Mein Mandant hat mich mit der Verteidigung in der Revison beauftragt. In der ersten Instanz ist er von einer promovierten Rechtsanwältin „verteidigt“ worden. In der Gerichtsakte finde ich ein Schreiben von dieser Anwältin an das Gericht.
nehme ich Bezug auf die telefonische Ladung vom 29.11.2005 zum 16.12.2005, 09.45 Uhr. Mein Mandant teilte mir am 06.12.2005 mit, dass ihm bislang keine schriftliche Ladung zu diesem Termin zugegangen ist. Da mein Mandant diese Ladung zum Betreten des Gebäudes vorlegen muß, wird gebeten, diese kurzfristig zu übermitteln. Eine gesonderte Ladung für mich ist nicht erforderlich.
Ich frage mich, warum Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die sicherlich hervorragende Kenntnisse auf dem Gebiet des Zivilrechts haben können, nicht die Finger von Sachen lassen, die sie nicht verstehen.
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Wenn ein Angeklagter nicht (ordnungsgemäß) geladen ist, muß er nicht zum Termin erscheinen.
Wenn ein Angeklagter nicht fristgerecht (ein Woche vor dem Termin) geladen ist, darf nicht verhandelt werden. Oder die Verteidigung verzichtet auf die Einhaltung der Ladungsfrist – wenn die Staatsanwaltschaft und das Gericht bereit sind, dieses Verhalten zu honorieren.
Jeder Zuschauer, jeder Interessierter und erst Recht ein Angeklagter kommt in das Kriminalgericht. Mit oder ohne Ladung. Jederzeit während der Öffnungszeiten. Der Grundsatz der Öffentlichkeit in Strafprozessen hat Verfassungsrang und sollte jedem Verteidiger heilig sein. Wer das nicht kennt, hat in einem Strafprozeß nichts verloren.
Wenn ein Verteidiger nicht geladen ist, muß die Hauptverhandlung auf seinen Antrag hin ausgesetzt werden.
Ladungen werden nicht übermittelt, sie werden zugestellt.
Diese paar Zeilen der ehemaligen Verteidigerin meines Mandanten zeigen mir, von welcher Qualität die Verteidigung in der Instanz gewesen sein muß. Und ich darf nun die Scherben aufkehren.
Update – nach Lektüre des Hauptverhandlungsprotokolls:
Die Verteidigerin ist nicht zum Termin erschienen.
*G* Ohne das Update wäre es nur halb so schön.
Der arme Mandant…
Muss man dann eigentlich zahlen?
Ja natürlich, denn der Anwalt schuldet nicht den Erfolg sondern seine beste Leistung!
„Wenn ein Angeklagter nicht (ordnungsgemäß) geladen ist, muß er nicht zum Termin erscheinen.“ – A.A. wohl KK-Tolksdorf § 217 Rn. 9: „.. „bleibt verpflichtet, zum Termin zu erscheinen“, ist evtl. aber entschuldigt.
P.S. Sorry, habe evtl. den kleinen Unterschied übersehen zwischen keiner und verspäteter Ladung.?