Die dritte Sachverständige

Im Jahre 2005 wurde Monika M. vom Landgericht Berlin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die besondere Schwere ihrer Schuld festgestellt wurde.

Das Gericht …

… hielt es für erwiesen, dass die Arzthelferin ihren bettlägerigen, totkranken Vater Theo de M. (76) aus Habsucht und in Hinblick auf eine Versicherungssumme von 220.000 Euro am 18. September 2003 in seinem Bett anzündete, sodass der alte Mann qualvoll verbrannte. Der Bundesgerichtshof jedoch hob dieses Urteil mit Beschluss vom 11. Januar 2006 auf und gab den Fall zur Neuverhandlung an das Berliner Landgericht zurück. Jetzt erklärt eine sachverständige Zeugin des Bundeskriminalamtes mit Bestimmtheit, sie schließe eine Brandstiftung als Ursache der Katastrophe im Uhuweg 19 c aus.

Im ersten Durchgang haben die Sachverständigen des Landeskriminalamtes (LKA), Dr. Allin und Egon Burrasch, die 22. Strafkammer des Landgerichts davon überzeugt, daß die Angeklagte mit großen Mengen Brandbeschleuniger den Brand gelegt haben soll.

Die Neuverhandlung vor der 29. Strafkammer des Landgerichts führte zum gegenteiligen Ergebnis. Die Wiesbadener Brandsachverständige und Diplomingenieurin Silke Löffler (48) vom Bundeskriminalamt stellte überzeugend dar, daß die von den Vorgutachtern dargestellte Art der Brandentstehung sicher auszuschließen ist. Der Brand sei ein Unfall, verursacht vom Vater der Angeklagten selbst.

Die Angeklagte verbrachte also zwei Jahre und vier Monate als unschuldig verurteilte „Vatermörderin“ im Gefängnis.

Quelle des Zitats und weitere Details: Berlin Kriminell

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

12 Antworten auf Die dritte Sachverständige

  1. 1
    Ralf says:

    Dafür gibt es dann die satte Haftentschädigung von 11 € je Tag. Was für ein schlechter Witz.

  2. 2

    Yep, so geregelt in § 7 StREG. 888 Tage hat die Frau gesessen. Macht 9.768 Euro. Das ist der Gegenwert für eine vernichtete Existenz.

    Mich würde die Stimmungslage der an dem Fehlurteil beteiligten Richter, Staatsanwälte und der beiden Gutachter interessieren.

  3. 3
    Thomas S. says:

    Mich würde es interessieren, welche Initiativen der Opferverbände es gibt, diesen Schadensausgleich einmal anzupassen. Dass der Gesetzgeber daran kein Interesse hat, ist ja klar.

    Interessant finde ich, dass es möglich ist Gutachter wegen falscher Gutachten zu verklagen.

    Der Staat zieht sich hier sehr einfach aus der Affaire. In der Tat – die Existenz ist weg. Obs eine Entschuldigung gibt?

  4. 4
    Rudolf Jursic says:

    Die Herren Burrasch und Dr. Allin sind weiterhin der Meinung, im Recht zu sein – der Abteilungsleiter der Chemie Dr. Geyer-Lippman schreibt in Erwiderung auf Gutachten von Dr. Löffler (BKA):

    „Es gibt keine Kriminaltechnik in Deutschland, die sich intensiver mit der Analytik von Spiritus auseinander gesetzt hat und die alle ihr bekannten Möglichkeiten durch Versuche abgeklärt hat, um auszuschließen, Spiritus falsch positiv zu finden.“

    Nur in der Zeit von 1.1.2003 bis 18.11.2007 habe LKA 196 Fälle von Brandstiftung mit Spiritus detektiert.

    Dazu fällt mir nur der Spruch von Dr. Walter Bayerlein ein, Vorsitzender Richter a.D. am OLG München Institut für Sachverständigenwesen 2002 – „Todsünden des Sachverständigen“:

    „Die fachliche Eitelkeit von Sachverständigen (wer ist schon ganz frei davon, auch Richter nicht) kann dazu führen, dass eigene Erfahrung und Untersuchungsergebnisse zu rasch den Rang von Naturgestzen annehmen, an denen zu zweifeln nur ein Zeichen fehlender Intelligenz sein kann.“

    Mir sind neben unserem Fall noch weitere 3 bekannt, aber es gibt mit Sicherheit viel mehr.

    Das ist, wie ich in meiner Presseerklärung geschrieben habe, BERLINER GEFAHR – es kann jeden treffen und hat schon anscheinend viele getroffen, aber das Gericht hat den Antrag abgelehnt, die beiden noch mal anzuhören.

    Aber wir werden nicht aufgeben, das darf nicht mehr passieren.

    Rudolf Jursic
    Schwager der Angeklagten

  5. 5
    Tilman says:

    Was nicht verstehe, ist dass in dem verlinkten Artikel ein BKA Gutachter als „unparteiisch“ bezeichnet wird. (Auch wenn dieser Gutachter sich dann tatsächlich so verhalten hat). BKA und LKA arbeiten doch auf der Seite der Polizei, d.h. der Strafverfolgung und nicht die Strafverteidigung. BKA/LKA sind also kaum daran interessiert dass „Leute davon kommen“.

  6. 6
    Tilman says:

    An dieser Stelle auch meine Gratulation an Sie, Herr Jursic, ich habe vor ein paar Tagen irgendwo gelesen dass Sie selbst viel Vorarbeit geleistet haben mit eigenen Tests.

  7. 7
    Der Gerd says:

    Herr Jursic,
    es ist mir ein grosses Bedürfnis mich der Gratulation von Tilman anzuschliessen. Auch ich habe vor einigen Tagen Ihre Geschichte in der Presse gelesen. Wenn ich richtig gelesen habe, dann hätte Ihre Schwägerin ohne Ihre Hilfe und Ihren Beistand keine Chance mehr gehabt. Leider findet man unter den Leuten mit der bekannten Argumentation „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten….“ viel zu wenig Blogleser.
    Gerd Gräber

  8. 8
    Rudolf Jursic says:

    Ich hatte auch befürchtet, dass die Brandexpertin von BKA nicht neutral wird – ich habe mich geirrt.
    So ein Gutachten habe ich nicht erwartet. Leider war sie vor Gericht nicht so direkt wie schriftlich, da hat sie den Kollegen von LKA einiges vorgeworfen.

    „Zu Recht weisen Rabes und Creydt (Gutachter der Verteidigung) darauf hin, dass es im gesamten Haus keinerlei Brandspuren gibt, die für den Abbrand einer verschutteten, brennbaren Flüssigkeit typisch sind. Insofern hätten auch nach Auffassung der Unterzeichnerin, die Ergebnisse der analytischen Untersuchungen der Brandschuttproben kritischer durch die Gutachter Burrasch und Allin gewürdigt werden müssen als das offenbar der Fall gewesen ist.“

    Ich bin sauer, weil ich in über 2.500 Stunden vieles endeckt habe, was nicht stimmt und leider befürchten muss, dass die Herren Burrasch und Dr. Allin weiter ihr Unwesen treiben werden.

    Einiges kann man hier nachlesen über Chemie.

    Rudolf Jursic

  9. 9
  10. 10
    Tilman says:

    @9: Boah, das war wirklich frech. Nicht die feine Art, aber interessanter Beitrag.

  11. 11
    Frank says:

    Tja und das ist erst der Anfang. Jetzt kommen nämlich demnächst alle anderen Fälle dran das bereite ich grad vor. Und es wird heftig, denn das Geschehene ist Methode, nicht Irrtum, meiner Meinung nach.

  12. 12

    Zu dem „Fall“ habe ich ein Internetseite ans Netz gestellt.
    Viele Details und Sachfragen sind vor dem Gericht nicht erörtert worden.

    http://www.rudimarion.de

    Alles über den Fall und Fehler des LKA.

    Rudolf Jursic