Das wollen wir doch mal sehen …

In einer Strafsache vor dem Amtsgericht habe ich die Verlegung des Fortsetzungstermins beantragt.

In der Zeit vom 16. November 2008 bis zum 1. Dezember 2008 ist der Angeklagte in einem höchst kompliziert und seit langer Zeit geplanten und bereits bezahlten Jahresurlaub, gemeinsam mit seiner Ehefrau. Seine Ehefrau ist als Polizeibeamtin in einem UNO-Einsatz im Kosovo tätig. An der Abstimmung und Organisation dieses Urlaubs bis hin zu dem von der UNO organisierten Flug von Pristina nach Berlin waren auch die dortigen dienstvorgesetzten Behörden beteiligt.

Die Eheleute haben vor etwa 2 Jahren geheiratet und diese Reise stellt quasi eine nachgeholte Hochzeitsreise dar. Der Angeklagte konnte aufgrund des Einsatzes seiner Frau in diesem Jahr erst 5 gemeinsame Tage verbringen. Auch die zwangsläufig in Anspruch zu nehmenden Sommerurlaube musste das Paar getrennt von einander verbringen, da es nicht möglich war, die Urlaubszeiten abzustimmen. Auch der jetzt geplante und gebuchte Urlaub musste zunächst verschoben werden, da der Angeklagte kurzfristig für einen Castortransport eingeteilt wurde. Der Urlaub im November ist die letzte Gelegenheit für die Eheleute sich zu sehen bis zum Ende des Einsatzen der Ehefrau des Angeklagten im Jahr 2009.

Das Gericht beschließt, den Antrag abzulehnen:

… würde eine Verlegung dieses Termins – ungeachtet der damit verbundenen Kosten – zu erheblichen Verzögerungen des gesamten Verfahrens führen, die nicht mehr in Einklang mit dem im Strafrecht geltenden Beschleunigungsgrundsatz zu bringen wären. […] Wenngleich das Gericht auch die persönlich schwierige Situation bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat und Verständnis für die Situation des Angeklagten aufbringt, muss dieser Aspekt hinter den vorgenannten Gesichtspunkten zurück treten.

Beim Lesen des Beschlusses hatte ich Musik in den Ohren: Toreador’s Song aus der Oper Carmen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

6 Antworten auf Das wollen wir doch mal sehen …

  1. 1
    RA JM says:

    Je mehr man von diesen formelhaften Beschlüssen liest, desto angewiderter ist man von dieser richterlichen Arroganz.

    Lass‘ mich raten: Befangenheitsantrag?

  2. 2
    H5N1 says:

    Der Urlaub im November ist die letzte Gelegenheit für die Eheleute sich zu sehen bis zum Ende des Einsatzes der Ehefrau des Angeklagten im Jahr 2009.

    Die sehen sich doch auch dann, wenn der Termin stattfindet, nur eben in Berlin und nicht in der Südsee – ich kann nicht erkennen, was daran so schlimm sein soll.

  3. 3
    Das Ich says:

    Leute, ich werde Richter (oder Politiker oder Manager eines grossen Konzens) Dann kann ich endlich tun und lassen was ich will ohne jemals irgendwelche Konsequenzen tragen zu müssen. Und ich werde dafür geil bezahlt.
    Traumjob.
    Ach ja, und ich kann alle beschimpfen , anmeckern, unterdrücken etc. (allinclusiv)

    Ich werde so dermassen die Sau rauslassen…ich glaube, dass habe ich das letzte mal im Kindergarten gemacht…

    PS: Ihr seht den Zusammenhang?

  4. 4
    Tilman says:

    Ich nehme an der Angeklagte ist selbst Polizist („…da der Angeklagte kurzfristig für einen Castortransport eingeteilt wurde“). Hat er Sie als Verteidiger engagiert weil er Sie bei der Verteidiger-Arbeit für einer seiner „Kunden“ erlebt hat? Falls ja, dann wäre das ein weiteren blog Eintrag wert :-)

  5. 5
    RAin Kerstin Rueber says:

    Welch glückliche Ehe muss das sein.

  6. 6
    doppelfish says:

    Der Castor ist ja jetzt angekommen. So, wie’s da abging, wäre eine Runde Urlaub kein Fehler.