Pfiffige Bewerbung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich an Ihrer Stelle wäre echt voll genervt, wenn ich täglich unzählige Bewerbungen lesen müsste, die alle mit „Hiermit bewerbe ich mich…“ anfangen.

Ich frage mich sowieso, wer sich bei der heutigen Lage auf dem Arbeitsmarkt noch eine ernsthafte Bewerbung erlauben kann, denn 50 Bewerbungen und 50 Absagen sind nicht wirklich das Gelbe vom Ei.

Meine ‚Mama‘ sagt immer: „Kind, geh schaffe und bring Kohle bei…!“ Aber sie wissen ja bestimmt wie Mamas so sind, Sie haben sicher auch eine. Na ja, man muss sie verstehen, Mama will schließlich nur das Beste für mich.

Fakt ist, ich suche eine Festanstellung als Sekretärin und ich will zu Ihnen. Natürlich könnte ich mich auch als Kassentippse bei Wal Mart oder Köchin im Altenwohnheim bewerben (kochen kann ich nämlich auch und das sogar ganz gut), aber wer kocht schon gerne Sachen, die sowieso in den Mixer müssen…! Eigentlich sollte ein Beruf Spaß machen. Für alles was mit Sekretariatsaufgaben zusammenhängt, habe ich noch sehr viele Ordner frei, die stelle ich Ihnen zur Verfügung.

Einen IQ habe ich auch, nur in Mathematik und Latein nicht. Aber wer will denn schon wissen, wie hoch die Cheops-Pyramide auf den Millimeter genau ist (sie ist SEHR hoch!) und wer spricht denn heute noch Latein? Niemand!

Auf der anderen Seite kann ich ihnen natürlich mit Excel problemlos ausrechnen, wie viel Säcke Reis in China jährlich umfallen und mit Power Point eine voll animierte Präsentation des Lebens der gemeinen Schmeißfliege im 13. Jahrhundert erstellen. Und bei Bedarf kann ich auch einem Engländer eine Brücke verkaufen. Mit einem wundervollen Ausblick auf den Rhein und Mainz-Kastell.

Wenn Sie mit dem Lesen bis hierhin gekommen sind und sich immer noch nicht dafür entschieden haben, mich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, dann dürfen Sie meine Bewerbung gerne ausdrucken und einen Papierflieger basteln.

Mal ganz im Ernst, heutzutage schreibt doch jeder Jobsuchende eine Bewerbung mit dem Gedanken, dass er sowieso eine Absage bekommt, bei mir wird’s wenigstens ein Papierflieger.

Aber ich gebe zu bedenken: Das Leben ist eines der härtesten – besonders für eine 23jährige Berufseinsteigerin, die eine Festanstellung sucht. Auf Wunsch schicke ich Ihnen natürlich auch noch eine dieser langweiligen Standardbewerbungen (…hab‘ ich alles gelernt) und natürlich auch mit Foto.

Leider habe ich daheim keinen Scanner, deshalb ist auch keines dabei. Bis ich im September 2006 bei Ihnen anfangen kann, habe ich auch schon einiges an Berufserfahrung zusammen und das Outlook zu meinem besten Freund gemacht (ok, guter Bekannter).

Dann kann ich auch kundenorientiert arbeiten, so wie bei der SFS, wo ich meine Ausbildung absolviert habe. (Oh no, dieses Wort ruiniert den Stil meiner Bewerbung, das muss ich schnell ändern.) Kundenkontakt ist was tolles, die Hosen sind längst nicht so schnell durchgescheuert.

Bis demnächst (hoffentlich), jetzt liegt es an Ihnen. Oh Gott, was soll ich anziehen?

Ich grüße Sie

Besten Dank an Klaus uss Dreispe für die nette Zuschrift.
(Und für die Dilldappen)

Dieser Beitrag wurde unter Off Topic veröffentlicht.

11 Antworten auf Pfiffige Bewerbung

  1. 1

    Genial! Zumindest die Einladung zu einem Vorstellungsgespäch hätte die Dame bei mir sicher.

  2. 2
    Jobsucher says:

    Und? Hat er sie eingeladen zum Vorstellungsgespräch?

  3. 3
    RA Munzinger says:

    Hat mir so gut gefallen, dass ich das Schreiben als Fundstück der Woche rumgemailt habe. Unter Nennung des Fundorts, versteht sich.

  4. 4
    Uwe Wolff says:

    Die will ich haben!

  5. 5
    Tyroler says:

    Ist die Dame noch zu haben?
    Als Mitarbeiterin natürlich.

  6. 6
    dpms says:

    Schöner Text, der sicher die Hürde der „kleinen Münze“ nimmt.

    Ich hätte keine Lust, eine solche persönliche origenlle (Be)-werbung weltweit online unter Verletzung einiger meiner Urheberrechte abrufbar zu sehen.

    Zack, das wird doch sofort vom nächsten Einfaltspinsel kopiert.

    Versteh ich nicht, warum das Werk der Dame gleich mal komplett verbreitet wird.

    Schweigen ist Gold.

  7. 7
    Tim Taler says:

    Sie verspricht sicher frischen Wind in eine spießige Kanzlei zu bringen, sehr zur Freude der Klienten, die den lustig flockigen Ton eines sorgenfreien Teenys sicher zu schätzen wissen. Vor allem die Passage mit dem Altenheim und der deutliche Respekt vor der harten Arbeit von Kassiererinnen beim Discounter klingt vielversprechend. Ich möchte sie NICHT kennenlernen.

  8. 8
  9. 9
    Tim Taler says:

    Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen :-)

    Einen hab ich noch:
    „Wie der Herr, so´s Gescherr“

  10. 10
    RA Meier says:

    Ganz nett zu lesen als Ablenkung !
    Allerdings scheint die Dame auch nur eines zu sein: Ablenkung !
    Und wenn man ihr in der Probezeit den Laufpass gibt, ist es DEINE Kanzlei, über die sie als nächstes herzieht in der Stadt ! Und dann lachen alle wie wir gerade auch..dann aber über euch !

  11. 11
    Die_Sekretärin_der_Geschäftsleitung says:

    Ich finde die Bewerbung absolut super! Sie fesselt und man liest automatisch bis zum Ende weiter!

    Als ich 23 war, war ich auch drauf und dran, eine Bewerbung in ähnlicher Art und Weise zu verfassen. Und in der damaligen, sowie in der heutigen Zeit ist es tatsächlich schwer einen gut bezahlten Job zu finden, der einem auch noch Spass macht. Gut ich habe mittlerweile seit 6 Jahren einen :-)
    Man muss sich wirklich fragen: WAS WOLLEN DIE ARBEITGEBER EIGENTLICH???? Jung, aber vieeeeel Berufserfahrung, wenns geht auch noch ein Abiturient, weil die ja schlauer sind, als Realschüler. Sind sie das? Manchmal bezweifele ich das.

    Auch bewerbe ich mich trotz allem sporadisch und entweder es kommt gleich eine Absage oder 3 Wochen später und man ist über-/unterqualifiziert/wir haben jemanden gefunden, der besser auf die Position passt (ach so, man bewirbt sich also immer nur auf Stellen, die man sich selbst gar nicht zutraut). Oder es kommt zum Bewerbungsgespräch und es werden einem Unverschämtheiten, in Form von schlechter Bezahlung oder der Job entspricht gar nicht der ausgeschriebenen Stelle geboten! Und was meinen die Arbeitgeber eigentlich was sie mit einem Assesmentcenter erreichen können? Die Arbeitsleistung ist daraus nicht ersichtlich!
    Und der letzte Punkt: NOTEN!! Was machen Noten aus? Kann man daran eine Arbeitsleistung erkennen? Ich hab ne 5 in Mathe und brauche gar kein Mathe!
    Und wozu werden überhaupt alte Schulzeugnisse von vor 20 Jahren benötigt? Na gut, das ist mal meine Ansicht zum Thema. Und was die Dame betrifft: siehe unten!

    @RA Meier: Weisst du das? Woher denn? Nur, weil die Dame sich hat was einfallen lassen und einfach nur arbeiten will? Sicherlich kann man sich irren und MANN sowieso *grins* aber wissen kannst du es vorher nicht, stimmts?

    Also: Wenn ich Arbeitgeber wäre, ich würde mir die Dame zumindest mal angucken! Der 1. Live-Eindruck zählt!