Ärgern über mich selbst

Mich hat es wieder einmal erwischt. Eigentlich hatte ich mir beim letzten Mal geschworen, das passiert mir nie wieder. Und dann kam ein neuer Mandant.

Die Anklage warf ihm Betrug in sechs Fällen vor. Schon am Telefon teilte er mir mit, daß das Honorar überhaupt kein Problem bedeute. Das reicht für sämtliche Alarmglocken.

Tatsächlich war die Vergütungsvereinbarung kein Problem. Es kam die Ermittlungsakte, deren Kopie vereinbarungsgemäß erst nach Vorschußzahlung an den Mandanten geschickt werden sollte. Eine plötzliche Zahlungsstockung verhinderte diese.

Dann kam die Ladung zu Hauptverhandlungstermin. Und ein aufgeregter Anruf des Mandanten. Was denn mit der Akte sei. Die Gegenfrage nach der Vergütung entlockte die Antwort: Kein Problem, kommt sofort. Sie kam auch, um 20 % gekürzt. Dafür bekam der Mandant die Akte (3 Bände und ein Beistück), gekürzt um die Beratung.

Einen Tag vor dem Termin erschien der Mandant in der Kanzlei, nachdem er die Barzahlung des Rests und der Vergütung für die Verteidigung vor Gericht versprochen hatte. Er hatte kein Bargeld dabei, habe aber alles schon vor dem Wochenende überwiesen. Wegen der immer noch (und schon wieder) schrillenden Alarmglocken ging er unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Versprochen hatte er ein Fax mit dem Überweisungsnachweis … die Beratung sollte am Morgen vor dem Termin stattfinden.

Das Fax kam nicht, dafür der Mandant am Morgen des Terminstages in die Kanzlei. Er legte mir zwei Ausdrucke von Online-Quittungen vor, die die Absendung und Ausführung (!) der Überweisungen bestätigte. Und er beschwerte sich über mein mangelndes Vertrauen.

Ok, ich habe dem Mann geglaubt. Und habe ihn – erfolgreich – verteidigt. Das Geld ist bis heute nicht auf meinem Konto angekommen. Ich glaub’s nicht, daß selbst die Postbank mehr als eine Woche für die Ausführung einer Überweisung braucht.

Ich habe gerade meine zweite (wirklich ernst gemeinte) Strafanzeige meines Lebens geschrieben. Und noch nicht einmal, weil ich mich über den Mandanten geärgert habe, der in die Hand gebissen hat, die ihn fütterte.

Geärgert habe ich mich vor allem über mich selbst. Daß es mir nach jahrelanger Erfahrung nicht gelungen ist zu verhindern, zum Opfer eines Eingehungsbetrugs geworden zu sein.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

4 Antworten auf Ärgern über mich selbst

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    RA Kümmerle says:

    Nicht ärgern Herr Kollege, dass passiert anderen, einschließlich mir, auch mal. Ich habe letztens, nach Titulierung meiner Kosten und vergeblichem Vollstreckungsversuch, auch eine Strafanzeige schreiben müssen. Der ehemalige Mandant hatte bereits vor meiner Beauftragung die EV abgegeben. Bestimmt wird er sich wieder einen Verteidiger suchen, dem er lustige Geschichten erzählen wird und den er letzlich um sein Honorar besch… Bei Ihnen würde er wohl auf taube Ohren stoßen :O)

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    Tja Carsten, mich hat es auch erwischt. Es meldete sich jemand, der unbedingt einen Zeugenbeistand brauchte. Ich legitimierte mich und forderte den Vorschuß an. Zwischenzeitlich hatte ich Gelegenheit, mit dem zuständigen Richter zu plaudern, der mich vor diesem Mandanten warnte. Er sei schließlich schon mehrfach einschlägig wegen Betrugs vorbestraft.

    Der Vorschuß kam natürlich nicht, statt dessen tauchten 2 merkwürdige Lastschrifteinzüge von meinem Konto auf. Es folgten Rückbuchung und Strafanzeige gegen unbekannt. Aufgrund verschiedener Umstände hatte ich aber eine Vorahnung, wer hinter den Abbuchungen stecken könnte.

    Das Mandat hatte ich daraufhin, offiziell wegen des nicht eingezahlten Vorschusses, schon niedergelegt.

    Die sehr hilfsbereite Abrechnungsfirma in Österreich ermittelte selbst weiter und schaltete auch einen Privatermittler ein.

    Der versorgte mich nun mit den weiteren Informationen und siehe da: der Schmarotzer meines Kontos war tatsächlich mein Exmandant. Daneben hat der Ermittler herausgefunden, daß der Typ ein eröffnetes Inso-Verfahren hat. Meine Beauftragung muß zu einem Zeitpunkt erfolgt sein, als er schon zahlungsunfähig war. Die Strafanzeige habe ich dann flugs um diesen Eingehungsbetrug erweitert. Damit können ihm nun insgesamt 10 Betrugshandlungen nachgewiesen werden.

    Der Richter erwähnte seinerzeit was von laufenden Bewährungen… Nicht mehr lange ;-)

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    dwk says:

    Ein Ermittlungsrichter in einer Stadt am Rhein sagte nur dazu: „Betrüger lasse ich hier (gemeint ist die Haftvorführung) nicht frei rausspazieren. Es ist deren Job, mich gekonnt zu belügen. Zur Sicherheit buchte ich die alle ein.“