Ende des Mandats

Marco W. hatte zwei deutsche Verteidiger. Bis er sein Buch veröffentlichte. Jetzt hat er nur noch einen.

„Ich habe stets versucht, Schaden von Marco abzuwenden“, sagte Matthias Waldraff der in Hannover erscheinenden „Neuen Presse“. Mit dem Erscheinen des Buches noch während des laufendes Verfahrens sehe er keine Möglichkeit mehr, in diesem Sinne zu wirken und werde deshalb seine Tätigkeit beenden.

Quelle: Tagesspiegel

Die taz zitiert den Strafverteidiger:

„Ich bedaure das wirklich sehr. Aber allein die Art und Weise, wie dieses Buch angekündigt wird, konterkariert die Strategie, die ich und meine Kollegen bisher verfolgt haben“, erklärte Waldraff gegenüber der taz. „Wir waren bisher immer darum bemüht, das Gericht in der Türkei nicht unnötig zu provozieren. Öffentliche Einmischung hochrangiger Politiker oder Aktionen der Bild-Zeitung, 18.000 Protest-Leserbriefe zum türkischen Gericht zu transportieren, waren schon damals, als Marco in Haft saß, nicht gerade hilfreich.“

Ich kann den Frust verstehen, der entsteht, wenn der Mandant seinem Verteidiger in den Rücken fällt. Die Konsequenz, dann das Mandat zu beenden, ist manchmal hart, aber dann auch notwendig.

Es ist zu hoffen, daß weder die Buchveröffentlichung noch die Mandatsbeendigung dem Angeklagten schadet.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

4 Antworten auf Ende des Mandats

  1. 1
    AlterEgo says:

    Naja, de facto hat er seine „Haftstrafe“ in Form der UHaft schon hinter sich. Selbst bei einer Verurteilung würde ihm lt. Presseberichten nichts mehr passieren, wenn er nicht gerade in die Türkei reist. Alle sind happy: Mandant ist frei und verdient beim Buchschreiben, Anwälte haben Werbung bekommen, das Fli****** ist auch aus den Medien, das türkische Gericht hat über die UHaft den Angeklagten eh schon bestraft, die deutsche Öffentlichkeit (und CDU) kann jetzt über die vorsintflutartigen Zustände in der Türkei schimpfen, usw. Alle happy.

    Von der Verteidigungs-Arbeit ist das meiste wohl auch schon erledigt und gerade dieser Anwalt hat ja auch den Fall vor allem wegen der unglaublichen Publicity übernommen. Da ist es wohl nur folgerichtig das Mandat entsprechend medienwirksam abzugeben.

    Interessant sind natürlich Worte wie „das Gericht nicht unnötig provozieren“. Da würden hier in Deutschland sicherlich ein paar Strafverteidiger die Augenbrauen hochziehn ;-) Vor solchen Anwälten wurd ich bei meinen Praktika immer gewarnt ;-)

  2. 2

    @ AlterEgo:
    Gut, daß Sie schreiben: „unnötig provozieren“. Räumen Sie doch damit ein, daß Provokation manchmal nicht unnötig ist.

    Den Spruch mit der elterlichen Warnung setze ich als bekannt voraus.

    8-)

  3. 3
    AlterEgo says:

    Nach der Veröffentlichung des Buchs von Marco Weiss über seine Untersuchungshaft in der Türkei hat am Freitag auch der zweite deutsche Anwalt des inzwischen 18-Jährigen aus Uelzen sein Mandat niedergelegt. „Aufgrund einer offensichtlich unverantwortlichen Beratung von Seiten Dritter“ sei Marco „vertraglich in einer Weise gebunden worden“, die es dem Teenager unmöglich machten, seinen Rat zu befolgen und vor Prozessende keine Interviews zu geben oder „jede Form der Medienpräsenz zu unterlassen“, erklärte sein Anwalt Michael Nagel in Hannover.

    Quelle: faz

  4. 4
    Rolf Schälike says:

    Das Verhalten von Marco W. mag gegen die Verteidigungsstrategie sprechen und ihm tatsächlich mehr schaden als nutzen.

    Die an die Verteidigungsstrategie und die Erfolgschancen gekoppelte Kritik an seinem Verhalten durch die Buchveröffentlichung ist jedoch infam und menschenbverachtend seitens der Amwälte gegenüer ihren Mandanten.

    Sind Anwälte und Richter Götter, welche nur untereinander komunizieren und von der übrigen Welt lediglch angebetet werden dürfen?

    Die Haltung solcher Anwälte unterscheidet uns im Nichts vom Mittelalter.

    Möglicherweise sind die türkischen Richter in dieser Frage vom Mittelalter weiter entfernt als die beiden ihr Mandat niedergelegten Anwälte.

    Wir werde es erleben.