Der Lippstädter Tanz um die Vollmacht

Es wird immer spannender in dem weltbewegenden Rechtsstreit vor dem AG Lippstadt.

Ich hatte hier bereits über die Reaktion eines Richters am AG Lippstadt berichtet, der die Vorlage einer schriftlichen Verteidiger-Vollmacht verlangte, damit die Rücknahme eines Einspruchs durch den Verteidiger überhaupt wirksam sein könne.

Auf diesen Unsinn habe ich dann mit einer förmlichen Beschwerde reagiert. Darüber habe ich hier berichtet.

Die Reaktion aus Lippstadt hat mich fast umgehauen. Das Amtsgericht schreibt mir, es helfe der Beschwerde nicht ab. OK, damit habe ich gerechnet.

Aber damit nicht: Der Richter gibt meine Beschwerde aber auch nicht weiter, damit das Beschwerdegericht darüber entscheiden kann. Er will prüfen, ob die Beschwerde Erfolg haben kann und er stellt mir anheim, die Beschwerde zurück zu nehmen, weil ja mit einer Entscheidung durch das Landgericht weitere Kosten und Auslagen verbunden seien. Hä??

Was sollte ich nun machen? Ich habe dann erst einmal eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, weil ich meine, der Richter will bewußt verhindern, daß das Landgericht seine Entscheidung aufhebt. Das gleichzeitig eingereichte Ablehnungsgesuch („Befangenheitsantrag“ sagt der Richter später mal dazu) sollte mein Schreiben abrunden.

Jetzt hat sich der Richter nun erst Recht richtig festgebissen und versteigt sich in folgender Erwiderung.

Er schreibt mir, ich hätte am 12.12.2005 beantragt, den Termin am 26.01.2006 wegen einer Terminskollision zu verlegen. Das ist richtig.

Dazu hätte ich mich auf eine Ladung vor das Amtsgericht Mitte berufen. Auch das ist zutreffend.

Da der Richter aber recht mißtrauisch war, sollte ich ihm meine Ladung zusenden. Das habe ich dann auch gemacht. Allerdings war es nicht das AG Mitte, sondern das AG Potsdam, zu dem ich geladen wurde. Meine Mitarbeiterin hatte sich vertippt.

Diese meine Ungeheuerlichkeit nimmt der Richter nun zum Anlaß, beim AG Potsdam anzurufen, um meine Angaben im Nachhinein noch zu überprüfen. Tja, und dort erfuhr er doch glatt, daß weder ich, noch mein Mandant zu diesem Termin erschienen waren.

Damit war für den Richter klar wie Kloßbrühe. daß der Termin am 26.01.2006 beim Amtsgericht Lippstadt an sich nicht hätte verlegt müssen. (Für meinen Mandanten war kurzfristig der Termin in Potsdam entbehrlich geworden.)

Und nun kommt der Griff in die Trickkiste:

Nach dem sich Ihre Sachangaben nicht als vollständig belastbar erwiesen haben, sehe ich mich außerstande, allein ihre anwaltliche Versicherung zum Nachweis der nach §§ 71 OWIG iVm §§ 410 Abs. 1, 302 StPO erforderlichen Rücknahmebevollmächtigung als ausreichend anzusehen.

Über meinen „Befangenheitsantrag“ will er „zeitnah entscheiden„. Er weist mich dann noch darauf hin, daß die Dienstaufsicht gegenüber Richtern nicht im Amtsgericht Lippstadt, sondern beim Präsidenten des Landgerichts Paderborn geführt werde. Aha.

Also: Meine förmliche Beschwerde hält er zurück. Das Ablehnungsgesuch schiebt er vor sich her. Und die Dienstaufsichtsbeschwerde legt er auch nicht der zuständigen Stelle vor. Das ist nur konsequent. Die BGH- und OLG-Entscheidungen zur Vollmacht ignoriert er, was interessiert ihn denn da noch das sonstige Prozeßrecht. Lex Ammermann, das scheint allein zu zählen.

Jetzt findet am 2.2.06 vor dem AG Lippstadt ein Termin statt, zu dem wahrscheinlich Zeugen geladen wurden. Der Betroffene und der Verteidiger werden – wahrscheinlich – nicht erscheinen. Der Richter muß den Einspruch verwerfen, den ich im Auftrag meines Mandanten bereits zurück genommen hatte.

Wenn jemand in der Nähe ist, kann er ja hingehen:

Der Termin ist bestimmt auf Donnerstag, 02.02.2006, 11.00 Uhr vor dem Amtgericht Lippstadt, Lipperoder Straße 8, Erdgeschoß-Zimmer Nr. Saal II.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht, Vollmacht veröffentlicht.

3 Antworten auf Der Lippstädter Tanz um die Vollmacht

  1. 1

    […] Lippstädter Tanz um die Vollmacht ging es um die Frage, ob der Verteidiger, der noch keine schriftliche Vollmacht zur Akte gereicht […]

  2. 2
    Meinereiner67 says:

    Moin, so isser, unser Walter. Der ist Launisch wie das fähnchen im Wind. Die übliche Einleitung zu Verhandlungen ist (nicht wörtlich) Zieh deinen Widespruch zurück, singe wie ne Nachtigall, sonst gibts hier Nachschlag. Der gute ermittelt auch gerne auf eigene Faust, bis er glaubt den Delinquenten überführen zu können.

  3. 3
    Giesela Plath says:

    ja, ja, und er wahr völlig empört – nein erzuckte regelrecht zusammen – als ich die Aussage verweigerte, weil ich ja schon wußte, welches „Kaliber“ er hat und vertagte. Nachschlag gab’s auch – ich bin halt keine Nachtigall – in Form einer Hausdurchsuchung. Es ging um eine Rechnung von 62,21 €, die inzwischen längst bezahlt war und bei der der Gläubiger, nachdem er zunächst Anzeige erstattete, auf strafrechtliche schriftlich Verfolgung verzichtete.

    Und – hurra, dem Befangenheitsantrag wurde stattgegeben, durch das Landgericht Paderborn. Die Dienstaufsichtsbeschwerde schmort vor sich hin und unser Freund sucht verzweifelt nach Möglichkeiten, mir doch noch irgenwie an die Wäsche zu gehen zu können und ist dabei durchaus kreativ.

    Seine jeweiligen Kommentare erspare ich mir und Ihnen, sie sind nicht nur jenseits gültigen Rechts und guten Geschmacks, sondern auch peinlich.

    Man könnte annehmen, am liebsten würde er mich ruinieren, um doch noch irgendwie recht zu haben. G.P. 17.12.09