Monatsarchive: November 2005

Urteilsbegründung, verständlich?

Aus der Begründung eines Urteils in einer Bußgeldsache:

Die vom Sachverständigen als hypothetische Möglichkeit in den Raum gestellte Variante, dass zum Messzeitpunkt der Messbereich von einem Motorradfahrer, der den Lastzug des Betroffenen in diesem Augenblick überholt haben könnte, ausgelöst worden sein könnte, muss nach Überzeugung des Gerichts als reine hypothetische Möglichkeit angesehen werden, da die Zeugen N. und G. einen Überholvorgang während der Messungen nicht registriert haben und dem Gericht aufgrund der Ordnungskenntnis von der Messstelle ein solcher Uberholvorgang an der dort vorhandenen Verkehrsinsel links vorbei auf der Gegenfahrbahn als selbstmörderisches Himmelfahrtskommando erscheinen muss, weil an dieser Stelle stets viel Verkehr herrscht und die örtlichen Verhältnisse dort einen derart hypothetischen Überholvorgang als Selbstmordversuch erscheinen ließen, so dass ein solches Überholmanöver auszuschließen ist.

Alles klar?

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Widerwärtig

Schreibt mal jemand bitte eine Strafanzeige?
Abartiges hier
Mir ist schlecht!

Update am 15.11.05 / 19:13 Uhr:
Ich habe den Link wieder rausgenommen, da die Seite zwischenzeitlich geändert wurde.

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Gebührenprogramm RVGX

Rechtsanwalt Hauke Lubenow aus 25337 Elmshorn hatte Zeit dazu, ein Rechtsanwaltsgebührenprogramm zu schreiben. Das Gebührenprogramm RVGX ist Freeware kann zur Erstellung von Rechtsanwaltsrechnungen in allgemeinen zivilrechtlichen Angelegenheiten genutzt werden.

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AG Hamburg-St. Georg: Cold Calls zulässig

Trotz fehlender vorheriger Einwilligung dürfen Unternehmen zu Zwecken der Marktforschung Privatpersonen anrufen. Das hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg entschieden (Az. 918 C 413/03). Das Gericht hält Erstanrufe zu Marktforschungszwecken für einwilligungsfrei.

Quelle: heise online

Vielleicht ruft den Hamburger Richter ja niemand an. Solche Menschen freuen sich natürlich über jeden Anruf. Wenn man aber – wie ich – am Tag eine Vielzahl von Anrufen abarbeitet (jawohl, das ist Arbeit!) und dann auch noch abends von diesen Telekomspammern aus dem Feierabend geholt wird, kann eine solche Entscheidung nicht nachvollziehen.

Ich drücke den Klägern die Daumen für’s Rechtsmittel. Und dem Richter wünsche ich jeden Tag 10 solcher „Marktforschungsanrufe“.

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Akteneinsicht für den Zeugenbeistand

In vielen Fällen wird der Antrag des Zeugenbeistands, ihm Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren, zurückgewiesen. Dann hat der Zeuge ein Problem, wenn er sich auf sein Auskunfts- oder gar Zeugnisverweigerungsrecht berufen will. Rechtsanwalt Olaf Franke wies gestern in seinem Referat auf dem Strafverteidigerkolloqium in Berlin auf einen verborgenen Schatz hin, den man auf den Seiten der Vereinigung Berliner Strafverteidiger e. V. heben kann.

Dort ist nämlich eine Antragsbegründung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof veröffentlicht, in der er erklärt, daß der Zeugenbeistand ein Recht auf Einsicht in die Gerichts- bzw. Ermittlungsakten hat:

Aus den Leitsätzen des Bearbeiters:

In begründeten Fällen ist dem Zeugenbeistand auf Antrag Akteneinsicht zu gewähren, soweit dies erforderlich ist, um angemessen Beistand leisten zu können. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn es um Fragen des § 55 StPO geht, aber auch in Fällen des gefährdeten sogenannten Kronzeugen. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, ein Recht auf Akteneinsicht des Beistaandes existiere nicht – kann es jedenfalls zweckmäßig und geboten sein, Akteneinsicht zu gewähren.

Das dürfte hilfreich sein.
Besten Dank an Olaf Franke.

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Diese Woche im Strafgericht

Glück gehabt. Meine Termine sind nicht dabei.

Wundert mich aber, denn vor gut einem halben Jahr stand die Verhaftung meines Mandanten in allen Blut- und Busenblättern auf der ersten Seite. In sooooooooo großen Buchstaben. Hat die Justizpressestelle etwa mitgeteilt, daß ich der Verteidiger bin?

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Kommt Frankreich nach Tempelhof?

In Berlin-Tempelhof sind am frühen Morgen drei mutmaßliche Brandstifter festgenommen worden.

Nach Polizeiangaben hatten die Männer auf dem Gelände vor einem Autohaus im Tempelhofer Weg vier Autos angezündet. Die Flammen griffen dann auf weitere Fahrzeuge über und beschädigten auch diese.

Über den Hintergund der Tat wurde bisher nichts bekannt.

In Friedrichshain wurden zudem auf einer Baustelle am Forckenbeckplatz zwei Bagger angezündet. Laut Polizei verbrannten dabei die Reifen der Fahrzeuge.

In der vergangenen Woche sind in Berlin bereits mehrfach nachts Autos in Brand gesteckt worden. In diesen Fällen geht die Polizei davon aus, dass die Krawalle in Frankreich nachgeahmt werden sollten.

Quelle: Inforadio: Festnahmen nach Brandstiftung in Tempelhof

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Für Kaffeefahrten

Haben Sie ständig Angst, das Mopped könnte in der Kurve wegrutschen ?
Haben Sie es satt, mit abgeschliffenen Fußrasten durch die Gegend zu fahren?
Wird Ihnen bei mehr als 5° Schräglage schlecht?
Stören Sie abgefahrene Seitenflächen am Hinterrad?

Dann hilft das hier: Schräglagenbegrenzer / Stability Set

Dank für den Link an Patrick, dem erst bei 90° Schräglage schlecht wird.
(Alles wieder verheilt?)

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pro reo Preis an Dr. Nobis, Iserlohn

pro reo – der Ehrenpreis der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen AnwaltVerein – wurde heute in Berlin dem Iserlohner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. jur. Frank Nobis verliehen. Gegen Dr. Nobis wurde am 20.5.2003 durch das Amtsgericht – Schöffengericht – Hagen, dessen Vorsitzender des Richter am Amtsgericht Kleeschulte war (und ist!), 1 Tag Ordnungshaft festgesetzt. Der Richter lies den Strafverteidiger im Gerichtssaal verhaften und in die JVA Hagen abführen.

Wegen der Begründung einer Haftentscheidung durch das Gericht:

Sinngemäß erklärte der Richter: Er habe den Angeklagten vor der Hauptverhandlung auf die Beschwerde des Verteidigers hin sicherlich entlassen können, habe dies aber nicht getan, weil ihm die Diktion der Haftbeschwerde, mit der der Verteidiger dem Gericht offensichtlich vorschreiben wollte, was das Gericht zu tun habe, missfallen habe. Deshalb habe er bereits eingeleitete, zur Entlassung des Angeklagten dienende Ermittlungen nach Vorlage der Haftbeschwerde wieder abgebrochen und den Angeklagten weiter in Haft gelassen.

kam es im weiteren Verlauf der Verhandlung binnen Minutenfrist zum Eklat.

Dr. N. bittet den Richter […] im ruhigen Ton, die soeben getätigte Äußerung gem. § 183 GVG zu protokollieren. Der Vorsitzende Richter lehnt ab: „Hier werden jetzt keine Anträge mehr gestellt.“ Dr. N. bittet daraufhin, dann doch zumindest zu protokollieren, dass der Verteidigung nicht die Möglichkeit gegeben werde, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dr. N. wiederholt letztere Bitte unter Hinweis darauf, dass Anträge der Verteidigung zu den wesentlichen Förmlichkeiten gem. § 273 StPO gehören. Das ist offensichtlich zuviel des „Rechtsgespräches“: Wild mit den Armen fuchtelnd fordert der Richter den Verteidiger lautstark auf, unverzüglich den Sitzungssaal zu verlassen. Dr. N fragt höflich an, ob dies eine sitzungspolizeiliche Maßnahme sei, und weist darauf hin, dass „derartige Maßnahmen“ gem. §§ 177, 178 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gegen den Verteidiger unzulässig seien. Derart ruhige, auf dem Strafverfahrensrecht ruhende Sachlichkeit ist für den Richter offensichtlich zuviel des Guten: Er unterbricht die Hauptverhandlung und weist gleichzeitig die anwesenden Gerichtswachtmeister an, den Verteidiger Dr. N zu durchsuchen, ihm sein Handy abzunehmen, ihn zu verhaften und ihn bis zu seiner späteren Vorführung in einer Zelle auf der Gerichtswachtmeisterei zu verwahren.

Nach ca. 15 Minuten „Inhaftierung“ wird der – so das „spätere Hauptverhandlungsprotokoll – „Störer Dr. N“ vorgeführt. […] Ein Tag Ordnungshaft gem. § 178 Abs.1 GVG wegen gröblicher Ungebühr! „Herr Wachtmeister, führen sie den Störer ab.

Rund drei Stunden später ist der Spuk vorbei, nachdem das OLG Hamm eiligst zunächst die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses vorläufig aussetzt, um wenig später im Beschluss vom 6.6.2003 in aller Deutlichkeit die Unzulässigkeit sowohl der Entfernung aus dem Sitzungssaal als auch der Anordnung von Ordnungshaft festzustellen.

[…]

Entsprechend ist in der deutschen Rechtsgeschichte noch nie (!), noch nicht einmal während der Herrschaft des Nationalsozialismus, ein Verteidiger durch einen Gerichtsvorsitzenden im Gerichtssaal verhaftet worden.

Quelle: StrFo 8/2005, Ordnungshaft gegen den Verteidiger – Eine Justizposse aus Hagen; zum Beschluss des OLG Hamm – 2 Ws 122/03 -, von RA Dr. Frank Nobis

In seiner Laudatio während der Preisverleihung trägt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung BerlinerStrafverteidiger e. V., unter anderem vor:

Ich sehe Ihre preiswürdige Leistung […] darin, daß Sie uns durch Ihr unerschrockenes Auftreten vor einem offenbar aus dem Ruder des Rechts gelaufenden Gericht daran erinnert haben, wo das Herz der Strafverteidigung schlägt:

Nämlich im Eintreten für den Angeklagten im Hier und Jetzt der alltäglichen, präsenten Konfrontation der Verfahrensbeteiligten.

Sowohl die von Dr. Nobis reklamierte Haftentscheidung als auch die ordnungsrechtlichen Maßnahmen des Gerichts, nein: des Richters!, stellen einen offenen Rechtsbruch dar. Die Verhaftung und die Verhängung der Ordnungshaft gegen ein Organ der Rechtspflege wurde daher auch von dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zutreffend als unzulässig bezeichnet. Der Richter Kleeschulte konnte, sollte und mußte also wissen, was er da tat.

Wie Herr Dr. Nobis in seiner Dankesrede mitteilte wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Richter, das wegen Rechtsbeugung (und Freiheitsberaubung?) mangels nachweisbarem Vorsatz eingestellt, die Dienstaufsichtsbeschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Richter Kleeschulte sei nach wie vor noch (Straf-)Richter am Amtsgericht Hagen.

An dieser Stelle auch von mir, wenn es einem kleinen Strafverteidiger denn zusteht, einen herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis und meine Hochachtung für sein Verteidigerverhalten an Herrn Kollegen Dr. Nobis.

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Windschutzscheibe und Zigarettenanzünder am Fahrrad

„Wer den Navigator im Auto nutzen will, bringt einfach die Schwanenhalshalterung mit dem Saugnapf an der Windschutzscheibe an und steckt das passende Stromkabel in den Zigarettenanzünder. Auch dieser Vorgang ist in wenigen Minuten erledigt. […] Ebenso einfach klappt die Befestigung am Fahrrad.“

Quelle: STIFTUNG WARENTEST

Mir scheint, dieser Schnelltest ist ein wenig zu schnell geschrieben. ;-)
Versöhnlich stimmt dann aber wieder das Ende des Tests:

„Hilfreich ist in diesem Fall ein Kopfhörer. Doch der ist in der Kiste nicht zu finden. Das ist zudem unpraktisch, weil das Gerät auch zugleich ein MP3-Player ist. Und der funktioniert nun mal am besten mit einem Kopfhörer.“

Aha.

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