Keine Unschuldsvermutung beim Bezirksamt Mitte

Wenn es um das Geld geht, das die Landeskasse zahlen muß, aber nicht zahlen will, ist jeder Winkelzug möglich. Das Sozialamt des Bezirksamts Berlin Mitte kürzt die Stütze und schreibt an den Mandanten:

Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde eine zweijährige Haftstrafe ausgesprochen. Auch wenn gegen dieses Urteil Revision eingelegt wurde, kann nicht mehr von einer Unschuldsvermutung ausgegangen werden. Die Länge der Haftstrafe verbietet eine Mietübernahme durch den Träger der Sozialhilfe.

Ich weiß nicht, wer diese Sachbearbeiterin ist, aber sie scheint ein wenig Nachhilfe nötig zu haben. Die wird sie bekommen. Ein paar Kenntnisse darüber, was einen Rechtsstaat westlicher Prägung ausmacht, sollte auch eine Mitarbeiterin des Sozialamts Mitte haben.

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4 Antworten auf Keine Unschuldsvermutung beim Bezirksamt Mitte

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    Regierungssprecher says:

    Ihre Ansicht in Ehren – sie hat manches für sich, aber der deutschen Rechtsprechung entspricht sie nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt die Unschuldsvermutung den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, nicht jedoch vor Rechtsfolgen, die keinen Strafcharakter haben (Beschl. v. 26.03.1987 – 2 BvR 589/79, 740/81 und 284/85 -, BVerfGE 74, 358, 371; Beschl. v. 29.005.1990 – 2 BvR 254/88 und 2 BvR 1343/88 -, BVerfGE 82, 106, 117). Dementsprechend fällt z.B. eine ausländerrechtliche Entscheidung hinsichtlich der Ausweisung eines Ausländers als ordnungsrechtliche Maßnahme nicht in den Schutzbereich der Unschuldsvermutung (BVerfG, Beschl. v. 05.03.2001 – 2 BvR 2450/99 -; BVerwG, Urt. v. 17.06.1998 – 1 C 27.96 -, BVerwGE 107, 58; vgl. auch Gollwitzer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Auf., MRK, Art. 6 Rn. 115).

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    Holzmichel says:

    Also ich sehe das als Behördenwillkür oder auch als Eintreibungswut. Ich sage das so, obwohl ich selbst bis zur Pensionierung in einem ähnlichen Amt bei der Stadt München beschäftigt war.
    Gruss und Servus
    Richard

  3. 3
    Kai says:

    Warum sollte das Amt die Miete während einer möglichen Haftzeit übernehmen?

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mietübernahme schon vorher gekürzt wird oder verliert man den Anspruch auf Hartz IV, wenn man sich womöglich strafbar gemacht hat?

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    @ Kai:
    Wohin soll der Mandant, wenn das Berufungsgericht die Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzt oder den Haftbefehl außer Vollzug setzt bzw. aufhebt? Und er aus der Untersuchungshaft entlassen wird?

    Wenn die Miete nicht gezahlt wird, verliert der Mandant sein Obdach.