Feiger Journalismus

Es ist notwendig, daß die Medien über aktuelle Kriminalfälle berichten. Das Volk will und soll informiert werden.

In welcher Form das geschieht, entscheiden die Journalisten. Die einen berichten in seriöser Form mit kritischer Distanz und liefern Hintergrundwissen. Die anderen schreiben ihre Artikel stimmungsvoll und garnieren sie mit großen Buchstaben und nackten Frauen. Man bleibt unter sich.

Gefährlich wird es, wenn hier die Grenzen verwischen. Niveauloser Boulevard im seriösen Gewand kann dann schnell mal zu gesellschaftsfähigen Lynchjustiz-Phantasien und dann zu ernst zu nehmenden Morddrohungen führen.

Die Autoren dieser Saat sitzen am sicheren Redaktionsschreibtisch. Im Holzklotzfall sitzen der Angeklagte und seine Verteidiger hinter schußsicherem Glas.

Tanja Buntrock schreibt über die Spur der Feigheit:

Die Polizei hat es also mit einem hoch gefährlichen und feigen Täter zu tun. Ein unverheirateter, kinderloser Mann, der bis vor dem Bombenanschlag in einer Erdgeschosswohnung in der Nord-Neuköllner Reuterstraße lebte. Einer, der schon 50 Straftaten begangen hat: Einbruch, Diebstahl, Sachbeschädigung. Der schon zweimal im Gefängnis saß …

… im Tagesspiegel. Nicht in der BZ.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

6 Antworten auf Feiger Journalismus

  1. 1
    Polizeistaat 2.0 says:

    Qualitätsjournalismus kann man ja heutzutage eh mit der Lupe suchen. Alles muss schnell schnell gehen. Es gibt kein Gegenlesen von Artikeln oder sonstige internen QM Massnahmen. Also wen wunderts.

  2. 2
    Malte S. says:

    Tagesspiegel und seriös? Hat der sich in den letzten 6 Jahren, die ich ihn nicht mehr lese, etwa um mind. 200% verbessert, um sein altes Niveau zu erreichen?
    Schon wenn ich den Satzbau und Sprachstil dieses Artikel lese, erkenne ich doch, dass da kein sonderlich fähiger Reporter dran saß…

  3. 3
    doppelfish says:

    Der Artikel hält noch ein paar weitere Köstlichkeiten bereit. Sympathische S- und MEKs (mit Rang und Namen), Dagobert und ein Blumenstrauß.

  4. 4
    Advokat says:

    Die beste Zeitung ist ohnehin immer die, die man nicht liest.

  5. 5
    AlterEgo says:

    Was wird hier denn kritisiert? Die Aufzählung der bisherigen Straftaten bzw. sein Lebenslauf? Wohl kaum.

    Die Bewertung „feige“ für einen Bombenanschlag ist doch nicht per se falsch.

    Wikipedia meint berufend auf den Uralt-Brockhaus:

    „Feigheit ist zunächst die Neigung, sein Handeln durch Angst oder Furcht bestimmen zu lassen. Sie ist ein seelischer Zustand, in dem sich jemand aus Furcht einer Gefahr, dem Schmerz oder dem Tod nicht stellt und aus der Sicht Dritter häufig als ehrlos zeigt.“

    Dass der Bombenleger ebend sich nicht derselben Gefahr wie die Opfer aussetzt, kann hier demnach durchaus als „feige“ ausgelegt werden. Im Gegenteil, es ist ja gerade Ziel andere Menschen zu töten oder zu verletzen ohne dabei überhaupt Schaden zu bekommen.

    Wenn allerdings darauf angesprochen werden soll, dass die Grenze zwischen Berichterstattung und Kommentar immer mehr verwischt, dann ist das auch sicherlich richtig.

  6. 6
    LoVo says:

    Ich wußte bisher gar nicht, das zu einer kriminellen Vergangenheit auch eine Ausbildung in der Bundeswehr gehört… Aber irgendwie paßt das ja, denn auch da lernt man ja aus der Ferne zu töten und zu verletzen und wäre somit feige…
    Würde mich nach der geschilderten Vorgehensweise da nicht wundern, wenn bis zur Ergreifung noch etliche Unbeteiligte verletzt oder sogar getötet werden.