Wann werden die Kosten eines Strafverteidigers durch den Staat finanziert? Mit dieser Frage setzt sich diese Mandanteninformation auseinander. Es gibt einige Fälle, in denen der Staat für den Bürger das Kostenrisiko übernimmt, das immer dann entsteht, wenn der Bürger mit dem Staat in Kontakt kommt. Wann dies im Zusammenhang mit einer Strafverteidigung der Fall ist, soll im Folgenden erläutert werden.
Eines gleich vorneweg
Der Staat kommt grundsätzlich nicht für die Kosten einer Strafverteidigung auf. Von diesem Grundsatz gibt es nur eine Ausnahme: Der Freispruch durch das Gericht.
In allen anderen Fällen bleibt der Bürger, der zum Subjekt eines Strafverfahrens geworden ist, auf den Kosten der Verteidigung sitzen. Ganz selten einmal kann er diese Kosten von einem anderen Bürger ersetzt verlangen.
Doch der Reihe nach
Aus dem Zivilrecht stammt der Begriff „Prozeßkostenhilfe„. Früher hieß das Prinzip, das dahinter steht, etwas diskriminierend: „Armenrecht“. Mit der Prozeßkostenhilfe will der Staat es auch dem „armen“ Bürger ermöglichen, zu seinem Recht zu kommen. Dabei handelt sich aber stets um ein Recht, das der Bürger gegenüber einem anderen Bürger geltend machen möchte. Beispielsweise klagt Mieter gegen den Vermieter auf Reparatur der Heizung. Oder es geht um den Mangel an einem gekauften Motorrad: Dann stehen sich Moppedfahrer und Moppedhändler gegenüber. (Die Problemfälle aus dem Sozial-, Verwaltungs- und Arbeitsrecht lasse ich hier der besseren Übersicht halber beiseite.)
Im Strafrecht sieht es jedenfalls völlig anders aus. Da ist es nämlich der Staat, der dem Bürger gegenübertritt und ihn im schlimmsten Falle einsperren möchte. Hier kommt es nicht darauf an, ob der Bürger, gegen den ein Strafverfahren geführt wird, über finanzielle Mittel verfügt oder nicht. Es stellt sich „nur“ die Frage: Liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor oder nicht.
Notwendig ist eine Verteidigung regelmäßig dann, wenn der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr rechnen muß. Dies wäre zum Beispiel bei einem Ladendiebstahl oder einer leichten Körperverletzung regelmäßig nicht der Fall, wohl aber bei einem Raub. Geregelt ist das alles in § 140 Strafprozeßordnung (StPO). Dort sind weitere Fälle der notwendigen Verteidigung beschrieben.
Wenn ein solcher Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, muß das Gericht dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger bestellen, solange der Angeklagte noch keinen Wahlverteidiger hat. Der Gedanke, der dahinter steht, leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab: Nur dann ist ein Verfahren fair, wenn sich der Angeklagte effektiv verteidigen kann. Kann er das nicht (selbst), muß der Rechtsstaat ihm einen Verteidiger zur Seite stellen. Bei einem Ladendiebstahl, sagen die Gerichte, kann sich der Angeklagte selbst verteidigen; bei einem Raub nicht.
Aber Vorsicht: Auch eine Pflichtverteidigung ist für den Angeklagten nicht kostenlos. Denn wenn er verurteilt wird, muß er auch die Kosten des Verfahrens tragen. Und dazu gehören eben auch die Kosten der (Pflicht-)Verteidigung.
Keine zweitklassige Verteidigung
Eine Pflichtverteidigung ist keine zweitklassige Verteidigung, solange der Strafverteidiger seinen Beruf ernst nimmt und unabhängig arbeitet. Die Leistung eines Wahlverteidigers sollte wird sich im Idealfall nicht von der eines Pflichtverteidigers unterscheiden. Und umgekehrt.
Allerdings: Wenn der Mandant eines Verteidigers „Sonderwünsche“ hinsichtlich seiner Verteidigung hat, wird auch der Verteidiger „Sonderwünsche“ bei der Bemessung seines Honorars formulieren. Auch insoweit unterscheiden sich Pflicht- und Wahlverteidiger nicht.
Auswahl des Pflichtverteidigers
Wenn der Angeklagte noch keinen Wahlverteidiger hat, obwohl es ein Fall der notwendigen Verteidigung ist, schreibt ihm das Gericht. Der Angeklagte soll selbst einen Verteidiger benennen oder das Gericht sucht einen Verteidiger aus.
Diese Auswahl des Verteidigers durch den Richter kann – je nach Charakter des Richters – problematisch werden. Es gibt leider Richter, die (sich!) dann einen Verteidiger auswählen, der im anstehenden Verfahren nicht weiter „stört“. Die meisten Richter allerdings arbeiten glücklicherweise nicht nach diesem Prinzip. Trotzdem ist es eher ratsam, wenn sich der Angeklagte selbst um einen Verteidiger bemüht, dem er dann vertrauen kann (ich kenne da jemanden, den ich empfehlen würde. 8-) )
Im Übrigen gilt – egal ob es sich nun um eine Wahl- oder eine notwendige Verteidigung handelt: Je früher ein Strafverteidiger beauftragt wird, desto größer sind die Chancen auf ein günstigeres und schnelleres Ergebnis.