Monatsarchive: Juli 2006

Eine weitere Ohrfeige für die Strafverfolger

kommt aus Karlsruhe in Form des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2006 – 2 BvR 2030/04 –:

Bundesverfassungsgericht rügt vorschnelle Wohnungsdurchsuchung bei unzureichender Verdachtsgrundlage

Die Verfassungsbeschwerde eines Unternehmers gegen die gerichtliche Anordnung der Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume wegen Verdachts der Steuerhinterziehung war erfolgreich. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die Durchsuchungsanordnung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletze. Der empfindliche Eingriff einer Wohnungsdurchsuchung dürfe nicht vorschnell und auf unzureichender Verdachtsgrundlage angeordnet werden.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer betrieb ein einzelkaufmännisches Unternehmen in einer von seiner Ehefrau gemieteten Halle. Im Rahmen einer Betriebsprüfung gab der Beschwerdeführer an, dass die Mittel für die Errichtung der Halle aus einem Darlehen seines Schwiegervaters stammten, der das Geld aus einem Grundstücksverkauf erlöst habe. Da die anschließende Überprüfung der Steuererklärungen des Schwiegervaters die Herkunft des Geldes nicht klären konnte, nahm die Finanzbehörde an, dass das Geld aus nicht versteuerten Einnahmen des Beschwerdeführers stammte. Nach Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ordnete das Amtsgericht unter anderem die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers an. Eine nach der Durchsuchung eingelegte Beschwerde verwarf das Landgericht.

Als die Ermittlungsbehörde bei einer späteren Durchsuchung der Wohnräume des Schwiegervaters feststellte, dass dieser aus Grundstücksverkäufen 1.848.000 DM erlöst hatte, wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt. Die gegen die Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume gerichtete Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers war erfolgreich.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verdachtsgründe reichten allenfalls sehr geringfügig über bloße Vermutungen und vage Anhaltspunkte hinaus. Allein der Umstand, dass anhand der Steuererklärungen nicht festgestellt werden konnte, dass der Kapitalbetrag dem Schwiegervater als versteuertes Einkommen zugeflossen war, genügt nicht zur Begründung eines Tatverdachts gegen den Beschwerdeführer. Es bleiben zu viele Varianten offen, die nicht auf von dem Beschwerdeführer begangene Straftaten hindeuten. Insbesondere hatte der Beschwerdeführer den Finanzbehörden eine plausible Möglichkeit benannt, die zu einem steuerfreien Zufluss in das Vermögen des Schwiegervaters führen konnte, nämlich die Veräußerung von Grundstücken. Es war Aufgabe der Ermittlungsbehörden, die plausible Angabe über die Herkunft des fraglichen Betrages zunächst ohne empfindliche Grundrechtseingriffe zu überprüfen. Zwangsmaßnahmen durften erst dann in Betracht gezogen werden, wenn sich die Angabe als falsch oder nicht überprüfbar erwiesen hätte.

Selbst wenn man von einem Verdacht der Steuerhinterziehung ausginge, war die angeordnete Durchsuchung jedenfalls unverhältnismäßig. Zur Aufklärung der Herkunft des Geldes hätten andere Mittel zur Verfügung gestanden, die gar nicht oder weniger empfindlich in Grundrechte des Beschwerdeführers oder anderer Grundrechtsträger eingegriffen hätten. Es ist nicht zu erkennen, weshalb die Ermittlungsbehörden den Angaben des Beschwerdeführers zur Herkunft des Geldes nicht nachgegangen sind, bevor sie eine Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen veranlasst haben. Es mag für die Ermittlungsbehörden mühevoller sein, durch Auskunftsersuchen beim Grundbuchamt oder der Bank und durch Zeugenvernehmungen die Hinweise auf ein strafbares Verhalten zu überprüfen; der hohe Wert der Integrität der Wohnung verlangt jedoch diese Mühewaltung, bevor ein empfindlicher Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zulässig sein kann.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts

Einmal mehr wird deutlich, daß Ermittlungsbehörden und -gerichte die Verfassungsrechte des Bürgers oftmals nicht kennen. Insbesondere dann, wenn es um Steuern geht, scheint der Grundsatz zu gelten: In dubio pro fiscus.

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Bahnreisen zu Mondpreisen

Für die Hin- und Rückreise von Berlin nach Frankfurt (Oder) mit dem Regional-Express verlangt die Bahn 12,60 Euro. Damit ich in der ersten Klasse sitzen (und auf dem Weg zum Gericht arbeiten) kann, bezahle ich weitere 2,50 Euro. Das sind also 15,10 Euro.

Heute habe ich für die Rückfahrt zufällig den Waschau-Express von Frankfurt (Oder) zum Berliner Ostbahnhof erwischt. Der freundliche Schaffner akzeptierte allerdings meinen Rückfahrschein nicht.

Ich mußte eine neue Fahrkarte kaufen. Das hat dann 20,50 Euro gekostet. Mit einer Bahncard 50.

Wenn ich das mal hochrechne für den Normalfall (ohne Rabatte), sind das 41,00 Euro für die einfache und 82,00 Euro für Hin- und Rückfahrt – Gesamtfahrstrecke rund 200 km. Die Fahrtzeit ist in beiden Varianten in etwa die gleiche.

Nur nebenbei:
Der Warschau-Express hatte Verspätung.
Dafür war der Sonnenschutz abmontiert, so an ein Arbeiten mit den Notebook fast nicht zu denken war.
Aber es war ja auch keine Steckdose an Bord.
Und beim Verlassen des Zuges ist mir speiübel geworden, weil ich an der Toilette vorbei gehen mußte.
Im Internet ist es nicht möglich, einen Preisvergleich zwischen Regional-Express und anderen Zügen anzustellen, da für die Regional-Verbindungen keine Preisauskunft erteilt wird.

Wundert sich hier noch irgend jemand über rückläufige Fahrgastzahlen bei dem Staatsmonopolisten?

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Blogpause bis Montag

Davon sind auch die Kommentare betroffen, die ich nicht moderieren kann. Sorry, das muß jetzt sein. Im- Kreis-Fahren in Brno macht einfach mehr Spaß als Bloggen. Und solange zweistellige Euro-Beträge für 1 MB per UMTS/GPRS von den tschechischen Telefongesellschaften verlangt werden (können), bleibt das Notebool eben offline.

Ciao! ;-)

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Fernsehen macht frei!

meint die taz:

Nach einem Pressetermin im britischen Gefängnis Feltham im Westen Londons strahlte der Sender ITV in seinen Nachrichten detailgetreue Bilder vom Generalschlüssel der Haftanstalt aus. Nun befürchten die Behörden, dass versierte Unterweltkräfte den Generalschlüssel nachbauen. Deshalb müssen jetzt sämtliche 11.000 Schlösser und 3.200 Schlüssel des Riesenknastes ausgewechselt werden, wie der Guardian gestern berichtete. Das kostet die Steuerzahler umgerechnet schlappe 375.000 Euro.

Quelle: taz vom 6.7.2006, S. 16

Es gibt also wohl doch noch den einen oder anderen Grund, ein Fernsehgerät zum Empfang bereit zu halten. Wenn man im Knast sitzt jedenfalls.

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Kleiderordnung beim Gericht

Grundsätzlich ist es mir egal, wie sich die Zeugen kleiden, wenn sie vor Gericht erscheinen. Heute morgen allerdings empfand ich das Outfit des Zeugen als völlig unangemessen.

Der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts (der die Hauptverhandlungstermine gewissenhaft so gelegt hatte, daß er kein Fußballspiel verpassen konnte) übrigens auch. Und er machte in dem voll besetzten Saal keinen Hehl daraus:

Herr Zeuge, meinen Sie nicht, daß das Trikot der italienischen Fußballmannschaft heute ein wenig deplaziert sein könnte?

Es war glücklicherweise kein Zeuge der Verteidigung. ;-)

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Mietvertrag zwischen Strafrechtlern

Es geht um ein Schließfach im Anwaltszimmer des Kriminalgerichts.

Der Mietvertrag wird geschlossen für den Zeitraum vom 11.11.05 bis 11.11.06.

OK, befristeter Mietvertrag und zwar ohne automatische Verlängerung. Das verstehe ich noch.
Weiter unten heißt es dann aber:

Der Vertrag kann von den beiden Vertragspartnern unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

Bahnhof!? Nun doch eine Verlängerung? Oder darf ich schon vor dem 11.11.06 kündigen? Ich werde dann besser ‚mal einen Fachanwalt für Schließfachmietrecht zu Rate ziehen.

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Italiener ärgern: Pizza bestellen – heute um 21.00 Uhr!

Aufruf der taz vom 4.7.2006, S. 16:

So ärgern wir heute Abend die Italiener: Um 21 Uhr Pizza bestellen!

Altenmarkt an der Alz: Tel. 08621/509719
Berlin – Friedrichshain: Tel. 030/2917649
Berlin – Kreuzberg: Tel. 030/6933087
Berlin – Prenzlauer Berg: Tel. 030/4447041
Berlin – Reinickendorf: Tel. 030/4142007
Bremen: Tel. 0421/489955
Bruckmühl: Tel. 08062/728200
Dresden – Löbtau Nord: Tel. 0351/4161699
Dresden – Löbtau Süd: Tel. 0351/4220886
Dresden – Pieschen: Tel. 0351/8495858
Dresden – Reick: Tel. 0351/2816635
Dresden – Striesen: Tel. 0351/4416062
Erfurt – Altstadt: Tel. 0361/6017773
Flensburg: Tel. 0461/9789298
Freiburg: Tel. 0761/5099999
Gera: Tel. 0365/8321202
Halle (Saale): Tel. 0345/2907492
Hamburg – Altona: Tel. 040/82298755
Hamburg – Schnelsen: Tel. 040/5592047
Hamburg – Fuhlsbüttel: Tel. 040/505050
Hannover: Tel. 0511/345678
Karlsruhe: Tel. 0721/849419
Kiefersfelden: Tel. 08033/609696
Köln: Tel. 0221/2825666
Leipzig – Connewitz: Tel. 0341/3028152
Leipzig – Gohlis: Tel. 0341/5640021
Leipzig – Paunsdorf: Tel. 0341/2523003
Leipzig – Plagwitz: Tel. 0341/4803688
Ludwigsfelde: Tel. 03378/209767
München – Germering: Tel. 089/845096
München – Schwabing: Tel. 089/525001
Münster: Tel. 0251/761415
Oldenburg: Tel. 0441/73017
Oranienburg: Tel. 03301/579572
Potsdam: Tel. 0331/8887899
Regensburg: Tel. 0941/49642
Rosenheim: Tel. 08031/37041
Rostock: Tel. 0381/6372002
Saarbrücken: Tel. 0681/5849880
Stralsund: Tel. 03831/666933
Stuttgart: Tel. 0711/4860212
Wolfsburg: 05363/808949

Guten Appetit! :-)

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Zeuge mit Aktenkenntnis

Der Zeuge, der den Angeklagten wegen versuchten Betruges angezeigt hatte, stand vor dem Tisch der Strafrichterin. Ihm wurde ein Schriftstück aus der Akte gezeigt, zu dem er befragt wurde. Als er die Fragen nicht beantworten konnte, begann er, in der Gerichtsakte zu blättern. Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß ihm das nicht gestattet sei. Mit Widerwillen hat er es daraufhin dann auch gelassen. Nicht allerdings, ohne mir frech zu entgegnen:

Ich weiß gar nicht was sie wollen, ich kenne die Akte doch sowieso!

Ja, hallo?! Ich frage mich, woher kennt der denn die Akte? Soweit ich unsere Strafprozeßordnung kenne, dürfte ein Zeuge die Akte wohl als allerletzter einsehen, wenn überhaupt.

Nun denn, vielleicht lag es daran, daß der Zeuge (noch) Richter am Verwaltungsgericht ist, das im gleichen Haus wie das Strafgericht liegt.

Der Angeklagte wurde freigesprochen.

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Neues Weblog: Motorradrecht

Wir haben für den zweiten Schwerpunkt unserer Kanzlei – der erste ist das Strafrecht – ein eigenes Weblog eingerichtet: Motorradrecht. Neben den üblichen Blogbeiträgen wird dort auch versucht, das „Rechtsgebiet Motorradrecht“ zu definieren und ein wenig einzugrenzen.

Das Blog richtet sich an den gemeinen Moppedfahrer, ist also nicht unbedingt für juristische Schlipsträger bestimmt, die streng wissenschaftliche Arbeit erwarten. Sie sind gleichwohl eingeladen, sich dort ein wenig zu entspannen.

Die Rubrik „Motorradrecht“ wird hier stillgelegt.

Danke an Matthias Klappenbach, dem Macher der Jurablogs, für die schnelle Aufnahme von „Motorradrecht“ in den erlauchten Kreis der juristischen Weblawgs.

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Die GEZ fragt noch einmal

Mein Mandat ist meinem Rat gefolgt, den ich ihm erteilt hatte, als die GEZ zum ersten Male fragte. Deswegen hat er wohl auch noch einmal Post von der GEZ bekommen. Diesmal bitten die Gebühreneintreiber den Mandanten

erneut, uns den ausgefüllten ausgefüllt zurückzusenden. Alles andere kostet nur zusätzlich Zeit, Geld und Mühe.

Ok, wenn das alles nur Zeit, Geld und Mühe kostet: Warum lassen die meinen Mandanten nicht in Ruhe? Ist doch ganz einfach. Oder habe ich das etwas flasch [tm] verstanden?

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