Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen

gegen seine Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt

Der seit 1998 inhaftierte Beschwerdeführer wurde im Jahr 2003 in eine
andere Justizvollzugsanstalt verlegt. Dadurch verlor er einen fünf Jahre
lang innegehabten Arbeitsplatz. Die Verlegung wurde damit begründet,
dass einige Stationsbedienstete gegen den Beschwerdeführer, nachdem ihm
die Erlaubnis zum Besitz einer Schreibmaschine entzogen worden war,
nicht eingeschritten seien, als dieser unrechtmäßig die Schreibmaschine
eines Mitgefangenen in Besitz gehabt habe. Dies begründe Zweifel an der
notwendigen Distanz der Bediensteten zum Beschwerdeführer. Rechtsmittel
des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung waren erfolglos.

Seine Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die 2. Kammer des Zweiten
Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte eine Verletzung des
Beschwerdeführers in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG fest. Die
gegen seinen Willen erfolgende Verlegung eines Strafgefangenen könne für
diesen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein, da alle
seine innerhalb der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch
abgebrochen würden. Eine zusätzliche Beeinträchtigung ergebe sich, wenn
der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit
verbunden sei. § 85 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) ermögliche die
Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Anstalt nur für den Fall,
dass dessen Verhalten eine Gefahr für die Anstaltssicherheit oder
-ordnung begründe, der in dieser Justizvollzugsanstalt nicht angemessen
begegnet werden könne. Eine Verlegung des Gefangenen zur Abwehr von
Gefahren, die durch Fehlverhalten des Vollzugspersonals begründet sind,
sei dagegen weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 85 StVollzG
gedeckt.

Quelle:
Bundesverfassungsgericht – Pressestelle –
Pressemitteilung Nr. 102/2005 vom 19. Oktober 2005
Zum Beschluss vom 26. September 2005 – 2 BvR 1651/03

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