Monatsarchive: Januar 2006

Fahreridentifizierung durch Vergleich mit Passbild

Das Bayerische Oberste Landesgericht (Az. 1 ObOwi 310/2003, DAR 04, 38) hält es für zulässig, daß die Bußgeldbehörde die bei Meldebehörden hinterlegten Lichtbilder (Paß, Personalausweis) zur Fahreridentifizierung anfordert, um diese mit einem, bei einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr aufgenommenem Frontfoto zu vergleichen.

Der Datenschutz habe keinen Vorrang vor dem staatlichen Aufklärungsinteresse, weil die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Rechtsstaatprinzip eine zentrale, staatliche Aufgabe sei.

Das BayOLG vernachlässigt dabei einen Gedanken. Jeder Bundesbürger ist (zumindest de facto) verpflichtet, ein Paßbild von sich anfertigen zu lassen und dieses bei der Meldebehörde zu hinterlegen. Kommt der Bürger dieser Pflicht nach, hat er bereits den ersten Schritt in Richtung „Überführung im OWi-Verfahren“ getan. Überspritzt gedacht, bedeutet dies, der Bürger wird durch die paßrechtlichen Vorschriften dazu gezwungen, an seiner eigenen Identifizierung in späteren Bußgeldverfahren mitzuwirken. Das ist verfassungsrechtlich zumindest bedenklich.

Ein früherer Mandant hatte dies erkannt und seine Vorsorge dagegen war am Ende erfolgreich: Er hat sich einen Vollbart wachsen lassen, dann das Paßbild angefertigt und dieses dann bei der Meldebehörde hinterlegt. Seinen Führerschein zierte die selbe Aufnahme. Das spätere Frontfoto des Flitzerblitzers hingegen zeigte einen glatt rasierten Fahrer. Beim Gericht erschien der Mandant dann wieder vollbärtig. Der Vergleich der beiden Fotos (Paß- ./. Meßfoto) und der des Meßfotos mit dem realen Betroffenen fiel negativ aus.

Für jede Maßnahme der Strafverfolgungsbehörde gibt es mindestens eine Gegenmaßnahme, liebe Katzen und Mäuse.

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Überraschung mit Fahrverbot

Im Bußgeldbescheid war noch kein Fahrverbot angeordnet worden. Auch stand da nichts von vorsätzlichem Handeln. Der Betroffene war trotzdem nicht damit einverstanden und legte Einspruch ein, es kam zum show down beim Amtsrichter.

Der meint, daß das doch alles recht heftig gewesen sei, was der Betroffene da angestellt habe und kündigt – mehr oder minder deutlich – an, ihn nun doch wegen eines vorsätzlichen Verkehrsverstoß‘ verurteilen zu wollen. Der Betroffen hält – nichts Böses ahnend – gleichwohl an seinem Einspruch fest. Auf ein paar Euro kam’s ihm wohl nicht an.

Nach dem letzten Wort des Betroffenen und der dann folgenden Beratungspause kam die unfreundliche Überraschung: Wegen vorsätzlicher Begehungsweise wurde der Betroffene nicht nur zu einer erhöhten Geldbuße verurteilt. Zusätzlich wurde ein Fahrverbot verhängt.

So geht das aber nicht, meinte das OLG Hamm (Beschluß vom 12.04.2005, 3 SS OWI 191/05). Der Richter am Amtsgericht hätte neben dem Vorsatzhinweis auch darauf hinweisen müssen, daß er zusätzlich auch die Verhängung eines Fahrverbotes in Betracht zieht.

Aus den Gründen:

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in entsprechender Anwendung des § 265 II StPO ein Hinweis erforderlich ist, wenn der Tatrichter ein im Bussgeldbescheid nicht angeordnetes Fahrverbot verhängen will. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls ist dem Verteidiger nur der rechtliche Hinweis erteilt worden, dass auch die Ahndung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsübertretung in Betracht käme, nicht aber der Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbotes nach § 25 StVG. Es ist nicht auszuschliessen, dass der Betroffene im Fall eines entsprechenden rechtlichen Hinweises seine Verteidigung anders eingerichtet, möglicherweise auch den Einspruch gegen den Bussgeldbescheid zurückgenommen oder auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hätte.

Offene Messer, in die ein Betroffener laufen könnte, müssen vom Richter auf den Tisch gelegt werden. Alles andere wäre unfair. Aber manche versuchen es trotzdem.

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Nichts Anständiges gelernt

Der Mandant schreibt mir zurück, nachdem ich mich über die Langsamkeit der Behörden in Hinblick auf die zu erstattenden Kosten bei ihm ausgelassen hatte.

Tja, die Behörde … ohne Worte. Aber ich habe ja nichts Anständiges gelernt.

Der Mann ist Polizeibeamter und ich hatte ihn erfolgreich in einem Disziplinarverfahren verteidigt.

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2006 FIFA World Cup(TM) Gala Berlin – Absage

Das Team der Gala-Organisatoren verschickte die nachfolgend vollständig zitierte Absage an die Darsteller, die sich an der Veranstaltung als Darsteller oder Helfer beteiligen wollten.

2006 FIFA World Cup(TM) Gala Berlin

Absage

>> FIFA sagt die 2006 FIFA World Cup(TM) Gala Berlin am 7. Juni im
>> Berliner Olympiastadion ab

>> Die Nachricht traf uns vom Produktionsteam der Gala am Freitag, den 13. vollkommen unerwartet. Um 12 Uhr erfuhren wir von den Gerüchten, zwei Stunden später war es gewiss. Denn um 14 Uhr veröffentlichte die FIFA die Pressemitteilung, in der sie ihre Entscheidung bekannt gab: „Aufgrund einer erneuten eingehenden Analyse für die erfolgreiche Verlegung eines neuen Rasens nach der Durchführung der für den 7. Juni 2006 im Berliner Olympiastadion geplanten Gala der FIFA WM 2006 kam die FIFA zum Schluss, die Veranstaltung abzusagen.“ Der neue Rasen müsse am 12. Juni in perfekter Spielqualität zur Verfügung stehen, was nicht ohne erhebliche Risiken möglich sei.

In der Pressemitteilung heißt es auch: „Die FIFA möchte sich ausdrücklich bei der Stadt Berlin, allen Mitwirkenden und insbesondere bei den 15.000 Freiwilligen bedanken, die sich mit Enthusiasmus und grosser Freude eingebracht haben. Die FIFA wird sich in geeigneter Form für dieses Engagement erkenntlich zeigen.“ In welcher Form das sein wird, wissen wir noch nicht. Die vollständige Pressemitteilung findet ihr unter der Internetadresse, unter der ihr euch als freiwillige Darsteller und Helfer beworben habt: www.FIFAworldcup.com/gala.

Wir müssen diese traurige Nachricht leider bestätigen. Es fiel uns zunächst selbst schwer, diese plötzliche Wendung zu glauben. Aber Hoffnungen, es handle sich dabei nur um ein Missverständnis oder eine schwierige, aber vorübergehende Produktionsphase, bestehen nicht. Der Auflösungsvertrag mit der FIFA wurde am Donnerstag, den 12. Januar unterschrieben.

Zu den „eigentlichen“ Gründen der FIFA-Entscheidung konnten wir während der letzten Tage vieles aus den Medien erfahren. Auch André Heller hat am Wochenende verschiedene Interviews zu den Umständen der Absage gegeben. Er wurde von der Entscheidung der FIFA ebenso überrascht und ist enttäuscht wie ihr und wir. Allerdings trat er vielen Spekulationen über die angeblichen Beweggründe der FIFA überzeugend entgegen. So stimmt es beispielsweise nicht, dass das künstlerische Konzept bei der FIFA durchgefallen sei. Die Auftraggeber bei FIFA und OK Deutschland haben die Pläne schon Mitte letzten Jahres abgesegnet und wurden regelmäßig über den Entwicklungsstand der Gala auf dem Laufenden gehalten. Das Produktionsbudget wurde ebenfalls nicht überschritten. Und da der Kartenverkauf gerade erst begonnen hat, sind auch nicht die Verkaufszahlen der Grund für die Absage. Was alle für einen Vorwand halten, entspricht tatsächlich der Wahrheit: Keiner konnte und wollte die 1000prozentige Sich erheit dafür gewährleisten, dass der Rasen am 12. Juni zum Training der brasilianischen Nationalmannschaft unversehrt zur Verfügung stehen würde.

Eines steht ganz sicher fest: Dass sich so viele Berliner und Brandenburger als freiwillige Darsteller oder Helfer beworben haben, begeisterte alle. Eure Einsatzfreude wirkte selbst auf Skeptiker und Miesepeter ansteckend. Und die vielen schönen Erlebnisse während eurer Einsätze und Auditions waren auch für uns vom Team der 2006 FIFA World Cup(TM) Gala Berlin eine unvergessliche Erfahrung. Der erste Schritt zur Gala war schon eine Erfolgsgeschichte. Ihr wart dabei. Und es bricht uns das Herz, dass diese viele Energie nun ungenutzt verpufft. Wir können eure Enttäuschung darüber sehr gut verstehen.

Bitte habt Verständnis, dass wir uns erst heute in diesem ersten kurzen Newsletter zur Absage der Gala äußern. Diese Situation ist neu und unerwartet für uns. In den nächsten Wochen wird sich herausstellen, in welcher Form sich die FIFA euch gegenüber erkenntlich zeigen will. Bis dahin

Herzliche Grüße

Euer Team der

2006 FIFA World Cup(TM) Gala Berlin

Ich finde es auch sehr schade, auch wenn ich selbst nicht daran teilgenommen hätte. Allenfalls in einer Kneipe vor dem Fernseher.

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Einfache Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft schreibt mir in einer Sache, in der ich mich bereits als Verteidiger gemeldet und meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung (nur) anwaltlich versichert hatte:

In dem Ermittlungsverfahren
gegen H.
wegen Vortäuschens einer Straftat
wird um Übersendung einer Vollmacht des Herrn H. gebeten. Es ist hier beabsichtigt, einen Strafbefehl zu beantragen.

Na, toll. Ist doch ganz einfach: Wenn ich denen jetzt keine Vollmacht schicke, wird kein Strafbefehl beantragt und das Verfahren eingestellt.

Oder habe ich da was flasch verstanden?

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Erfreulich

Schöne Werbung (Java – öffnet eine neues Fenster)

Quelle:
Tagesspiegel Fotostrecken

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Mehr als Nichts

Die Rechtsmittelrücknahme ist das Ergebnis eines komplexen aktiven Vorgangs, nämlich des Nachdenkens über das Ob der Rechtsmittelrücknahme, des Entscheidens für die Rechtsmittelrücknahme und des Verfügens der Durchführung der Rechtsmittelrücknahme. Damit nicht genug. Dem schließen sich weitere Aktivitäten im Büro des Verteidigers an, nämlich das Schreiben des Verfügten, das Unterschreiben des Geschriebenen und das Verbringen oder Versenden des Unterschriebenen ans Gericht.

schreibt Rechtsanwalt Werner Siebers in seinem Weblog unter dem Titel Verteidigergebühren bei Rechtsmittelrücknahme

Dass dieser komplette Gesamtvorgang mehr als Nichts ist und eine Aktivität, die das Verfahren fördert, drängt sich auf, …

Unter anderem mit diesen – zugegeben: pointiert ausgewählten – Sätzen stellt er sich einem Beschluß des Landgericht Göttingen v. 20. 12. 2005, 2 KLs 4/05, zutreffend entgegen, das meint, eine Revisionsrücknahme durch den Verteidiger stelle keine „Mitwirkung“ am Verfahren dar.

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Umtrunk bei Lehrers

19.12.2005

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hiermit möchte ich ankündigen, dass am Mittwoch, den 21.12.2005 um 12.45 Uhr ein kleiner Umtrunk mit Orangensaft im Lehrerzimmer geplant ist.

Schulleiter

Ich sage da jetzt mal nichts zu.

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Teure Wurst

Keine Extra-Würste für Häftling

titelt der Tagesspiegel

1000 Euro Geldbuße muss ein Justizbeamter zahlen, weil er einen Häftling im Moabiter Gefängnis unerlaubt mit Lebensmitteln versorgte.

Im Herbst 2003 hatte der inzwischen versetzte Beamte dem Gefangenen Schinken, Spargel, Currywürste oder Brotsorten besorgt, die im Gefängnis nicht zu kaufen waren.

Viel Geld für

Die Extrawurst
ein armes Würstchen.

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Das Mißtrauen der Promarkt Online GmbH

Ich kann’s ja irgendwo verstehen, daß man Rechtsanwälten nicht alles glaubt und ihnen mißtrauisch gegenüber tritt. Aber das Geschäftsgebahren der Promarkt Online GmbH macht mich nachdenklich.

Gestern habe ich im online shop von Promarkt einen Drucker für meine Kanzlei bestellt. Auftragswert knappe 300,00 EUR. Vor ein paar Wochen oder Monaten habe ich schon einmal dort online eingekauft. Diesmal habe ich brav meine Kreditkarten-Daten – inklusive der Prüfnummer – mitgeteilt.

Heute morgen bekomme ich eine eMail. Ohne Gruß und ohne Anrede wird meine Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen:

Um die Sicherheit bei Kreditkartenzahlungen in unserem Shop zu erhoehen fuehren wir gelegentlich Sicherheitsabfragen durch.
Wir moechten Sie daher bitten uns innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt dieser eMail, eine gut leserliche beidseitige Kopie Ihres Personalausweises zu senden.
Bitte faxen Sie diese Unterlagen unter Angabe der Auftragnummer an 030 – 78780 – 758 oder als pdf.Datei an finance.admin@promarkt.de.

Sollte diese Abfrage nicht in Ihrem Sinne sein, koennen Sie die Zahlungsform auf Nachnahme oder Vorkasse aendern. Bei Aenderung auf Vorkasse ueberweisen Sie den Rechnungs- betrag auf unser Konto der WestLB AG in Duesseldorf:

ProMarkt Online GmbH
Kto.: 6000798
BLZ: 30050000

Als Verwendungszweck geben Sie bitte folgendes an:

ANR A329450
KNR 738737

Im Sinne einer zuegigen elektronischen Verarbeitung bitten wir Sie, diese Schreibweise einzuhalten, am besten kopieren Sie den Verwendungszweck aus der Mail in Ihren Ueberweisungsbeleg.

Sobald der Zahlungseingang erfolgt und die Ware auf Lager vorraetig ist, veranlassen wir eine Freigabe Ihrer Bestellung zur Auslieferung.

Diese Ueberpruefung ist notwendig, um einen Missbrauch Ihrer Daten zu verhindern.

Sollten wir innerhalb einer Woche keine Rueckmeldung von Ihnen erhalten, koennen wir Ihren Auftrag leider nicht ausfuehren.

Wir hoffen, dass diese Sicherheitsabfrage in Ihrem Sinne erfolgt.

Vielen Dank !
Mit freundlichen Gruessen

Ihr ProMarkt Online-Team

Diese E-Mail wurde von ProMarkt Online am 16.01.06 um 11:43:29 automatisch gesendet.

Ich habe die Vorkasse geleistet, damit ich den Drucker so schnell wie möglich bekomme. Nachdem ich mir selbst den Kaufpreis und die Versandkosten herausgerechnet habe.

Weiterempfehlen kann ich den Laden nicht. Guter Service geht anders.

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