ED-Behandlung und schwache Nerven

Eine erkennungsdienstliche (ED) Behandlung bereitet grundsätzlich keine Freude. Man bekommt schwarze Finger von den Abdrücken und meist sind die Fotos auch eher peinlich. Aber trotzdem haben die Ermittler ein (jahrelanges) Interesse an diesen Daten.

Die Ermittlungsbehörde darf nun wählen, aus welchem Grund sie den Beschuldigten ED-behandeln möchte: Entweder um eine aktuelle Straftat aufzuklären (1. Alternative) oder um künftige Straftaten irgendwann einmal besser aufklären zu können (2. Alternative). Beide Alternativen sind in § 81b StPO geregelt.

Es wurde gegen meinen Mandanten ermittelt. Er war Mieter einer Halle, in der man ein bisschen Grünzeug entdeckt hatte.

Grünzeug

Böse Zungen sprachen von einer Plantage größeren Umfangs. Naja, es waren einige hundert Quadratmeter.

Aber: Außer in diesem Mietvertrag tauchte der Mandant nirgendwo auf. In der Halle und auch in der näheren Umgebung ist er auch so gut wie von keinem Menschen gesehen worden. Auch in dem Gewächshaus selbst ist kein Hinweis auf ihn gefunden worden. Den Gärtner allerdings, den hatte man erwischt. Und der war geständig, was ihn betraf. Meinen Mandanten hat er in seinem Geständnis nicht erwähnt.

Das geht aber nicht, hat sich die ermittelnde Polizeibeamtin wohl so gedacht. Wer Mieter einer Halle ist, der hat auch was mit der Plantage zu tun. Etwas anderes ist für die Polizeibeamtin nicht vorstellbar: Wenn Mieter, dann auch Gärtner.

Und wenn weil er was mit der Plantage zu tun haben muß, geht die Polizeibeamtin ganz selbstverständlich davon aus, daß er auch (weitere) Straftaten begehen wird. Deswegen bekommt mein Mandant von ihr eine Vorladung zur ED-Behandlung. Und zwar nach § 81b StPO, 2. Alternative.

Dagegen gibt es natürlich einen Rechtsbehelf, den Widerspruch. Und den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Das fand die Polizeibeamtin aber gar nicht gut. Vermute ich, denn sie reagierte erst einmal nicht. Längere Zeit nicht.

Deswegen habe ich das Verwaltungsgericht um Hilfe gebeten.

Das Verwaltungsgericht fand das, was ich da geschrieben habe, wohl nicht schlecht. Keine ED-Behandlung, nur weil die Polizeibeamtin es gerne möchte. Ein paar griffige Gründe sollte sie schon haben. Hatte sie aber keine. Außer diesem Mietvertrag.

Deswegen hat das kluge Landeskriminalamt dann die Anordnung der ED-Behandlung wieder zurück genommen.

Das hat der Polizeibeamtin auch nicht gefallen. Überhaupt nicht. Denn danach hat sich sich erst einmal für drei Wochen krank gemeldet. Teilte mir die zuständige Staatsanwältin in einem Flurgespräch mit.

Die Polizeibeamtin scheint wohl ein zu dünnes Nervenkostüm für ihren Job zu haben. Dabei bin ich dieses Mal doch wirklich ganz sachlich geblieben.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

18 Antworten auf ED-Behandlung und schwache Nerven

  1. 1
    Poly says:

    *auf die vorladung zeig*

    Danke! crh

  2. 2
    BV says:

    Wäre es nicht auch denkbar, dass sich die Beamtin nicht wegen ihres schwachen Nervenkostüms, sondern vielleicht auch wegen ihres schwachen Immunsystems krank gemeldet hat?

  3. 3
    icke says:

    naja man weiss ja nicht warum sie sich krankgemeldet hat. Einen Schluss daraus zu ziehen finde ich etwas weit hergeholt. Aber gut dass unser Rechtssystem noch funktioniert und voreiligen Beamten auf die Finger geklopft wird.

    btw: nettes Bild ;)

  4. 4

    @ Krankmeldung wg Immunsystemdefekt:
    Dieser Vermutung steht die Information der Staatsanwältin entgegen.

    @ Funktionierendes Rechtssystem:
    Schätzen Sie mal, welche Kosten das Land Berlin für diese Arbeit, die ich in diese Sache gesteckt habe, erstatten muß.

  5. 5
    doppelfish says:

    Ganz sachlich geblieben? Eigentlich? Dieses Mal? Nanu? War das denn jemals anders? ;)

  6. 6
    Pascal says:

    „Diese Prognose wird gestellt, da es sich bei der vorliegenden Straftat um eine typisches Wiederholungsdelikt handelt.“

    Reicht sowas wirklich als Begründung aus? Das grenzt ja fast an kriminalistische Erfahrung

    Abgesehen davon: Kommen Redaktionsfehler bei Anträgen eigentlich häufiger vor? ;)

    „Durch (…) Verfügung vom 27. Mai 2008 lud der Polizeipräsident in
    Berlin den Antragsteller für den 2. November 2004 zur Durchführung (…) vor“

  7. 7
    AlterEgo says:

    Irgendwie hat der Beitrag einen leicht gehässigen Unterton. Was hat denn nun die besagte Frau von der Staatsanwaltschaft gesagt? Von der bisherigen Schilderung ist der Schluss nicht zwingend ohne dass man diese mysteriöse Aussage kennt.

    Apropos mysteriös.Warum mietet man eine große Lagerhalle an und benutzt diese scheinbar nicht, während ein Unbekannter dort verbotene Drogen anbaut im wohl größeren Ausmaße?

    Auch sehr mysteriös. Die Vermutung, darin verwickelt zu sein, ist doch wohl nicht so unwahrscheinlich, wie der Herr Verteidiger uns vormachen möchte. Wenn man dazu noch einen Gärtner extra für die Anlage hat, ist es doch klar, dass man selbst nicht mehr hin muss. Soweit ich das verstanden habe von diesen Anlagen brauchen sie recht viel Licht, also hoher Stromverbrauch der Lagerhalle. Das kann wohl einem Mieter nicht entgangen sein. Wie kommt ein Hasch-Gärtner auch in eine Lagerhalle rein, Schlüssel? Dass der Verdächtige dann seinen vermutlichen Auftraggeber nicht verpfeift ist unter Gaunern erstmal nicht so unklug. Es würde ja auch seine mögliche Strafe auch nicht zwingend senken. Man könnte dieses Wissen über die Arbeitsteilung ja durchaus sich für einen geeigneten Zeitpunkt bzw. für eine Kooperation mit der Staatsanwalt aufheben.

    Alles sehr seltsame Punkte jedoch. Und warum dieser siegessicherer Eintrag hier? Ja, da hat der studierte Jurist mit Fachanwaltsausbildung gegen die poppelige Polizisten mit 2-3 Sternchen gewonnen. Welch Sieg!

    Hätte sie das Kreuzchen bei 1. Alt gesetzt (aktuelle Straftat) wäre wohl nichts zu machen gewesen, wenn ich den Blogeintrag mal so deuten darf. Denn Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen, insb. um Spuren dort in der Halle auszuwerten, gab es. Warum wohl die Staatsanwältin dann noch so eine Äußerung an die „feindliche“ Seite abgegeben hat? Tja, egal, wir halten fest:

    Jurist 1:0 doofe Polizistin

    Widerspruchserhebung und Klageerhebung sollten ja entsprechend honoriert wurden sein von der Landeskasse.

  8. 8
    ballmann says:

    Es steht zu vermuten, dass die Beamtin in einem Anfall akuter Lese-und Rechtschreibschwäche die falsche Alternative des § 81 b ausgewählt hat. Sich selbst kasteiend hat sie es dann „an die Nerven bekommen“.

    Zu welchem Zwecke hatte denn der Mandant die Halle angemietet und genutzt ?

    Wann war er das letzemal in der Halle ?

    Sollte es sich bei dem Gärtner etwa um einen dieser heimtückischen Haus- äh Hallenbesetzer handeln ?

  9. 9
    doppelfish says:

    Nein, viel schlimmer. Ein sog. Hallenanmieter, typisches Wiederholungsdelikt.

  10. 10
    MaxR says:

    Warum wurde eigentlich nicht gleich eine DNA-Probe gefordert?
    Ich finde folgende Formulierung interessant:
    > (…) um eine typisches Wiederholungsdelikt handelt.
    > Es wird angenommen, dass Sie auch in Zukunft gegen
    > das Betäubungsmittelgesetz verstoßen werden.

    Wieso „auch in Zukunft“? War denn erwiesen, daß er bereits in der Vergangenheit?

    Außerdem immer wieder ins Auge springend sind Fehler wie „eine typisches“. Man sollte vor dem Schreiben sich für „Delikt“ oder „Tat“ entscheiden …

  11. 11
    AlterEgo says:

    Man sollte Textbausteine nicht allzu sehr verteufeln.

  12. 12

    […] das mit der ED-Behandlung nicht geklappt hat, ist sie krank geworden. Und […]

  13. 13
    TV says:

    Bla bla bla, wie lautet die Entscheidung und die Begründung des Verwaltungsgerichts?

  14. 14

    @ TV:

    Das VG mußte in der Sache nicht mehr entscheiden, da das LKA die Anordnung zurück genommen hat. Die Kostenentscheidung erging folgerichtig zulasten der Landeskasse.

    Wenn man den Text des Beitrages ließt, versteht und über ein wenig Sachkunde verfügt, kann man ganz gepflegt darüber diskutieren. Oder?

  15. 15
    TV says:

    Korrekt. Man(n) [RA] beachte allerdings den unsachlichen Beitrag und die daraus resultierenden unsachlichen Kommentare (meinen selbstverständlich eingeschlossen). Ach und, er liest…

  16. 16

    @ TV:
    Ich hätte keine Probleme damit, wenn Sie meine „unsachlichen“ Beiträge nicht beachten würden. Sie müssen hier nicht mitlesen, wenn Sie nicht möchten.

  17. 17

    […] Einzelheiten zu dieser Art der Verteidigung vor dem Verwaltungsgericht habe ich in diesem Beitrag bereits einmal […]

  18. 18
    Sebastian says:

    Immerhin gab es in ihrem Fall noch die Möglichkeit für Ihren Mandanten sich mit anwaltlicher Hilfe eines Rechtsmittels zu bedienen. Dies wird hier oben in Schleswig-Holstein regelmäßig gleich dadurch unterbunden, dass der Beschuldigte gleich eingesackt wird und die ED-Behandlung dann direkt – notfalls unter Zwang – durchgeführt wird.

    Dazu habe ich auf meiner Seite mehr geschrieben: http://genius-universalis.de/2011/07/dann-ordne-ich-das-eben-an/

    Was raten sie einem Beschuldigten in dem Fall? Ein Löschungsantrag ans LKA wird vermutlich fehlschlagen. Bei einer Fortsetzungsfeststellungklage könnte ich mir vorstellen, dass das ganze zwar als rechtswidrig abgestempelt wird, die Daten aber dennoch nicht gelöscht werden.