Fiskalische Strafzumessung

Bei einer Steuerhinterziehung ist die Höhe des Hinterziehungsbetrags ein Strafzumessungsumstand von besonderem Gewicht. Der Steuerschaden bestimmt daher auch maßgeblich die Höhe der Strafe.

Das schrieb der 1. Senat des Bundesgerichtshofes in sein Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08. Etwas anderes formuliert ein altes Gesetz:

§ 46 Grundsätze der Strafzumessung

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters,
die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,
das Maß der Pflichtwidrigkeit,
die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

In § 46 StGB steht nichts davon, daß die Höhe hinterzogener Steuern die Dauer einer Freiheitsstrafe bestimmt.

Allerdings: Wenn es um das Geld des Fiskus‘ geht, kommt es ohnehin auf das Gesetz nicht an. Notfalls paßt man das Gesetz eben an die Haushaltslage an. Wobei: Der Gesetzgeber selbst traut sich nicht, bei der Abgabenordnung von einem „Gesetz“ zu sprechen.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches, Strafrecht veröffentlicht.

8 Antworten auf Fiskalische Strafzumessung

  1. 1
    BV says:

    Warum sollte das plötzlich ein Problem sein? Der Katalog in § 46 II 2 StGB ist nach allgemeiner Meinung unvollständig. Und die Höhe des Schadens dürfte schon seit jeher ein Strafzumessungskriterium sein. Und warum ist der Beitrag so betont undifferenziert und reißerisch geschrieben?

  2. 2
    Carlo says:

    Lesen Sie die zitierte Stelle aus dem Strafgesetzbuch doch noch mal genau – Sie werden in § 46 Absatz 2 bei den „namentlich“ zu berücksichtigenden Umständen die Worte „die verschuldeten Auswirkungen der Tat“ finden. Und dann überlegen Sie einfach mal, ob damit vielleicht auch der angerichtete (Steuer-)Schaden gemeint sein könnte.

    Nebenbei: Die „Abgabenordnung“ ist ein Verfahrensgesetz, genau wie die StPO, die ZPO, die VwGO, die SGO oder die FGO. Meinen Sie, das sollen nach der Vorstellung des (insoweit der Terminologie des 19. Jahrhunderts verhafteten) Gesetzgebers alles keine „richtigen Gesetze“ sein??

  3. 3
    AlterEgo says:

    Was der BGH hier gemacht hat, ähnelt einer Typisierung. Das ist an sich keine schlechte Idee, wenn man sozusagen die „Regel-Tarife“ festlegt. Die Strafe wird doch immer noch individuell festgelegt, mit allen Gesichtspunkten, die für oder gegen den Angeklagten sprechen.

    Bei Steuerstraftaten ist sowieso das Interesse des Staates ein anderes als bei den gewöhnlichen Straftaten. Niemand anderes als der Staat wurde hier verletzt, keiner wurde ermordet, keiner wurde für das Leben verstümmelt, usw.

    Hauptziel der Steuerstrafgesetze ist doch zuerst die Wiedergutmachung des Steuerschadens und dann eine angemessene Strafe, damit das Risiko für Steuerhinterziehung auch überhaupt besteht. Wenn der Staat immer hart bestrafen würde, würde er ja gegen seine Interessen handeln, denn dann würde die Leistungsfähigkeit seines säumigen Steuerschuldners sofort vernichten und gerade diesen fehlenden Betrag nicht bekommen.

    Beim Fall Zumwinkel sieht man ja, dass es für den Steuerstaat durchaus vorteilhaft sein kann, wenn man aus dem Angeklagten möglichst viel rauspresst, um höhere Geldstrafen zu bekommen. Es bringt wohl keinem was, wenn man ab 100.000 Euro schon ins Gefängnis gehen müsste und dann seine Einkommensquelle für die nächsten Jahre verdient. Da würde sich der Staat ja seine eigene Steuer-Kuh schlachten sozusagen. Gefängnis sollte ebend für die krassesten und dreiesten Fälle nur dienen bzw. als „Verhandlungsoption“ bei größeren Fällen.

    Sicher, das ist ungerecht, wenn man sieht, dass ein Gewohnheitsdieb schneller einwandert bei mehrmaligen Erwischen. Aber der Dieb beklaut ja auch nicht den Staat, sondern Privatpersonen (alte Omis, Geschäfte, usw.). Das ist ebend etwas anderes.

  4. 4
    Anonym says:

    „In § 46 StGB steht nichts davon, daß die Höhe hinterzogener Steuern die Dauer einer Freiheitsstrafe bestimmt.“

    Also für mich passt der folgende Teil des §46 II ganz gut.
    „das Maß der Pflichtwidrigkeit,“

    Was versteht ein Jurist dadrunter?

  5. 5
    Chak says:

    03, AlterEgo:
    Hauptziel des Steuerstrafverfahrens ist nicht den Steuerschaden wieder gut zu machen, den muss der Steuerhinterzieher zusätzlich ausgleichen.

  6. 6
    Pascal says:

    Naja, dann ziehen wenigsten die Vergleiche mit den höherbestraften Steuersündern mal.

  7. 7
    Uwe says:

    „die SGO“

    Das SGG hat schon einen besseren Namen. :-P

  8. 8
    AlterEgo says:

    „Also für mich passt der folgende Teil des §46 II ganz gut.
    “das Maß der Pflichtwidrigkeit,”

    Was versteht ein Jurist dadrunter?“

    Das soll sich offenbar auf Verletzungen von besonderen Rechtspflichten (bei Fahrlässigkeitsdelikten bzw. bei der Verletzung von besonderen Rechtspflichten bei Vorsatzdelikten wie die Vermögensbetreuungspflicht (Untreue), usw.) beziehen. (T/F § 46 Rn. 21)