Gerichtliche Überprüfung der Mikado-Rasterfahndung

Dem Düsseldorfer Verteidiger Udo Vetter ging das wohl zu weit, daß man seine Kreditkarten dahingehend überprüft, ob er damit den Bezug von kinderpornografischen Bildern und Videosequenzen bezahlt hat.

Deswegen hat er gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen, um feststellen zu lassen, daß die Staatsanwaltschaft nicht einfach mal eben so in seine Grundrechte eingreifen kann, weil ihr augenscheinlich gerade nichts Besseres einfällt, als die halbe Menschheit unter Verdacht zu stellen. Die Antragsschrift hat Rechtsanwalt Udo Vetter in seinem LawBlog veröffentlicht.

Der Zweck – unzweifelhaft ein guter – heiligt aber nicht das Mittel der de-facto-Abschaffung des Rechtsstaates bzw. wesentlicher Teile von ihm – zum Beispiel das der Würde des Menschen (Art. 1 und 2 Grundgesetz) entwachsene Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Ich habe den Hinweis des Kollegen, seine Antragsschrift sei frei von seinen Rechten, verstanden und im eigenen Namen einen ähnlichen Antrag beim Amtsgericht Halle gestellt. Denn auch ich mag es nicht, wenn man mir de facto einfach mal so unterstellt, ich hätte eine Straftat begangen, um an meine Daten heranzukommen.

Ich habe daher beantragt,

im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht

festzustellen, dass die Datenabfrage der Staatsanwaltschaft Halle bei bundesdeutschen Kreditkarten und Abrechnungsunternehmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens „Mikado“ rechtswidrig war.

Mir ist bekannt, daß das Prozeßrecht für diese Art der Verfahren grundsätzlich keine mündliche Verhandlung vorsieht. Unzulässig aber wäre eine öffentliche Gerichtsverhandlung sicherlich auch nicht. Vielleicht hat das Gericht ja den Mut dazu, dieses Thema in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Dafür fahre ich dann auch gern einmal nach Halle.

Besten Dank an den Kollegen Vetter für die Vorlage.

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

15 Antworten auf Gerichtliche Überprüfung der Mikado-Rasterfahndung

  1. 1
    Udo Vetter says:

    Das mit der mündlichen Verhandlung ist wirklich eine gute Idee.

  2. 2

    Dann sehen wir uns in Halle? Ich würde mich freuen.

  3. 3

    Ich werde auch kommen, mein Antrag geht raus.

  4. 4
    Kein Anwalt says:

    Was kostet so ein Antrag denn, wenn er den Bach runtergeht?

  5. 5

    Das Kostenrisiko ist vor dem Hintergrund der Relevanz des Themas zu vernachlässigen.

    Im übrigen können wir nur gewinnen. Zumindest an Erfahrung.

  6. 6
    Kein Anwalt says:

    Naja – da ich aber kein Anwalt bin würde ich schon gern wissen, was mich das kostet, wenn das Gericht feststellt, dass angeblich alles in Ordnung war.

  7. 7

    Ich weiß es nicht, rechne aber mit einem Betrag von deutlich unter 100 Euro an Gerichtskosten.

  8. 8

    Mein Antrag ist soeben raus.
    Pädophile hin oder her, der Rechtsstaat darf auch dafür, nur weil der Erfolg dem „gesunden Volksempfinden“ entspricht, nicht geopfert werden!

  9. 9
    Tobias says:

    Auch mein Antrag ist soeben raus. Sollen wir aus Berlin ein Sammeltaxi bestellen ?

  10. 10

    Ich könnte eine Kanzlei-Wanne organisieren….;-)

  11. 11

    Antrag für beide Anwälte ist ebenfalls draußen. Gleichzeitig habe ich mir erlaub Strafanzeige wegen des verdachts der unerlaubten Datenausspähung zu erstatten.

  12. 12
    Tano says:

    „Unerlaubte Datenausspähung“ – obwohl naheliegend, bin ich darauf noch gar nicht gekommen. Ich habe bei dem Verhalten der StA, die Finazdienstleister im Fall der Nichtkooperation mit möglicher Strafverfolgung zu behelligen, bislang nur an § 240 I, IV Nr.3 StGB gedacht.

    Und vielen Dank für das Wort vom „gesunden Volksempfinden“. Ich würde auch sagen, daß leider vieles von der nationalsozialistischen Gemeinschaftsethik bis heute lebendig geblieben ist – übrigens auch im Strafrecht. Natürlich hat das gesunde Volksempfinden heute einen Decknamen: es nennt sich nunmehr „soziale Gerchtigkeit“…

    Beste Grüße und den Aträgen viel Erfolg!

  13. 13
    Dietmar says:

    Bei all den Kommentaren hier und überempfindlichen Kollegen. Ist eigentlich schon jemand auf die Idee gekommen, was mit den Kindern geschieht,da ist wohl ein wenig Daten ausspähen in Ordnung, wenn man sich nichts vorzuwerfen hat, oder. Auch ich arbeite in der Justiz, finde die Aktion aber okay, wie gesagt es geht um unmündige Kinder!

  14. 14
    Chris says:

    Obwohl ich selbst keine Kreditkarte habe und (diesesmal) nicht betroffen bin: danke!

  15. 15

    Bei all den Kommentaren hier und überempfindlichen Kommentaren. Ist eigentlich schon jemand auf die Idee gekommen, was mit der deutschen Rasse geschieht,da ist wohl ein wenig Reichskristallnacht in Ordnung, wenn man kein Jude ist, oder? Auch ich bin Rechtsanwalt, finde die Aktion aber okay, wie gesagt es geht um die deutsche Rasse!

    Das mag jetzt ganz starker Tobak sein, aber man sieht daran, daß Rechtsstaat Rechtsstaat ist und bleiben muß. Vor dem Gesetz sind alle gleich und es gilt auch für alle.
    Auch Justizbeamte mußten am ersten Tag etwas schwören. Vielleicht sollte man sich daran einmal erinnern und nicht deswegen darüber hinwegsehen, nur weil uns das Ergebnis gerade passt. Sonst sind wir irgendwann wieder dort, was ich mit dem ersten Satz ausdrücken wollte!