Monatsarchive: Februar 2006

Weblogs als Litfaßsäulen

Ich bedanke mich bei dem Blawg, in dem ich gestern einen spannenden Beitrag lesen wollte. Nicht für den Beitrag, nein. Sondern die Erinnerung daran, daß am 14. Februar Valentinstag ist und daß ich bei Amazon die entsprechenden Accessiores dafür einkaufen kann.

Aber ich bedaure den Kollegen, daß es ihm wirtschaftlich soooo schlecht geht und er mit Werbung in seinem ansonsten lesenswerten Weblog sein Geld verdienen muß.

Auf meine Seiten kommt das pestoide Zeug nicht – auch nicht, wenn ich vorher wegen Vermögensverfall meine Zulassung zurückgeben müßte.

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Sparsam

Winfried Steinert vom Bundeselternrat meint:

Ein Jahr mehr frühkindliche Bildung kostet 4.000 Euro, ein Monat Jugendknast 8.000 Euro.

Quelle: taz vom 13.2.06 GESAGT IST GESAGT

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Verteidigung gegen GEZ – Abzocke

Angeregt durch den Artikel im Spiegel über die bevorstehende GEZ-Abzocke und die dadurch in Gang gesetze erneute Diskussion (z.B. hier bei Udo Vetter) ist mir folgender Gedanke gekommen, welchen Gegenmaßnahmen denkbar sind.

Stufe 1

Zunächst einmal könnte der grundsätzlich Gebührenpflichtige sämtliche Aufforderungen der GEZ, seine Rechner, Handys, Autoradios und sonstiges elektronische Gerümpel anzumelden, schlicht ignorieren.

Stufe 2

Dem Besucher von der GEZ an der Kanzlei- oder Wohnungstür würde wortlos, aber freundlich der Weg nach draußen gewiesen.

Stufe 3

Durch den Abgleich aller zur Verfügung stehenden Daten käme die GEZ zum Schluß, der Pflichtige verheimlicht vorsätzlich oder fahrlässig etwas, was er nach den gesetzlichen Vorschriften eigentlich anmelden müßte. Die Landesrundfunkanstalt würde dann den Antrag nach § 9 Absatz 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags stellen, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Dem Pflichtigen würde dann ein Bußgeld von 5,00 EUR bis zu 1.000,00 EUR drohen. Es erginge dann ein Bußgeldbescheid, z.B. beim Ersttäter über 100,00 EUR.

Stufe 4

Der Pflichtige könnte dann Einspruch einlegen, ohne ihn zu begründen; er würde sich sich erst einmal durch Schweigen verteidigen. Irgendwann würde das Verfahren dann vor dem zuständigen Amtgericht landen, das dann den Termin zur Hauptverhandlung anberaumen müßte. In diesem Termin würd dann Beweis erhoben über die Frage, ob der Pflichtige tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, die Gebühren zu zahlen. Die Kosten für das Verfahren übernähme ggf. ein Rechtsschutzversicherer.

An dieser Stelle wird es spannend. Geht man einmal mit dem Spiegel von den 800.000 Freiberuflern aus, die diesen Weg bestreiten, bedeutet das die Schaffung einer drei- bis vierstelligen Anzahl von neuen Arbeitsplätzen – bei den Gerichten, nur um die GEZ-Abzocke zu bearbeiten.

Daneben gibt es Millionen von weiteren PC- und Handy-Nutzern … auf die laut Spiegel zutreffen könnte:

dass die Änderungen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag die Zahlungsmoral noch weiter untergraben – wer sich ungerecht behandelt fühlt, entwickelt kein Unrechtsbewusstsein für das eigene Handeln.

Deswegen meine ich, die ganze Aufregung ist nicht notwendig. Einfach mal kommen lassen, die Herrschaften von der GEZ. Dann sehen wir – zivil ungehorsam – weiter.

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Qualität statt Technik

Ich hätte es nicht geglaubt: Es gibt tatsächlich Spitzenverteidiger, denen man keine Akten per eMail übermitteln oder zum download anbieten kann – weil sie keinen eMail-Anschluß (und keine Internet-Präsentation) unterhalten. Es geht also doch noch ohne Technik.

Aber nicht mehr lange. 2006 sei das Jahr, in dem das Internet auch in seiner Kanzlei Einzug halten werde, berichtete mir gestern abend der fröhliche Kollege. Ich bin sicher, daß die Qualität keinen Schaden nehmen wird.

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Heute beim Haftrichter

Es ging unter anderem um die Frage, ob Fluchtgefahr vorliegt oder nicht. Die Staatsanwaltschaft hat vorgetragen, mein Mandant verfüge nicht über eine gefestigte familiäre Bindung. Mein Mandant hat dies bestritten. Der Richter entgegnete ihm:

So ganz ist das ja nun nicht von der Hand zu weisen, was der Staatsanwalt da behauptet. Denn Ihre Frau wird Sie nun bestimmt nicht mehr so richtig mögen, oder sehe ich das falsch?.

Dem Mandanten wird versuchter Mord und (lebens-)gefährliche Körperverletzung vorgeworfen; Geschädigte ist besagte Ehefrau.

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Neue Software zum Abfassen von Urteilen

Richter v1.0.3 pro

Features:
Automatische Erfassung eingegangener Klagen per E-Mail oder manuell per Scanner.
Intelligente Extraktion der Klagepunkte
Automatische Recherche in den Jura-Datenbanken
Abgleich mit Präzendenzfällen aus der Datenbank – stündlich online aktualisiert!
Tausende vorformulierte Textbausteine von Profi-Richtern

Individual-Random Technologie:
Wenn das erstellte Urteil noch nicht gefällt kann es durch intelligente Mutationsverfahren solange umgestellt werden, bis es Ihnen zusagt. Die Software erlernt nebenbei Ihre Urteilsmethoden und -gewohnheiten

Patentiertes 1-Klick-Urteil:
Die Software erstellt automatisch ein Pro- und Contra-Urteil. Sie entscheiden den Fall mit einem Klick!

Neu:
erweiterte Voreinstellungen: von liberal bis gnadenlos in 255 Schritten einstellbar
Plugin für Google – Schnelle Erstellung von Gutachten inkl. Rechnungsstellung für das selbsterstellte Gutachten

0-Klick-Urteil:
Basierend auf Ihren bisherigen Urteilen kann die intelligente Software auch allein entscheiden. Ideal, wenn Sie mal nicht zu Hause oder im Gericht sind.

Quelle: Creatoure im Heiseforum zum Thema: Elektronischen Gerichtsverfahren soll künftig Vorrang eingeräumt werden

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Katechismus für Strafverteidiger

nennt Udo Vetter in seinem lawblog das Handbuch des Strafverteidigers von Hans Dahs.

Recht hat der Kollege. Ich glaube nicht, daß es einen ernst zu nehmenden Verteidiger gibt, der den Dahs noch nicht in der Hand gehabt hat. Aber auch für strafrechliche Laien ist das Buch eine Fundgrube.

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Der freche Gerichtsvollzieher

Ich hatte seinerzeit den Gerichtsvollzieher aus Halle mit der Vollstreckung einer Zahlungsforderung beauftragt. Bis auf einen Restbetrag in Höhe von knapp 50 EUR war der Auftrag auch erfolgreich.

Dann habe ich den selben Exekutor mit der Beitreibung der Restforderung beauftragt. Nun bekomme ich Post aus Halle:

teile ich mit, dass eine Beitreibung der 49,88 EUR leider nicht mehr erfolgen kann, da der Titel seinerzeit an die Schuldnerin ausgehändigt wurde.

OK, dann hat er wohl einen Fehler gemacht, der Vollstrecker. Wäre ja nicht weiter schlimm. Nur: Daß er mir für diese obige Mitteilung seiner Schlampigkeit eine Kostenrechnung

05,00 EUR Gebühren KV 100-102, 600
04,00 EUR Dokumentenpauschale KV 700
03,00 EUR Pauschale KV 713
11,02 EUR AuslagenKV 701-710

—————————————

23,20 EUR Summe

stellt, finde ich echt frech.

Was dazu wohl die Dienstaufsicht sagt.

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Der Lippstädter Tanz um die Vollmacht

Es wird immer spannender in dem weltbewegenden Rechtsstreit vor dem AG Lippstadt.

Ich hatte hier bereits über die Reaktion eines Richters am AG Lippstadt berichtet, der die Vorlage einer schriftlichen Verteidiger-Vollmacht verlangte, damit die Rücknahme eines Einspruchs durch den Verteidiger überhaupt wirksam sein könne.

Auf diesen Unsinn habe ich dann mit einer förmlichen Beschwerde reagiert. Darüber habe ich hier berichtet.

Die Reaktion aus Lippstadt hat mich fast umgehauen. Das Amtsgericht schreibt mir, es helfe der Beschwerde nicht ab. OK, damit habe ich gerechnet.

Aber damit nicht: Der Richter gibt meine Beschwerde aber auch nicht weiter, damit das Beschwerdegericht darüber entscheiden kann. Er will prüfen, ob die Beschwerde Erfolg haben kann und er stellt mir anheim, die Beschwerde zurück zu nehmen, weil ja mit einer Entscheidung durch das Landgericht weitere Kosten und Auslagen verbunden seien. Hä??

Was sollte ich nun machen? Ich habe dann erst einmal eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, weil ich meine, der Richter will bewußt verhindern, daß das Landgericht seine Entscheidung aufhebt. Das gleichzeitig eingereichte Ablehnungsgesuch („Befangenheitsantrag“ sagt der Richter später mal dazu) sollte mein Schreiben abrunden.

Jetzt hat sich der Richter nun erst Recht richtig festgebissen und versteigt sich in folgender Erwiderung.

Er schreibt mir, ich hätte am 12.12.2005 beantragt, den Termin am 26.01.2006 wegen einer Terminskollision zu verlegen. Das ist richtig.

Dazu hätte ich mich auf eine Ladung vor das Amtsgericht Mitte berufen. Auch das ist zutreffend.

Da der Richter aber recht mißtrauisch war, sollte ich ihm meine Ladung zusenden. Das habe ich dann auch gemacht. Allerdings war es nicht das AG Mitte, sondern das AG Potsdam, zu dem ich geladen wurde. Meine Mitarbeiterin hatte sich vertippt.

Diese meine Ungeheuerlichkeit nimmt der Richter nun zum Anlaß, beim AG Potsdam anzurufen, um meine Angaben im Nachhinein noch zu überprüfen. Tja, und dort erfuhr er doch glatt, daß weder ich, noch mein Mandant zu diesem Termin erschienen waren.

Damit war für den Richter klar wie Kloßbrühe. daß der Termin am 26.01.2006 beim Amtsgericht Lippstadt an sich nicht hätte verlegt müssen. (Für meinen Mandanten war kurzfristig der Termin in Potsdam entbehrlich geworden.)

Und nun kommt der Griff in die Trickkiste:

Nach dem sich Ihre Sachangaben nicht als vollständig belastbar erwiesen haben, sehe ich mich außerstande, allein ihre anwaltliche Versicherung zum Nachweis der nach §§ 71 OWIG iVm §§ 410 Abs. 1, 302 StPO erforderlichen Rücknahmebevollmächtigung als ausreichend anzusehen.

Über meinen „Befangenheitsantrag“ will er „zeitnah entscheiden„. Er weist mich dann noch darauf hin, daß die Dienstaufsicht gegenüber Richtern nicht im Amtsgericht Lippstadt, sondern beim Präsidenten des Landgerichts Paderborn geführt werde. Aha.

Also: Meine förmliche Beschwerde hält er zurück. Das Ablehnungsgesuch schiebt er vor sich her. Und die Dienstaufsichtsbeschwerde legt er auch nicht der zuständigen Stelle vor. Das ist nur konsequent. Die BGH- und OLG-Entscheidungen zur Vollmacht ignoriert er, was interessiert ihn denn da noch das sonstige Prozeßrecht. Lex Ammermann, das scheint allein zu zählen.

Jetzt findet am 2.2.06 vor dem AG Lippstadt ein Termin statt, zu dem wahrscheinlich Zeugen geladen wurden. Der Betroffene und der Verteidiger werden – wahrscheinlich – nicht erscheinen. Der Richter muß den Einspruch verwerfen, den ich im Auftrag meines Mandanten bereits zurück genommen hatte.

Wenn jemand in der Nähe ist, kann er ja hingehen:

Der Termin ist bestimmt auf Donnerstag, 02.02.2006, 11.00 Uhr vor dem Amtgericht Lippstadt, Lipperoder Straße 8, Erdgeschoß-Zimmer Nr. Saal II.

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Polizisten erschießen Geisterhinker

Gestern kam eine Polizeimeldung über die Ticker: „Polizisten erschießen hinkende Pute auf der A 1 bei Münster.“ Na klasse. Das haben unsere Sheriffs ja toll hingekriegt: Behinderte Vögel abknallen. Nur weil sie von einem Tiertransporter fallen und orientierungslos über die Autobahn humpeln – als Geisterhinker quasi. Und dann heißt es auch noch: „Die Beamten erschossen die Pute ,in einem günstigen Moment‘ am Fahrbahnrand.“ Schießen auf bewegte Puten kommt wohl erst nächstes Jahr in der Polizeischule Münster.

Quelle: taz vom 2.2.06 – gurke des tages

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