Gegen meinen Mandanten, ein Rechtsanwalt, wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Tatvorwurf lautete Betrug. Das Verfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die knappe Nachricht des Herrn Oberstaatsanwalts:
„… teile ich Ihnen mit, dass ich das Verfahren … gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe.“
Da meinem Mandanten daran gelegen war, die Gründe für die Einstellung zu erfahren, und er darauf auch einen Anspruch hat, habe ich den Herrn Oberstaatsanwalt geschrieben:
„Unter Hinweis auf Ziffer 88 RiStBV beantrage ich, die Gründe der Einstellung bekannt zu geben.“
(Die Ziffer 88 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren lautet: „In der Mitteilung … sind die Gründe der Einstellung … auf Antrag … bekanntzugeben, …“)
Darauf erhalte ich folgende Antwort vom Oberstaatsanwalt:
„… teile ich mit, dass die Ermittlungen einen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage nicht ergeben haben; das Verfahren war daher wie mitgeteilt gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen.“
Ich hatte den Oberstaatsanwalt nicht gebeten, das Gesetz abzuschreiben und mir den Wortlaut zu übermitteln; die Vorschriften kenne ich. Statt dessen will mein Mandant die Tatsachen erfahren, die zur Rechtsfolge des Gesetzes, nämlich zur Einstellung, geführt haben.
Erst überzieht er meinen Mandanten mit einem Ermittlungsverfahren, das seine berufliche Existenz gefährdet, und dann ist er offenbar damit überfordert, eine Begründung für seine Einstellungsentscheidung zu liefern.
Nun bin ich gespannt darauf, was die Generalstaatsanwaltschaft auf meine Dienstaufsichtsbeschwerde dazu schreibt. Und dann schaue ich nochmal in die Ermittlungsakte.
Ich habe jetzt rein vorsorglich auch schon mal die Nummer der Kanzlei Hoenig in mein Handy gespeichert. Offensichtlich wieder ein Anwalt mehr, der sich nicht als Katzbuckler der StA oder Gerichte geoutet hat.
Zum Rehabilitierungsanspruch des Beschuldigten im Strafverfahren bei Freisprüchen „zweiter Klasse“ gibt es eine Habiltationsschrift.
Eine Zusammenfassung steht unter http://www.jurabuecherei.de/buch/3161477022isbn.php
Falls das den Praktiker interessiert ;-)
Gruss
Andreas
@Paulo:
Ich drücke Ihnen die Daumen, daß Sie die Nummer nicht anrufen müssen!
@Andreas Fricke:
Danke für den Hinweis; ab und an schauen wir auch mal in ein gutes Buch, und wenn es nur dazu dient, die Wartezeit beim Zahnarzt zu überbrücken. ;-)
§ 48a österr. StPO gewährt dem Nebenkläger ebenfalls das Recht, auf Verlangen vom StA über die Gründe der Zurücklegung der Anzeige informiert zu werden.
Das sieht dann so aus :
“BENACHRICHTIGUNG
von der Zurücklegung der Strafanzeige
oder
von der Einstellung des Verfahrens
Gemäß § 90 Abs.1 StPO wurde die gegen folgende Person erstattete Anzeige zurückgelegt, bzw. das eingeleitete Verfahren eingestellt:
Name : Heinz S unb. Geburtsdatum
Anzeige durch: Roland HERMANN, 3412 Kierling vom: 07.09.2004
Ein weiteres Strafverfahren aus diesem Anlaß unterbleibt daher.“
(Staatsanwaltschaft Wien, 27.09.2004, 52 St 42/04f)
“MITTEILUNG
gemäß § 48a StPO
Zu Ihrer Anfrage vom 05.10.2004 wird mitgeteilt, daß die Anzeige gegen Heinz S wegen § 3g VG, § 283 Abs.2 StGB am 14.09.2004 gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt wurde, weil das angezeigte Verhalten nicht gerichtlich strafbar ist.“
(Staatsanwaltschaft Wien, 13.10.2004, 52 St 42/04f)
Siehe http://www.deranwalt.at/show.asp?id=514&kapitel=Wissenswertes
Der genannte § 48a sieht allerdings ausdrücklich vor, daß sich der StA in seiner Beantwortung auf solche Leersätze zu beschränken hat, von denen es im Gesetzestext 2 Varianten zur Auswahl gibt.