Der Anwalt als Denunziant?

Unser Referendar macht Urlaub. Das teilt mir die Präsidentin des Kammergerichts heute mit.

Ohne diese Mitteilung hätte ich das gewiß gar nicht gemerkt. Nebenbei: Der Referendar hat keine Nachricht erhalten, ob seinem Urlaubsantrag stattgegeben wurde.

Spannend ist aber der letzte Satz:

Bei nicht rechtzeitigem Dienstantritt nach Ende des Urlaubs wird um Nachricht gebeten.

Einmal abgesehen davon, daß sich die Sachbearbeiterin hinter der Passiv-Form zu verstecken versucht: Glauben die dort wirklich ernsthaft, ich würde unseren Referendaren bei der Verwaltung denunzieren?! So sind sie, die behördlich Bediensteten.

Was ein Denunziant ist, wissen wir spätestens seit 1843. Aber wie bezeichnet man eigentlich solche Leute, die andere dazu auffordern, sich zum Lumpen zu machen?

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

20 Antworten auf Der Anwalt als Denunziant?

  1. 1
    Bernd says:

    Lumpensammler?

  2. 2
    Jens says:

    Zur Frage am Ende: Vielleicht einfach zwischen einem aktiven und einem passiven Part unterscheiden ;)

  3. 3
  4. 4

    tse tse Zustände sind das in Berlin.

  5. 5
    Advokat says:

    auf jeden Fall ist die Urlaubszeit viel zu lang. Wie halten Sie ihre Kanzlei derweil am laufen? ;-)

  6. 6
    OJ says:

    Das hört sich so an, als würde ich bei Ihnen auch gerne Referendariat machen ;-)

  7. 7
    kopfschuettelnd says:

    Man liest hier ja häufiger grob Unverständiges von Ihnen. So schlimmes Kaliber wie das hier hat es aber zum Glück nur selten.

    Was soll es denn, bitteschön, mit Denunziation zu tun haben, wenn ein mit seinem Einverständnis zum Ausbilder bestellter Anwalt dem Ausbildungsleiter darüber Auskunft geben soll, ob der Auszubildende seinen Pflichten nachkommt??

  8. 8
    Advokat says:

    @ kopfschütteld

    er soll ja mitteilen, wenn der Referendar seinen Pflichten *nicht* nachkommt.

  9. 9

    @ kopfschuettelnd:

    Genauso wenig, wie ich Sie zwinge, meine Veröffentlichungen zu lesen, zwinge ich den Auszubildenden, sich ausbilden zu lassen. In beiden Fällen kann mein Angebot angenommen werden oder eben nicht. Mir ist es gleich.

    Wenn jemand anderes ein Interesse daran hat, daß Sie hier mitlesen oder der Ref. hier lernt, soll dieser Jemand sich selbst drum kümmern und mich in Frieden meine Kreise ziehen lassen.

    Ich bin nicht einer von der Sorte Mensch, die sich gern von anderen Menschen etwas vorschreiben lassen. Weder von meinen Lesern, noch von Ausbildungsbehörden.

  10. 10
    ra kuemmerle says:

    Während meiner Referendarzeit hatte ich eine „Anwalts-AG“ bei einem jungen Kollegen, die mir so rein gar nichts brachte. Man hatte den Eindruck, der Anwaltsberuf bestehe allein darin, sich tiefenphilosophisch mit seinen Berufspflichten auseinanderzusetzen. Kanzleiorganisation und ein paar Tipps für Berufsanfänger, Fehlanzeige. Rückblickend würde ich sagen, jede der dort verbrachten Stunden waren vergeudete Zeit. Zweimal bin ich der AG ferngeblieben, um mit meiner Lerngruppe wichtigeres zu tun. Nämlich mich auf das Examen vorzubereiten. Beim ersten Mal habe ich ihm noch gesagt, dass ich nicht komme und warum. Beim zweiten Mal bin ich ohne Ankündigung ferngeblieben. Er hat beide Termine der KG-Präsidentin gemeldet, das war seine Art mit Kritik umzugehen…

  11. 11
    PR says:

    Referendare bekommen Urlaub? Seit wann? Wieso? Und überhaupt!?!
    *g*

  12. 12
    Bernie says:

    Die „Nachricht“ ist selbstverständlich nur aus Versicherungsgründen erforderlich.

  13. 13
    Brandau says:

    „Genauso wenig, wie ich Sie zwinge, meine Veröffentlichungen zu lesen, zwinge ich den Auszubildenden, sich ausbilden zu lassen“

    Immerhin wird er vom Staat dafür bezahlt sich ausbilden zu lassen. Und wenn ein Anwalt sich in die Ausbilderliste aufnehmen läßt, geht er damit auch eine gewisse Verpflichtung ein. Natürlich kann der Anwalt mit dem Referendar abstimmen, dass er bestimmte Akten zuhause bearbeitet und daher sehr wenig in der Kanzlei ist. Aber dann tritt er ja auch quasi den Dienst an.
    Die Bitte, eine unabgesprochene Abwesenheit bei der Lohn zahlenden Dienststelle anzuzeigen, finde ich dann eigentlich ganz berechtigt.

  14. 14

    @ Brandau:

    Lieber Kollege, ich sehe das etwas anders: Ich stelle dem Land für seine Aufgabe, die Juristenausbildung, unsere Kanzlei zur Verfügung. Das heißt aber nicht, daß das Land mich in die Hierarchie integrieren und mir Anweisungen erteilen kann.

    Ich berücksichtige gern die Ansprüche, die ein Auszubildender an uns Ausbilder hat; aber eben eigenverantwortlich und nicht von Beamten kontrolliert.

    Ein Referendar ist in aller Regel auch imstande zu beurteilen, was ihm nützt und was ihm schadet; dafür benötigen wir hier keinen Vormund.

    Das, was Sie als „Bitte“ bezeichnen und was dort in der Mitteilung im Behördendeutsch formuliert wurde, empfinde ich als Bevormundung. Davon bekomme ich Pickel.

    BTW: Es ist kein Lohn, den die/wir Ref. da bekommen (haben), sondern eine Alimentation. Es geht nicht um Leistung und Gegenleistung. Und auch deswegen lasse ich mir von einem „Dienstherren“ nicht vorschreiben, wie ich unseren Referendaren gegenübertrete. In unserer Kanzlei gibt deswegen auch keinen „Dienstantritt“ – wir gehen mit viel Freude an unsere Aufgaben, auch die Referendare.

  15. 15
    Brandau says:

    @Hoenig
    Dann paßt es doch. Sie haben mit dem Referendar geklärt wann er kommt und wann nicht. Wenn er dann nicht kommt „fehlt“ er ja nicht.
    Ich denke auch, dass es so die meisten Kanzlein handhaben werden. Und wenn er trotz Absprache nicht kommt, dann würde man wohl ersteinmal abwarten und wenn er länger fehlt mal bei dem Referendar selbst anrufen.

  16. 16
    noch stud. jur. says:

    „… wir gehen mit viel Freude an unsere Aufgaben, auch die Referendare.“ Das ist die Basis.

    Für Ihre Einstellung „… was ihm nützt und was ihm schadet; dafür benötigen wir hier keinen Vormund.“ möchte ich Sie hiermit loben. :)

  17. 17
    BertBock says:

    wie einer der Vorredner schon sagte, hat das Schreiben einen sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund („Wegeunfall“). Hier gibt es genug Zweifelsfragen, da der Referendar praktisch immer unterwegs ist zu irgend einer Arbeitsstelle. Wenn der Ref. seinen Urlaub aber eigenmächtig verlängert, hat auch die BG Grund genug, sich quer zu legen – völlig zu Recht.

  18. 18
    Sebast. says:

    Ja, so ist das Kammergericht.

    Ich hatte damals mal Urlaub bis zum vorletzten Tag der Station. Meine Ausbilderin sagte, der letzte Tag sei ja dann auch egal, ich könne nochmal kommen oder auch nicht. Wörtlich: „Sie müssen nicht!“

    Ich kam nicht, weil es mich im Urlaub mit dem Fahrrad auf die Fresse gehauen hatte. Eigentlich hätte ich mich krankmelden müssen, habe das aber gelassen, weil ich dachte, ich muss eh nicht kommen.

    Folge: Disziplinarverfahren.

  19. 19

    @ Sebast.

    Und was kommt bei so einem Disziplinarverfahren raus – außer heißer Luft?

  20. 20
    Sebas. says:

    Nix kommt raus. Man schreibt eine Stellungnahme, dass man vergessen hat, sich krankzumelden. Man bekommt dann ein Schreiben, dass „das Schreiben vom … mit diesem Schreiben seine Erledigung gefunden hat“. :-)

    Es ist halt in der Personalakte. Vielleicht sollte man sich mit den Ausreden besondere Mühe geben, falls man sich später beim Staat bewerben will.