Doppel-Freispruch

Angeklagt war ein Polizeibeamter. Während der drei Hauptverhandlungstermine saß neben anderen Interessierten stets eine Dame mittleren Alters auf der Galerie und machte sich Notizen.

Sie war sichtlich enttäuscht, als am letzten Verhandlungstag auf meine Anregung die Verhandlung unterbrochen wurde, um ein sogenanntes Rechtsgespräch zu führen. Denn auch sie mußte nun den Saal verlassen. Und das, was dann zwischen Richter, Staatsanwalt und Verteidiger besprochen wurde, kann man später auch nicht in der Akte nachlesen.

Aber die Dame konnte sich eine Stunde später das Ergebnis der Besprechung anhören. In der richterlichen Begründung des Freispruchs aus tatsächlichen Gründen.

Noch einmal war ihr der Unmut anzumerken. Denn nun wird sie Schwierigkeiten haben, das Disziplinarverfahren gegen den Polizeibeamten fortzusetzen.

Dieser Beitrag wurde unter Polizei, Strafrecht, Verteidigung veröffentlicht.

3 Antworten auf Doppel-Freispruch

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    AlterEgo says:

    Solche Gespräche unter Ausschaltung der StPO führen nicht gerade zur dem Strafverfahren typischen Transparenz und sind eigentlich eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes. In der Regel wird ja auch der Angeklagte da aus dem Saal gebeten, was die Sache sicherlich nicht besser macht.

    Dass der Gesetzgeber solche Entwicklungen schlicht bewusst ignoriert, macht doch etwas bedenklich. Gerade diese Deal-Problematik kann doch erhebliche Auswirkungen auf das „Restverfahren“ haben. Mir ist schon klar, dass das in der Regel stets dem Beschuldigten zu gute kommen wird. Aber solche außergesetzlichen Wege führen letztlich zur Aushöhlung der StPO und darüber dürften dann die Verteidiger langfristig auch nicht glücklich sein.

    Soweit ich das verstanden habe, gibt es keinen Konsens, dass das dort gesagte „vertraulich“ bleiben muss. Von daher ist die Aussage „Schwierigkeiten haben das Disziplinarverfahren weiterzubetreiben“ doch eher wacklig. Das Verfahren ist ja gerade nicht ans Strafverfahren gekoppelt und eine Nachfrage beim Staatsanwalt, was nun dort Relevantes für ihr Verfahren besprochen wurde, ist nun auch nicht so ganz abwegig.

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    @ AlterEgo:
    wieso wird die StPO ausgehöhlt? Wo ist den ein Rechtsgespräch auch dem Sinn nach in der StPO untersagt?

    Das mit dem Diszi ist so auch nicht richtig. Wenn ein Gericht feststellt, dass ein Beamter aus tatsächlichen Gründen freizusprechen ist, dann sind die im Urteil festgestellten Gründe bindend. Es werden sich dann wohl kaum tragfähige Gründ für ein Diszi finden.
    Das nun im Rechtsgespräche eine geständige Einlassung des Beamten erfolgte und dennoch ein Freispruch heraus kam, ist auszuschließen.

    Und natürlich gibt es einen Konsens, dass die in Rechtsgespräche geäußerte Dinge vertraulich bleiben. Deshalb muss ja auch beim Deal, das wesentliche Ergebnis in der Hauptverhandlung besprochen und gerade nicht verschwiegen werden.

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    Donnerkatze says:

    Interessant :-/
    Wieder etwas dazu gelernt.

    Wieso wohl sitzt jemand lieber live dabei, statt später anhand der Akten es ebenso gut nachzuvollziehen? Weil eben diese „Randerscheinungen“ die NICHT in der Akte stehen würden, ebenfalls mit zu bekommen und dann (ggf.) negativ behaftet im Dis-Verfahren zu verwenden.
    Warum wohl sonst? Der Unschuldvermutung folgend, würde es wohl ausreichend sein, unterm Strich, nach Aktenlage und Ergebnis entsprechend weiter zu verfahren.

    Nur Mal so laut gedacht… :-/