Bundespolizei überlastet und der Jagdinstinkt der Amtsanwaltschaft

Ich bin in einer gewaltigen Strafsache als Pflichtverteidiger beigeordnet worden und habe die 68 Seiten starke Ermittlungsakte einsehen können. Sechs Zeugen sind benannt, vier davon wurden vernommen, zwei sind zur Vernehmung nicht erschienen.

Bevor die umfangreichen Ermittlungen begonnen haben, teilte die Bundespolizei per Aktenvermerk mit, daß sie hoffnungslos überlastet sei. Trotzdem wurde auf Weisung der Amtsanwaltschaft knallhart durchermittelt. Die zwischenzeitlich angeklagte Tat eignete sich Mitte April 2005, also vor gut einem Jahr.

Es geht um Folgendes: Zwischen zwei völlig betrunkenen und bekifften Verwandten kam es auf einem S-Bahnhof zum Streit, man schubste sich gegenseitig, dabei viel einer der beiden um und mit dem Kopf auf den Boden. Anschließend lag man sich wieder in den Armen.

Zwischen den beiden war die Sache erledigt, die Amtsanwaltschaft macht aber ein richtiges Faß auf. Vielleicht haben manche Amtsanwälte ja Langeweile …

Ich freue mich schon auf die Beweisaufnahme: Sechs zivile Zeugen, der Notarzt, die Rettungssanitäter und die Polizeibeamten. Zudem noch ein medizinischer Sachverständiger, der zur Frage der Schuldfähigkeit Stellung nehmen wird.

Dann (hoffentlich) der Freispruch, weil die Tat durch Notwehr gerechtfertigt ist. Die Kosten des Verfahrens wird die Landeskasse (vulgo: Der Berliner Steuerzahler) zu tragen haben. Leider nicht der – anscheinend verfolgungssüchtige – Amtsanwalt.

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2 Antworten auf Bundespolizei überlastet und der Jagdinstinkt der Amtsanwaltschaft

  1. 1

    Staatsanwaltschaft: Die Kavallerie der Justiz – schneidig, verwegen und unheimlich d… – gilt eben auch für Amtsanwälte.

  2. 2
    Ferdinand Jost says:

    Ich überlege schon seit geraumer Zeit es einmal mit einer Strafanzeige wegen Untreue zu versuchen, hier zum Nachteil des Landes Berlin. Wer wagt`s?