändungen und Arreste – letztere dann auch noch mit zivilrechtlichen Touch. Ganz häßlich, solche Sachen. Für einen Strafjuristen.
Und dann kommt der Staatsanwalt mit 5.000 Blatt Akten und reichlich Beiakten … in Kartons.
Ich weiß nicht, wie ich mich an der Stelle des Richters entschieden hätte. Dieser Richter jedenfalls ging den Weg, der ihm sicherlich die wenigste Arbeit machte: Er unterschrieb die beiden vorformulierten Haftbefehle und hatte die Sache damit erst einmal vom und unterm Tisch weg.
Die Alternative wäre eine intensive Auseinandersetzung mit den Umzugskartons Akten gewesen. Um sich dann in einer Beschwerde des Staatsanwalts anhören zu müssen, was er alles übersehen hat. Das mußte er sich ja nun wirklich nicht antun. Außerdem: Auf diesen Staatsanwalt konnte er sich verlassen, der macht seit Jahren saubere Arbeit.
Also: Unterschrift, Stempel und ab.
Der Rest war dann Routine. Die Haftbefehle wurden vollstreckt, die beiden Beschuldigten gepflückt und eingetütet.
Was danach (mit dem Kocher) geschah, darüber gibt dieser Beitrag Auskunft.
Erst-Veröffentlichung dieses Beitrags am 20.12.2011 im law blog, in dem der Autor als „Aushilfsblogger“ und Urlaubsvertreter des Düsseldorfer Kollegen Udo Vetter geschrieben hat.