Monatsarchive: November 2008

§ 30a BtMG – ein Beispiel

Der wegen Drogenhandels verhaftete Rocker Mohammed M. ist Geschäftsführer einer Gesellschaft für Drogenhilfe. Wie berichtet, war am Freitagabend auch die Geschäftsstelle von „Almedro“ in der Treptower Kiefholzstraße durchsucht worden. Dies war die erste Drogenberatung, die 1990 in Ost-Berlin eröffnet wurde. M. gilt neben einem 39-Jährigen als Kopf einer Bande, die in großem Stil mit Drogen gehandelt hat. Bei der Razzia waren 9,5 Kilogramm Amphetamine und 250 Gramm Kokain sichergestellt worden, zudem mehrere scharfe Pistolen und andere Waffen. Insgesamt wurden elf Männer deutscher und arabischer Herkunft verhaftet. An der Razzia mit 29 zeitgleichen Durchsuchungen waren 260 Polizisten beteiligt.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist Mohammed M. Mitglied der Rockergruppe „Bandidos“. Das Landeskriminalamt (LKA) rechnet diese der organisierten Kriminalität im Drogen- und Waffenhandel zu.

Quelle: Tagesspiegel

Je nach weiterer Fallgestaltung könnte sich neben dem § 30a BtMG dann noch ein § 129 StGB einfinden. Und schon könnten wir im zweistelligen Bereich landen, was die Dauer einer Freiheitsstrafe angeht.

Ein schönes Betätigungsfeld für eine engagierte Verteidigung.

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Stimmungsvolles Kunstwerk

Kunst gestaltet ein stilvolles Ambiente für Ihre Kanzlei.

So beginnt eine eMail-Werbung, die uns heute erreichte.

Sehr geehrtes Team der Kanzlei Hoenig,

… flötet es weiter …

mit Freude, aber rechtlich bereits gut beraten, habe ich mich über die
kompeteten Leistungen in Ihrer Kanzlei informiert.

Was will uns die Autorin da mitteilen? Interesse heucheln, aber gleich klarstellen: Beratungsbedarf habe man keinen. Trotzdem will sie es versuchen:

Lassen Sie ein stimmungsvolles Kunstwerk einen einladenden Empfangsbereich gestalten, der Ihren Kunden Kompetenz und Sicherheit verspricht!

Wenn die Dame sich tatsächlich über unsere „kompeteten Leistungen“ informiert hätte, dann wäre ihr sicher auch bekannt gewesen, daß in unserem Eingangsbereich bereits ein „stimmungsvolles Kunstwerk“ steht, das schon im vergangenen Jahr Kompetenz versprach.

Optimieren Sie das Klima Ihrer Behandlungsgsräume mit der optimalen Auswahl an Kompetenz- und Ruhe ausstrahlender Kunst!

An unseren „Behandlungsräumen“ gibt es nichts mehr zu optimieren, jedenfalls nicht durch Sie, sehr geehrte Spammerin. Wir sind stilistisch bereits „kompetet“ beraten.

Intelligente Werbung geht anders.

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Nicht damit gerechnet

Der Mandant wollte seiner Tochter etwas Gutes tun. Es fehlte aber das Geld. Deshalb ging er ohne solches in ein Kaufhaus, schaute sich ein Kleidchen für das Kind an und entfernte das (sichtbare) Sicherungsetikett. Trotzdem schlug die Diebstahlswarnanlage am Ausgang lautstark an. Es gab eine für ihn unsichtbare zweite Sicherung. Das war das erste, womit er nicht gerechnet hatte.

Überrascht suchte er das Weite, aber der Kaufhaus-Detektiv war schneller. Und besser trainiert. Bei dem nachfolgenden Gerangel hatte er trotz heftiger Bemühungen keine Chance.

Der Haftrichter erklärte ihm dann später den Tatvorwurf. Räuberischer Diebstahl. Aber kein einfacher, sondern ein besonders schwerer Fall. Weil der Mandant ein Taschenmesser in der Hosentasche bei sich geführt hat. Als der Richter ihm dann auszugsweise den § 250 Abs. 1 StGB vorlaß, wurde ihm schwindelig – wegen des Taschenmessers könnte das heißen: Mindestfreiheitsstrafe 3 Jahre! Auch damit hatte er nicht gerechnet.

Ich hoffe, es wird mir gelingen, das Gericht davon zu überzeugen, daß hier nur ein minder schwerer Fall nach § 250 Abs. 3 StGB vorliegt. Das gibt dann „nur“ mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe – für ein Kleid im Wert von 49 Euro.

Liebe Ladendiebe: Laßt Eure Taschenmesser zuhause, wenn Ihr klauen geht. Und wenn Ihr dabei erwischt werden, gebt Euch gewaltfrei geschlagen. Er lohnt nicht, für ein bisschen Stehlgut ein paar Jahre aus dem Blechnapf zu frühstücken.

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Einlaßkontrolle bei den Nomads

Sieben Stunden lang haben am Sonnabend Polizisten jeden kontrolliert, der auf die Hells-Angels-Feier am Markgrafendamm wollte.

schreibt heute morgen Werner Kurzlechner im Tagesspiegel.

Es ging um eine Geburtstagsparty anläßlich des achtjährigen Bestehens des MC Nomads in Friedrichshain.

Insgesamt kontrollierten rund 190 Polizisten 308 Personen und 71 Fahrzeuge.

Das war zu erwarten. Umsomehr wundert mich das hier:

Dabei fanden die Ermittler zahlreiche Waffen und Drogen. Ein Rocker wurde festgenommen, weil gegen ihn ein Haftbefehl vorlag.

Wenn ich auf so eine Party fahre, hier in Berlin, in dieser Stimmung: Warum – um Himmels Willen – lassen die Jungs dann nicht das Zeug zuhause, wonach immer gesucht wird. Was hat den Rocker geritten, gegen den ein Haftbefehl vorlag, sehenden Auges in die Kontrolle zu geraten (oder wußte er nicht, daß er gesucht wird?)?

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Rechtsbeugung

Selten, sehr selten wird gegen einen Richter der Vorwurf der Rechtsbeugung in einer Anklageschrift erhoben. Noch viel seltender kommt es zur Verurteilung. Wenn es aber mal einen Richter erwischt, dann aber richtig.

Die 16. große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart hat heute am siebten Verhandlungstag den vom Dienst suspendierten Amtsrichter wegen Rechtsbeugung in 54 Fällen, davon in 7 Fällen versucht, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

schreibt Eva Bezold, stellv. Pressesprecherin in Strafsachen beim Landgericht Stuttgart am 14.11.2008. Das packt der Richter nicht so locker weg.

Den Angaben der stellv. Pressesprecherin nach hat sich der Richter aber auch nicht sonderlich geschickt eingelassen:

Der Angeklagte hat den ihm zur Last gelegten Vorwurf der Rechtsbeugung bis zuletzt bestritten. Er vertritt die Meinung, sich durchweg korrekt verhalten zu haben. So habe er jedenfalls in einigen Fällen die Anhörung tatsächlich durchgeführt. Im Übrigen sei den gesetzlichen Vorschriften aus seiner Sicht bereits genüge getan worden, wenn er sich einen mittelbaren Eindruck von den Betroffenen durch Gespräche mit dem Pflegepersonal vor Ort und durch Einsicht in die Pflegeakten verschafft habe.

Das ist die sattsam bekannte Arroganz der – vermeindlich – Mächtigen: „Ich mache immer alles richtig!

Strafverteidiger, die öfters mal beim Haftrichter waren oder sich mit Beschlüssen der Ermittlungsrichter auseinandersetzen müssen, lesen da zwischen den Zeilen nicht wirklich Neues.

Link gefunden in der Handakte.

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Verhindert

Der Mandant hat mich beauftragt, gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung einzulegen. Dann habe ich nichts mehr von ihm gehört und gesehen. Auf unsere Schreiben – per Post, per eMail, per SMS – haben wir keine Reaktion bekommen.

Heute war die Verhandlung vor dem Landgericht. Alle sind erschienen, Richter, Staatsanwalt, Verteidiger, vier Zeugen; nur der Mandant nicht. Trotz ordnungsgemäßer Ladung, wie das Gericht feststellte.

Der Richter hatte bereits Luft geholt, um das Urteil zu verkünden und die Berufung wegen unentschuldigten Nichterscheinens nach § 329 StPO zu verwerfen. Da fiel mir ein, doch mal einen der draußen wartenden Zeugen nach meinem Mandanten zu befragen.

Der Herr Mandant sitzt seit 3 Monaten in der JVA Wulkow. In einer anderen Sache, in der er nicht von mir verteidigt wurde, wie der Richter in einem Telefonat mit der Anstaltsleitung ermittelte.

Doch keine ordnungsgemäße Ladung, deswegen gibt es nun einen neuen Termin im Januar. Das war knapp.

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Würzig

Noch eins zum Thema Betäubungsmittel:

Die Kifferszene hat exotische Kräuter entdeckt, käuflich in kleinen Tütchen, drei Gramm zu rund 20 Euro. Und: völlig legal. Eigentlich gedacht zum Verräuchern nach Art von Räucherstäbchen, nur dass, nun ja, die Technik verfeinert wurde: Die Kräuter werden geraucht. Die Namen der Zutaten klingen schwer botanisch: die Meeresbohne Canavalia maritima etwa ist enthalten, ebenso der Sibirische Löwenschwanz Leonurus sibiricus. Gemein ist ihnen, dass sie in anderen Teilen der Welt als Marihuana-Ersatz dienen. Gemein ist an ihnen, dass keiner weiß, was den Rausch genau auslöst – so dass die Behörden nicht wissen, was sie eigentlich verbieten sollen. Muss ein ganz neues Gefühl für Kiffer sein, so legal.

schreibt Fatina Keilani im Tagesspiegel

Wo bekommt man das Zeug?

In Berlin wird sie in sogenannten Headshops vertrieben – Geschäfte, die sonst Wasserpfeifen und Hanfschokolade anbieten.

Aber das Angebot deckt die Nachfrage nicht, weil

die Zwischenhändler Lieferprobleme haben, bei den meisten Berliner „Headshops“ gibt es bereits Wartelisten.

berichtet der Tagesspiegel.

Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis das Kraut auf dem Index steht

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Drugchecking

Organisationen aus der Drogenarbeit fordern eine Stelle für „Drugchecking“ in Berlin. Konsumenten sollen wissen, was ihr Stoff enthält. Linke und Grüne unterstützen die Idee. Doch der Senat lehnt ab.

berichtet die taz.

Interessant sind die (Gegen)Argumente: Die Befürworter sehen die Chance, anläßlich der Inhaltskontrolle ein Beratungsgespräch mit dem Konsumenten führen zu können. Die Gegner befürchten, daß „saubere“ Testergebnisse zum Konsum ermutigen.

In einem Kommentar von Sebastian Heiser heißt es dazu:

Die Bleivergiftung bei mehr als hundert Kiffern in Leipzig wäre vermeidbar gewesen. Sie hatten Marihuana gekauft, das ein Dealer mit Blei versetzt hatte, um die Ware schwerer zu machen und sie teurer verkaufen zu können. Dutzende Kiffer mussten daraufhin mit Bauchkrämpfen, Magen-Darm-Beschwerden und hohem Blutdruck behandelt werden.

Für die Ehrenwerten in unserer Gesellschaft gibt es Bio-Wein; Kiffer, Kokser und Junkies sollen doch selbst aufpassen, mit was sie sich den Kopf zudröhnen.

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Prozeßbericht auf Indymedia

In diesem Beitrag hatte ich auf die Suche des Sprengstoff e.V.nach einem Rechtsbeistand hingewiesen. Auf diesen Verein bin ich über Berlin Kriminell aufmerksam geworden; Barbara Keller berichtet dort über eine Strafsache, die gegen den Präsidenten dieses Vereins geführt wird. Wegen

wegen Waffenbesitz, wegen Verstoss gegen das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe und wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Er selbst veröffentlicht seinen Prozeßbericht vom ersten und zweiten Verhandlungstag auf Indymedia. Ich bedauere mittlerweile die Frau Kollegin, die dem Präsidenten als Pflichtverteidigerin bestellt wurde.

Wenn es richtig schief läuft, bekommt der Herr Präsident den § 21 StGB und dann ist die Tür offen zum § 63 StGB.

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Berlins Elitepolizisten gegen Bandidos

In einer groß angelegten Aktion hat die Polizei am Abend zahlreiche Wohnungen im Norden Berlins durchsucht. Die Aktion richtete sich gegen Mitglieder der Rocker-Bruderschaft „Bandidos MC“. Sie sollen mit Drogen und Waffen handeln.

[…]

Weil die Polizei davon ausging, dass die Rocker gefährlich sind, hatte die Einsatzleitung für die Aktionen Berlins Elitepolizisten angefordert.

Quelle: Berliner Morgenpost

Ist das jetzt nun eine Ehrerbietung an die Bandidos oder doch nur eine Vorsichtsmaßnahme?

Danke an die Donnerkatze für den Link. crh

update
Heute (16.11.08) berichtet auch der Tagesspiegel über die Aktion:

Auch Partys der Bandidos werden meist erfolgreich von der Polizei besucht.

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