Beamte, die die Welt nicht braucht

Das Kraftfahrtbundesamt informiert. In einem Kurzbrief, der einer Auskunft aus dem Verkehrszentralregister beigefügt war, die wir für einen Mandanten eingeholt haben.

Auskunft aus dem Verkehrszentralregister

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt. ..

Im Verkehrszentralregister wurde die Verfahrensweise der Beantragung einer Auskunft durch Rechtsanwälte überprüft.

Oha! Wenn Beamte etwas „überprüfen“, dann steht nichts Gutes auf dem Programm. Das hier ist bei der Prüfung herausgekommen:

Die Vorlage der Vollmacht wird gemäß § 64 Abs.2 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) im Original oder als beglaubigte Ausfertigung benötigt.

Berechtigt zur Abgabe einer Beglaubigung sind sogenannte Amtsträger. Zu diesen gehören Notare, Beamte und besonders legitimierte Personen des öffentlichen Dienstes; die entsprechenden Regelungen ergeben sich aus den §§ 33 und 34 VwVfG. Zu vorgenanntem Personenkreis ist der Rechtsanwalt nicht hinzuzurechnen.

Nach herrschender Meinung fehlt diesem Berufsstand als freies Organ der Rechtspflege die Amtsträgereigenschaft, d.h. ein Rechtsanwalt übt keine allgemeine öffentliche Beurkundungsoder Beglaubigungsfunktion aus.

[…]

Durch Übermittlung per Telefax wird nur eine Kopie der Vollmacht übermittelt.

Ich bitte um Beachtung bei weiteren Auskunftsersuchen.

Mit freundlichen Grüßen

Ich stelle mir das jetzt so vor. Irgend ein Beamter wird schwanger, krank, pensioniert oder befördert. Die freie Stelle wird von einem neuen Beamten ersetzt, der die tiefen Teller erfunden hat und nun beim zweiten Frühstück feststellt, daß die Jahrzehnte lang geübte und bestens funktionierende Praxis gegen irgend eine Dunkelnorm verstößt: Das geht doch nicht, das muß unbedingt geändert werden, der Rechtsstaat ist in akuter Gefahr!

Deswegen werden künftig die Anfragen wieder ausgedruckt, zusammen mit der Vollmacht in einen Briefumschlag gesteckt, Briefmarke drauf und ab in die Briefpost. In Flensburg wird dann der Brief geöffnet, der Auskunftsantrag zusammen mit der Vollmacht (auf der im Zweifel irgendeine unleserliche Vollmacht nicht lesbar ist) archiviert und dann bearbeitet.

Seit 1996 haben wir die Anfragen zusammen mit einem (eingescannten) Vollmachtsvordruck per PC-Fax geschickt, die Sendung wurde in Flensburg zur Kenntnis genommen und bearbeitet.

Jetzt hat dieser neue Korinten-Besen in Gestalt eines pingeligen Beamten seine Existenzberechtigungnotwendigkeit nachgewiesen und verusacht bei den Anwälten und in der Verwaltung elende Kosten, die er nicht zu tragen hat. Es ist nicht zu fassen, wozu verbeamtete Gehirne im Stande sind!

Was will das KBA denn?! Glauben die den wirklich, ich würde meine berufliche Exitenz auf’s Spiel setzen, nur um mit einer gefälschten Faxkopie an den Punktestand irgend eines Speed-Junkies zu kommen? Ja, hallo?!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

20 Antworten auf Beamte, die die Welt nicht braucht

  1. 1
    BV says:

    Man gewinnt mitunter den Eindruck, dass das Beachten von Vorschriften nur dann erwünscht ist, wenn es gerade passt. Gerade Polizeibeamte müssen natürlich jedes Komma der StPO fehlerfrei umsetzen, aber wenn es dadurch für einen selbst etwas mühsamer wird, kann es sich nur um einen „Korinten-Besen in Gestalt eines pingeligen Beamten“ handeln, der seine Existenzberechtigung nachzuweisen versucht. Zugegeben, es ist in diesem Fall auch meiner Meinung nach total schnuppe, ob die Vollmacht im Original eingeht oder per Fax. Aber manchmal scheint es doch sehr ums Prinzip zu gehen – mal der einen und mal der anderen Seite…

  2. 2
    Malte S. says:

    Der maßgebliche Unterschied: StPO –> drittschützend. Dieser Fall –> interne Formvorschriften ohne Schutzwirkung für Dritte.

    @CRH: schon mal beim KBA angefragt, an welche eMailadresse man seinen Antrag schicken kann? Natürlich mit qualifizierter Signatur nach dem Signaturengesetz… ;)

  3. 3
    Guido says:

    § 64 II FeV ist an Eindeutigkeit kaum zu überbieten. Wundern muss man sich deshalb eher, dass es je eine abweichende Praxis gegeben hat.

    Wer die Vorschrift übertrieben pingelig findet, muss sich beim Verordnungsgeber beschweren. Das KBA kann nichts dafür.

  4. 4
    Jens says:

    So sehr ich den Ärger auch verstehe, ist es leider auch mir ein Rätsel, wieso man sich als Jurist beschweren sollte, wenn die Verwaltung sich endlich mal an den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes hält. Angesichts des deutlichen Wortlauts der Norm ist da auch herzlich wenig Spielraum, zumal für den Außenstehenden ja auch nicht ersichtlich ist, ob nicht einfach in der jüngeren Vergangenheit Vorfälle stattgefunden haben, die nun zu einer Abkehr der bisherigen Verwaltungspraxis bewogen haben.

  5. 5
    rhabarber says:

    Ist doch schön, dass eine Behörde mal den Unterschied zwischen Fax und Original bemerkt. Ich glaube auch nicht, dass das ein technikfeindlicher Amtsschimmelreiter war, denn die neigen nach meiner (begrenzten) Erfahrung dazu, das Faxverfahren für hundertprozentig abgesichert zu halten. Überraschung! Faxe können genauso leicht verfälscht werden wie emails (nur ist die Rückverfolgung bei Faxen noch schwieriger).

    Es mag die Arbeit komplizierter machen, aber solange es kein Faxverfahren gibt, das garantierte Originale reproduziert, ist die Entscheidung absolut richtig. Richtig nicht nur im Sinne von „technisch-juristisch“, sondern auch „nützlich und sinnvoll“.

    UV schreibt:

    Glauben die den wirklich, ich würde meine berufliche Exitenz auf’s Spiel setzen, nur um mit einer gefälschten Faxkopie an den Punktestand irgend eines Speed-Junkies zu kommen? Ja, hallo?!

    Selbst wenn man das täte, könnte man jederzeit die Urheberschaft des Faxes bestreiten. Es ist technisch kein Problem, dem Kraftfahrtsbundesamt ein beliebiges Fax mit Absender eines beliebigen Rechtsabwalts zu schicken, oder an eine JVA ein Fax mit Absender des Innenministeriums (wobei, vielleicht haben die tatsächlich ein separates Netz?)

    Insofern hat mich der naive Umgang von Behörden mit Faxen schon immer gewundert.

    Allerdings wäre ein Verfahren mit signierter Email und anwaltschaftlicher Versicherung sinnvoll. Keinesfalls jedoch per Fax.

  6. 6
    Malte S. says:

    Man kann aber aufgrund der Telefonverbindungsdaten feststellen, von welchem Anschluss aus das Fax geschickt wurde.
    btw:

    UV schreibt:

    wohl grad vom lawblog hereingekommen? ;)

  7. 7
    Kampfschmuser says:

    Vielleicht sollte man mal die Kirche in Flensburg, ähm…, im Dorf lassen.

  8. 8
    rhabarber says:

    @6: Zu „UV“: Upsi, ja. Verzeihung ;-)

    Aber, wie geht das so genau mit der Anschlussprüfung? Die Caller-ID ist unzuverlässig, und auf die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung darf dank BVerfG nur stark eingeschränkt zurückgegriffen werden. Damit wird’s dann doch schwierig, die Urheberschaft nachzuweisen. Oder gibt’s da noch ein anderes Verfahren? Das würde mich schon wegen der doofen Telefonspammer interessieren.

  9. 9
    Malte S. says:

    Nun, grundsätzlich besteht für den Anschlussinhaber keine Sperre für einen Zugriff auf die über ihn gespeicherten Daten. Zwar besteht ausdrücklich über auf Gesetzesgrundlage gespeicherte Daten keine Auskunftspflicht des Providers, aber er darf.

  10. 10
    RA JM says:

    @ Guido u.a.

    „… an Eindeutigkeit kaum zu überbieten“ – Wirklich?

    § 64 Abs. II FeV: „(2) Für die Auskunft an einen beauftragten Rechtsanwalt ist die Vorlage einer entsprechenden Vollmachtserklärung oder einer beglaubigten Ausfertigung hiervon erforderlich.“

    Dass diese „Vorlage“ nicht auch per Fax geschehen kann, steht da nicht. Wenn ich z.B. eine Klage mit einem Streitwert von einigen Millionen Teuro formwirksam unter Beifügung der Vollmacht per Telefax oder sogar nur unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung erheben kann, warum soll hier anderes gelten?

  11. 11
    Dirk B. says:

    Das KBA „verwaltet“ besonders sensible personenbezogene Daten und muss sicherstellen, dass den Bestimmungen der Datenschutzgesetze entsprochen wird. Auch wenn es vielen egal sein mag, wer alles über den Punktestand Bescheid weiss, dürften diese Daten aus Sicht des Datenschutzes die gleiche Qualität haben wie beispielsweise ein Krankenakte.

  12. 12

    @JM:

    „Dass diese “Vorlage” nicht auch per Fax geschehen kann, steht da nicht.“

    Nun ja – aber ich denke, das ergibt sich zwanglos aus dem Normkontext: Die Beglaubigung als gesetzlich zugelassenene Alternative zur Vorlage der Vollmachtserklärung macht nur Sinne, wenn das Original vorgelegt werden muß.

    Und: Es muß deshalb etwas anderes gelten, weil die ZPO für die Wirksamkeit einer Klagerhebung eben nicht den Nachweis der Bevollmächtigung durch Vorlage des Originals verlangt… ;-)

    Sonnige Grüße von der Ostsee!

  13. 13
    fernetpunker says:

    Die Auskunft über den Punktestand in Flensburg ist, glaube ich, ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 I GG iVm Art. 1 I GG. Ein solcher Grundrechtseingriff besteht nicht in einer Klageerhebung. Deshalb hier der Unterschied. Außerdem sind Beamte als Exekutive über Art. 1 III, 20 III GG an die Grundrechte und Gesetz und Recht gebunden. Insofern sollte man nicht böse mit ihnen sein. ;-) Was ich mich eher frage, ist, wie es zu der geschilderten rechtswidrigen Praxis kommen konnte, auf die Vorlage einer Originalvollmacht zu verzichten?

  14. 14
    hans says:

    Vollkommen daneben dieser Kommentar!! Sind es nicht immer gerade die Anwälte, die spätestens vor Gericht damit, und natürlich im Sinne ihres Mandanten, argumentieren, dass die Beamten dieses oder jenes hätten tun oder unterlassen müssen, da es doch eindeutig im § 08/15 so steht. Nur wenn es einen sebst trifft, ist das Herzeleid groß ob eines Korintenbesens, der seine Existenzberechtigung nachweisen muss. Kopfschüttel.
    Dem Kommentar von Jens ist von der Sache her nichts hinzuzufügen.

  15. 15
    Jo Katterturm says:

    Schlagen Sie die Beamten mit eigenen Waffen: Schicken Sie eine beglaubigte Kopie hin, verlangen Sie aber eine schriftliche Bestätigung über den Eingang dieses Schreibens. Außerdem bitten Sie um möglichst baldige Rücksendung des Originals sowie aller möglicherweise angefertigter Kopien sowie eines Berichts darüber, was mit der Vollmacht angestellt wurde, wem sie vorgelegt wurde usw.

  16. 16
    Datenschützer says:

    Kriminelle, die Fake-Anwälte zur Forderungseintreibung oder Informationsbeschaffung nutzen, sind vielleicht nicht mehr so selten.

  17. 17
    RA F says:

    Guten Tag Herr Kollege,

    folgende Mitteilung aus dem Forum der Verkehrsrechtsanwälte:

    „Nachdem der ADAC gegen die neue Handhabung protestiert hat, ist offenbar eine geänderte Verfahrensweise beim KBA wieder im Gespräch:
    Nach Auskunft des KBA und des BMVBS soll § 64 Abs. 2 FeV dahin gehend geändert werden, dass die alte Verfahrensweise einer Übersendung per Fax legalisiert wird. Nach der Änderung soll die Übersendung einer einfachen Ausfertigung der Vollmacht durch den Anwalt genügen. Eine Umsetzung bereits vor der Gesetzesänderung soll durch entsprechenden Erlass kurzfristig erfolgen.“

    Quelle: http://forum.verkehrsanwaelte.de/thread5292?PHPSESSID=0179b0e21e9adbc3ca455ec76e2a4c5d

  18. 18

    […] hatte ich nicht gerechnet! Erst verlangt man die Vorlage einer Original-Vollmachts-Urkunde beim Kraftfahrtbundesamt für Auskünfte aus dem Verkehrszentralregister. Nun hat jemand […]

  19. 19

    Beamte sind auch Menschen….
    Ein Polizeibeamter hatte sich beim Streit mit seinem Nachbarn heftig gestritten. Immer wieder kam es zu Ausschreitungen bis die Sache vor dem Verwaltungsgericht kam. Die Richter belehrten den Polizeibeamter, dass er auch außer Dienst die Würde der Beamtenschaft zu wahren habe. Ich finde das ein wenig überzogen…den auch Polizeibeamten sind nur Menschen.

  20. 20
    joachim b. says:

    Wenn ich das alles so lese, habe ich den Eindruck, man hatte es mit einem Amt zu tun wie in Gogolins ‚Karawane des Grauens‘. Es stellt sich doch wirklich die Frage, weshalb in diesem Fall so pingelig vorgegangen wurde, während bei durchaus gewichtigeren Angelegenheiten die Versicherung genügt, eine Vollmacht liege vor.
    Und ja, Rechtsanwälte sind Organe der öffentlichen Rechtspflege, auch wenn das vielen Beamten überhaupt nicht zu schmecken scheint. Vielleicht war der zuständige Beamte in einem vorherigen Verfahren unterlegen und will nun kleinlich Rache nehmen. Sachen gibts.