Monatsarchive: Oktober 2005

Die Angst des Richters vor dem Rechtsmittel

Da fällt mir noch ein, wie manche viele Richter gern argumentieren:

„Wenn ich Ihrem Antrag stattgeben würde, Herr Verteidiger, dann legt doch die Staatsanwaltschaft sofort Rechtsmittel ein.“

Der Richter hat also mehr Angst vor dem Staatsanwalt als vor dem Verteidiger. Darüber denke ich aber nochmal nach.

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Der entflohene Häftling und die Frauenbefreiung

Vor zwei Jahren hatte Justizsenatorin Schubert in einem Fall, in dem ein lediglich von einer Frau begleiteter Vergewaltiger durch das Toilettenfenster eines Einkaufszentrums entkam, angekündigt, daß künftig männliche Gefangene nur noch von männlichen Aufsehern begleitet werden dürfen: „Ab sofort bekommt deshalb jeder Gefängnisinsasse bei einem solchen Ausgang grundsätzlich einen Mann an die Seite gestellt“ – so die Senatorin.

Auf Protest der Frauenvertretung war diese Verschärfung wieder rückgängig gemacht worden. Unter dem „Gleichstellungsgedanken“ sei das als bedenklich empfunden worden, begründete eine Justizsprecherin dies.

Am Donnerstag ist ein Häftling bei einem Ausgang aus dem Toilettenfenster des Cafe Kranzlers entkommen. Begleitet wurde er nur von einer Frau, einer Sozialarbeiterin der Justizvollzugsanstalt Tegel. Die Frau hatte vorher nicht die Herrentoilette inspiziert, ob dort ein Fenster ist. Sie konnte (oder mochte?) sich vorher nicht selbst von den Eigenheiten der betreffenden Herrentoilette überzeugen.

Prägnanter lässt sich der Irrsinn des deutschen Frauen-Beauftragten-Unwesens nun wirklich nicht mehr illustrieren. Ich würde den Flüchtling gern einmal fragen, was er von der Frauenbefreiung hält. ;-)

Quelle: Der Tagesspiegel Berlin

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Im Bunde die Vierte

Nun ist auch Rechtsanwältin Kerstin Rueber aus Koblenz mit ihrem Blawg online. In Strafverfahren – in Koblenz und anderswo erhalten wir demnächst auch aus dem Lande Rheinland-Pfalz strafrechtliche Informationen.

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Zwei neue Strafrechts-BLawgs

Die Vier Strafverteidiger sind auf den Geschmack gekommen:

Rechtsanwalt Werner Siebers berichtet über Strafprozesse und andere Ungereimtheiten

Rechtsanwalt Bernd Eickelberg schreibt über Strafsachen, Verkehrsunfälle und andere interessante Dinge.

Die vierte im Bunde, Rechtsanwältin Kerstin Rueber, schrieb heute morgen an die anderen drei: „Wie geht denn sowas? Will ich auch haben!!“ Der Kollegin kann geholfen werden. :-)

Die Jura-Blogger-Szene wird dadurch sicherlich nicht langweiliger. Ich freue mich auf spannende Berichte nun auch aus Braunschweig und Koblenz.

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Fachanwalt bei Alkoholproblemen

Gibt es tatsächlich: Fachanwalt bei Alkoholproblemen am Arbeitsplatz in Flensburg. Google findet ihn.

Dank an Herrn Kollegen Schnee-Gronauer für den Hinweis.

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Adhäsionsverfahren

Chance oder Fremdkörper im Strafprozeß?

Zu diesem Thema fand am 15.9.05 eine Fortbildungsveranstaltung der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger e.V. statt. Der Vortrag von RiAG Plüür und RiLG Herbst ist hier veröffentlicht und enthält eine griffige Zusammenfassung dieses den Opfer von Straftaten dienliche Verfahrens.

Ein „must read“ für Nebenklägervertreter, interessant aber auch für die „Gegenseite“.

Quelle:
Berliner Anwaltsblatt 2005, 413 f (Heft 10/2005)

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Strafsache gegen Strafverteidiger: Kommentar

Der Berliner Rechtsanwalt und Notar Rolf Jürgen Franke zieht einen interessanten Vergleich: Wenn ein Verteidiger einen (Polizei-)Zeugen als Lügner bezeichnet, hätte das nach dem Braunschweiger Urteil die Pönalisierung des Anwalts zur Folge. Dagegen sei niemals eine Anklage gegen einen Staatsanwalt wegen falscher Verdächtigung oder Begünstigung etc. bekannt geworden, wenn sich später herausstellte, daß diese vorläufige Wertung unzutreffend war.

„Der Braunschweiger Schuldspruch darf keinen Bestand haben.“ resümiert Kollege Franke in einem Kommentar zum Prozeßausgang in seinen Lichtenrader Notizen.

Quid licet Jovi non licet bovi?

Colorandi Causa:
Rolf Jürgen Franke war in seinem früheren Leben Strafverfolger.

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Strafsache gegen Strafverteidiger: Zuschauer-Bericht

Der Koblenzer Kollege Rainer Herrmann war Prozeßbeobachter und schildert in dem nachfolgenden Beitrag seine Eindrücke.

Wer gestern die Plädoyers in BS gehört hat, hatte schon vor der Urteilsverkündung ein seltsames Gefühl.

Der Staatsanwalt ließ frösteln. Polizisten haben Narrenfreiheit und müssen geschützt werden, um jeden Preis.

Dass dieser Preis die Aufgabe der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Advokatur darstellt, scheint ihm, der ebenso wie wir Anwälte einen Eid auf die Verfassung und die FDGO abgelegt hat, nicht in den Sinn zu kommen.

Dabei klang unterschwellig die eiserne Beweisregel der Justizkantine mit, dass Polizisten per se durch Diensteid die besseren und ehrlicheren Menschen sind.

Menschen, die nur die Verteidigung der Gesetze und die Gefahrenabwehr im Sinne haben, aber kein Karrieredenken kennen, keine Erfolgserlebnisse wollen. Polizeibeamte, die nicht über Fehler ihrer Kollegen spotten.

Ich habe selbst erlebt, wie in einer Bußgeldsache, die eingestellt worden ist, ein Polizist zu seinem Kollegen (beide waren als Zeugen anwesend) sagte: „Wir haben verloren“.

Nicht, dass ich missverstanden werde: Wir Bürger brauchen und wollen gute Polizeibeamte, die uns schützen und für unsere Sicherheit sorgen.

ABER: ich will Polizisten, die nur das machen, was sie von mir und damit von uns allen verlangen: Einhaltung der Gesetze.

Polizisten sind im Rahmen der Verbrechensbekämpfung Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft.

Und das bedeutet, dass sie in einer Kette mit den Strafverfolgungsorganen stehen.

Hieraus folgt, dass dieser unserer Staat an Glaubwürdigkeit und Legitimation verliert, wenn er gesetzesbrechende Polizeibeamte duldet, wobei in diesem Zusammenhang das Sprichwort, dass ein verdorbener Apfel den ganzen Korb verdirbt, voll zum Tragen kommt.

Realitätsfern wäre es zu glauben, dass rechtsuntreue Polizisten nur in der Theorie vorkommen.

Ich denke, dass nur jemand verurteilt werden darf, der in einem rechtsstaatlichen Verfahren überführt wird, denn nur das ist, um mit einem der gestrigen Verteidiger zu sprechen, ein gerechtes Urteil, wie immer es aussehen mag.

Oder anders ausgedrückt: Der Preis unseres freiheitlich demokratischen Rechtsstaates ist es, dass nur der verurteilt werden darf, der in einem rechtsstaatlichen Verfahren mit rechtsstaatlichen Mitteln überführt werden kann.

Wenn nun Unstimmigkeiten bei der Verfolgung von Straftaten erkennbar sind, dann ist es die Pflicht eines Verteidigers, die Finger in die Wunde zu legen.

Und er muss dieses mit deutlichen Worten brandmarken.

Ein Beschuldigter hat nur sein(e)n Verteidiger. Und der hat nur seine Fähigkeiten und die Macht des Wortes.

Recht bescheidene Möglichkeiten, wenn man sich vergegenwärtigt, welche technischen Möglichkeiten auf Seite der Strafverfolger gegeben sind.

Wenn nun das beschnitten wird, dann können wir die Verteidigung aufgeben und der Staat hat Narrenfreiheit.

Oder anders ausgedrückt: Willkür, die uns derzeit nur aus totalitären Systemen bekannt ist.

Den gestrigen Verteidigern an dieser Stelle ein dickes Lob und Kompliment.

Sie haben deutlich aufgezeigt, dass der Kollege Siebers verteidigt hat, wo er die Finger in die Wunde gelegt hat, wo er das gemacht hat, was jeder von uns von seinem Verteidiger erwartet, wenn er in die Situation kommt, sich gegen Vorwürfe verteidigen zu müssen.

Jeder von ihnen auf seine Art. Aber allen gemein war, dass sie dies souverän und überzeugend gemacht haben.

Die Richterin wollte keinem weh tun.

So liess sie es vor der Urteilsverkündung durchblicken. Mir kamen die Worte Gretchens aus dem Faust in den Sinn: „zwar vernehme ich die Worte, allein mir fehlt der Glaube“.

Sie hat nicht den Mut gehabt, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen.

Sie hat nicht die Standfestigkeit besessen, entgegen der herrschenden Meinung und der Erwartungshaltung der Justizkantine frei zu sprechen.

Da hilft ihr hilfloses „Ich stehe hier, ich kann nicht anders“ nicht weiter.

Wie sang vor 20 Jahren Bettina Wegner: „Menschen ohne Rückgrat haben wir schon zuviel“.

Oder wie hat es Thomas v. Aquin (sinngemäß) ausgedrückt: besser auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen als sein Gewissen zu verraten.

In diesem Sinne dem Kollegen Siebers und seinen Verteidigern weiterhin viel Erfolg.

Rainer Herrmann
Rechtsanwalt + Mediator
Hohenzollernstr. 115
56068 Koblenz

Tel.: 02 61 / 96 29 09-0
Fax:: 02 61 / 96 29 09-9
email: raiherrmann@t-online.de

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Unnützes Hin- und Herfahren

§ 30 Absatz 1 Satz 3 StVO verbietet es. Innerorts jedenfalls. Was das Bayerische Oberste Landgericht 2000 dazu sagte, darüber habe ich hier schon einmal ein wenig geschrieben.

Vor diesem Hintergrund läßt mich diese Ankündigung der neuen Aprilia Tuono aufhorchen:

„Dutzende Journalisten hatten die Möglichkeit, Aprilias neuen Streetfighter in den Bergen rund um Cison Di Valmarino (80 km nördlich von Venedig) ausführlich probezufahren.“

Kein Problem, meine ich:
1. Die Berge liegen nicht innerorts
2. sondern in Italien
3. und eine Tuono zu fahren, kann doch gar nicht unnütz sein.

Trotzdem: Meine „alte“ Tuono gefällt mir besser …

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Helmpflicht

Ein Artikel in der aktuellen Bikers News über die peniblen Kontrollen der österreichischen Polizei anläßlich der European Bike Week am Faaker See lies mich noch einmal an den Beitrag des Kollegen Goetz Grunert „Helmpflicht ganz einfach“ auf auf verkehrsportal.de erinnern.

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