Florentiner

Wenn die Polizei von unserer Mandantin einen unverschämt hohen Betrag für das Verkehrt-herum-Befahren einer Einbahnstraße oder für was auch immer haben will, sollte man sich in Firenze doch mal erst um einen Menschen bemühen, der dieses Vulgär-Latein in Hochdeutsch übersetzt. So geht das nicht.

Wir sind hier schließlich nicht beim Italiener Il Carsolare im Graefe-Kiez. Und überhaupt: Unsere Mandantin ist Halterin des Fahrzeugs (Auto? Motorrad? Anhänger?); ja. Und?

Nur mal ganz nebenbei: Es gibt (noch) kein Vollstreckungsabkommen zwischen der Toskana und dem Havelland.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

21 Antworten auf Florentiner

  1. 1
    Christian says:

    Ob nicht vielleicht Benutzername und Passwort auch geschwärzt werden sollten? Oder spekulieren Sie darauf, dass regelmäßige Blogbesucher jetzt vor Weihnachten in Spendierlaune sind? ;-)

  2. 2
    icke says:

    kein Rechtshilfeabkommen? Dann raten Sie Ihrer Mandantin doch einfach nicht zu zahlen und gut ;)

  3. 3
    ra kuemmerle says:

    Da hatte ich letztens eine ähnliche Anfrage. Zutreffend ist, dass es zwischen Italien und Deutschland kein Vollstreckungsabkommen gibt. Allerdings hatte ich gelesen, dass voraussichtlich Anfang 2009 der EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Geldsanktionen in Deutschland umgesetzt werden soll. Ob auch zurückliegende Verkehrsverstöße und ergangene Bescheide unter diese neue Vollstreckungsregelung fallen werden war nicht herauszufinden. Die Vollstreckung wäre damit zum jetzigen Zeitpunkt nur im Tatortland möglich.

    Nach italienischem Recht müssen Verkehrsverstösse dem Betroffenen möglichst sofort durch ein sog. Verstoßprotokoll vorgehalten werden, andernfalls ist ihm ein entsprechendes Verstoßprotokoll zuzustellen. Die für den Verstoß verhängte Geldbuße ist innerhalb einer Frist von 60 Tagen ab dem Zeitpunkt der Tat bzw. der Zustellung des Verstoßprotokolls zu bezahlen. Erfolgt die Zahlung fristgerecht, wird nur der Betrag fällig, der der Untergrenze des jeweiligen Strafrahmens für den begangenen Verstoß entspricht (Mindestbuße). Innerhalb der 60-Tagesfrist kann der Betroffene Rechtsmittel einlegen, andernfalls erlangt das Verstoßprotokoll Rechtskraft und wird zu einem (allerdings nur in Italien) vollstreckbaren Titel.
    Wird dem Rechtsmittel abgeholfen, so erfolgt eine Verfahrenseinstellung, andernfalls ergeht ein Zahlungsbescheid, der mindestens das Doppelte der Untergrenze des Strafrahmens für den betreffenden Verstoß beträgt. Hinzu kommen noch die Verfahrenskosten. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 30 Tagen Einspruch eingelegt werden. Für Betroffene mit Wohnsitz im Ausland beträgt die Rechtsmittelfrist 60 Tage.

    Das italienische Recht kennt eine Solidarhaftung zwischen Halter und Fahrer. Danach kann neben dem Fahrer auch der Halter gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Geldbuße herangezogen werden, sofern er nicht nachweist, dass das Fahrzeug entgegen seinem Willen benutzt wurde.

    Neben der Vollstreckung der Geldbuße können bei Einreise nach Italien zusätzlich das Fahrzeug beschlagnahmt oder mittels Radklemme am Fortfahren gehindert werden. Ferner kann ein Fahrverbot verhängt und der Führerschein eingezogen werden. Wer trotz Fahrverbots ein Fahrzeug fährt, hat mit einer Haftstrafe von 1 bis zu 8 Monaten sowie mit einer Geldbuße zu rechnen. Dasselbe gilt für das Führen von Fahrzeugen, deren Papiere eingezogen worden sind.

    Bei Übertretungen, für die das italienische Recht eine Geldstrafe androht, tritt Verfolgungsverjährung 2 Jahre nach dem Tattag ein. Die Vollstreckung eines Bußgeldbescheides verjährt bei solchen Verstößen im allgemeinen nach 5 Jahren ab Rechtskraft der Entscheidung.

    Heißt im Endeffekt dann 5 Jahre keinen Italienurlaub…

  4. 4
    VolkerK says:

    @ra kuemmerle: Oder alternativ ein anderes Nummernschild besorgen (einen Tag abmelden, dann wieder anmelden) – ich geh mal davon aus, dass die Kontrolle auf Basis des Kennzeichens erfolgt, da Grenzkontrollen in der EU ja nicht mehr existieren.
    Was ich bedenklich finde ist der dezente Hinweis auf das Outsourcing der hoheitlichen Handlung an eine privatrechtliche Firma.

  5. 5
    AlterEgo says:

    Hm, ist das eigentlich üblich, dass solche Bescheide in der Heimatsprache verfasst werden?

    Und 94 € für einen Einbahnstraßenverstoß finde ich jetzt auch nicht „unverschämt“. Wer zB weiß, wieviel die Italiener damals abgezockt haben, wenn kein „D“-Schild drauf war auf dem Auto (trotz sog. „EU“-Kennzeichens), sollte bei 94 Euro eher lächeln.

    Geschwindigkeitsübertretungen in den anderen Ländern Europas haben ja auch meist drakonische Strafen, sieh Schweiz, oder ne vergessene Vignette in Österreich…

  6. 6
    AlterEgo says:

    Mal ne andere Frage:

    „der dieses Vulgär-Latein in Hochdeutsch übersetzt.“

    Die Aussage dieses Satzes steht irgendwie im Widerspruch zu meinem Eindruck des Schreibens.

    Ich finde das Schreiben weder unlesbar noch als falsch übersetzt.

  7. 7
    icke says:

    @ ra kuemmerle danke für die ausführungen. 5 jahre kein italienurlaub würden mich zumindest nicht abhalten. ;)

    ot an crh: warum verstecken sie eigentlich auch bei recht kurzen artikeln den rest unter „weiterlesen“? ist manchmal schon nervig.

    wenn sie wissen wollen wieviel leute ihren eintrag schon gelesen haben kann ich nur eins sagen: wenn neue kommentare da sind ruf ich den artikel auch mehrmals auf, um nachzuschauen. allein schon deshalb sind die klickzahlen nicht aussagekräftig.

  8. 8
    AlterEgo says:

    @ icke

    Ich find „Weiterlesen“ auch ziemlich überflüssig. Warum nicht der ganze Artikel gleich?

  9. 9

    @ Weiterlesen
    Danke für den Hinweis. Ich habe das entsprechende Plugin testweise deaktiviert. Mal schauen, wie sich das entwickelt.

    @ Klickzahlen
    Mich interessieren die Klickzahlen nicht so, als daß ich mir solch schwerwiegende Gedanken machen müßte. Klicken Sie oder klicken Sie nicht oder klicken Sie, so oft sie wollen. Das macht dem Sack Reis in China alles nichts aus … ;-)

  10. 10
    icke says:

    geht doch … danke :)

  11. 11
    icke says:

    und wie es Kommissar Zufall will, läuft grad diesbezüglich eine Meldung über den heiseticker.

  12. 12
    ra kuemmerle says:

    Die Knöllchendatenbank und die europaweite Vollstreckung sind – denke ich – zwei paar Schuhe. Ersteres war ein Vorschlag, die Vollstreckung hingegen ist geltendes EU-Recht und müsste von Deutschland noch in nationales Recht umgesetzt werden. Ob das in 2008 noch zu machen ist, wage ich aber zu bezweifeln.

  13. 13
    deranwalt.at says:

    Ob sich da nicht gar noch ein neues Betätigungsfeld für den Kollegen Tank & Consorten auftut ?

  14. 14
    icke says:

    @ösi: ;) ähh das müssen Sie mir nochmal erklären. Ich kann da im Moment keine Verbindung erkennen. Erstmal müssen ja die rechtlichen Vorraussetzungen geschaffen werden wie RA Kuemmerle bemerkte. Des Weiteren handelt es sich um Forderungen die vom jeweiligen Staat erhoben und eingetrieben werden.

  15. 15
    deranwalt.at says:

    Da mit „ösi“ offenbar ich gemeint bin (?) :

    Siehe den „wichtigen Hinweis“ im gegenständlichen Schreiben unten :
    „Die Gemeindepolizei hat EMO – European Municipality Outsourcing eine offizielle Vollmacht erteilt und sie für die Ausführung aller Tätigkeiten verbunden mit diesem Akt beauftragt.“

    EMO ist ebenfalls kein staatliches Organ, sondern nur ein beliehener privater Rechtsträger, und ein allfälliges Fehlen irgendwelcher „rechtlichen Voraussetzungen“ ist für gewisse Kreise ja bekanntlich auch kein Hinderungsgrund, nicht trotzdem beeindruckende Mahnschreiben zu versenden, auf die ein wenigstens kostendeckender Prozentsatz der Empfänger hereinfällt.

    Vermutlich bastelt also der allseits geschätzte Kollege inzwischen ohnehin bereits an einer Standleitung nach Kalabrien …

  16. 16
    icke says:

    War nicht böse gemeint. Ich mag euch eigentlich, schon wegen der blumigen sprache ;) Ich glaub aber nicht das es in Deutschland so weit kommen wird … Moment … die Bundesdruckerei wurde hier in Deutschland auch verkauft.

    Mal schaun was uns die Privatisierung öffentlicher Aufgaben noch bringt.

  17. 17
    ra kuemmerle says:

    Habe bei den Gelben noch was zum Thema EMO gefunden.

  18. 18
    Philipp says:

    Ich hatte vor bald einem Jahr einen Bussgeldbescheid von EMO erhalten. Wegen einer Uebertretung von 6km/h… Wenn Italien so kleinlich ist und neuerdings auf diese Weise die Staatskasse aufbessern will, kann ich sehr gut auf dieses Land verzichten. Da mache ich weiterhin Urlaub in Griechenland, dort ist man als Gast willkommen.

    Eintreiben kann EMO das Geld im Ausland nicht. Wer also nicht mehr nach Italien fährt, kann getrost auf das Bezahlen der Busse verzichten.

  19. 19
    ichliebeitalien says:

    habe heute eine zahlungsaufforderung der EMO über 60€ erhalten. nach ablauf von 20 tagen wird die „prozedur der offiziellen zustellung“ eingeleitet. was versteht man darunter und welche zusatzkosten können daraus entstehen?

  20. 20
    Olge says:

    Ist inzwischen schon bekannt ob bei einem Zustandekommen eines Vollstreckungsabkommens zwischen Italien und Deutschland zurückliegende Verkehrsverstöße und ergangene Bescheide vollstreckt werden können?

  21. 21
    peter boyd says:

    Auf diesem Homepage(RECHTSANWÄLTE & STEUERBERATER
    HARNOS GASTEIGER REITZER) habe ich ausführliche Infos finden können. Stand Juli 09. Eine Umsetzung des Vollstreckung findet erst ab Bundestagwahl statt also Herbst 09. Gesetz nicht Rückwirkend (s.u.)

    In einem ähnliche Breif von EMO sind
    wesentlichen Verfahrensgrundsätze NICHT eingehalten.
    (kein Rechtsbelehrung, nicht zugestellt innerhalb von 360 Tagen)

    International vollstreckbar soll nicht schon jedes falsche Parken werden. Nur ausländische
    Verstöße von einigem Gewicht sollen in Deutschland vollstreckt werden. Deshalb bleiben
    Strafen bis ¤ 70,00 von der Vollstreckung ausgenommen. Nur solche Entscheidungen dürfen
    zukünftig von den deutschen Behörden vollstreckt werden, bei denen die wesentlichen
    Verfahrensgrundsätze eingehalten wurden. Eine wichtige Voraussetzung ist z.B., dass der
    Betroffene in deutscher Sprache über den Tatvorwurf informiert wurde, er Gelegenheit zur
    Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung hatte und ihm mitgeteilt wurde, wo und binnen
    welcher Frist er die ausländische Entscheidung anfechten kann.

    Weiter soll eine Rückwirkung unzulässig sein, d.h. es werden nur Strafen für Taten
    vollstreckt, die sechs Monate nach Inkrafttreten des Geldsanktionengesetzes begangen
    wurden. „Altlasten“ können somit auch in Zukunft nicht in Deutschland vollstreckt werden.
    Ausgeschlossen werden soll ebenfalls die Vollstreckung von Geldbußen, deren Vollstreckung
    in Deutschland schon Verjährung entgegensteht, in Fällen einer Doppelverurteilung und bei
    fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit aus Altersgründen.

    Ein weiteres wichtiges Problem, das voraussichtlich aber erst durch die Rechtsprechung
    geklärt werden kann, ist die sog. Halterhaftung. Während in Deutschland bei einem Verstoß
    im fließenden Verkehr der Fahrer ermittelt werden muss, genügt in vielen anderen Ländern
    die Feststellung des Fahrzeughalters über das Kennzeichen. Der Halter muss dann den Fahrer
    benennen, um einer Bestrafung zu entgehen. Dadurch werden aber wesentliche Grundsätze
    des deutschen Strafverfahrens verletzt, die auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gelten,
    nämlich das Schweigerecht des Beschuldigten und u.U. das Zeugnisverweigerungsrecht von
    Angehörigen. Daher könnten die Bewilligungsbehörde und Gerichte in solchen Fällen
    zukünftig die Vollstreckung verweigern.

    Wer in Zukunft einen ausländischen Bußgeldbescheid erhält, hat zwei Verfahrensphasen, in
    denen er sich verteidigen kann. Am wirkungsvollsten ist es, wenn das ausländische Verfahren
    ohne eine Verurteilung endet. Dann kommt es gar nicht erst zu einer Vollstreckung. Liegt
    aber eine rechtskräftige ausländische Entscheidung vor und droht die Vollstreckung in
    Deutschland, kann der Betroffene sich im Anhörungsverfahren und mit dem Einspruch
    wehren. Gelingt es, die Vollstreckung in Deutschland abzuwenden, bedeutet das aber keinen
    Freispruch: die Geldbuße kann in dem Land, das die Strafe festgesetzt hat, weiter vollstreckt
    werden.

    Praktische Hinweise für die Zeit nach Inkrafttreten des Geldsanktionengesetzes:

    · Fehlerhafte ausländische Entscheidungen nicht rechtskräftig werden lassen – sie
    können sonst in Deutschland vollstreckt werden.

    · Zur Verteidigung gegen den Tatvorwurf einen auf das jeweilige erlassende Land
    spezialisierten Rechtsanwalt kontaktieren.

    · ausländische Punkte oder Fahrverbote werden aufgrund des Geldsanktionengesetzes
    nicht vollstreckt, die Fahrerlaubnis nicht entzogen

    · Ein erfolgreicher Einspruch gegen die Vollstreckung im Inland ist kein Freispruch –
    die Geldbuße bleibt im Ausland vollstreckbar

    Bei Verkehrsübertretungen in Österreich und insbesondere in Italien arbeiten wir eng mit unseren Kooperationspartnern zusammen:

    In Italien mit unserer Kooperation

    RECHTS-/PATENTANWÄLTE
    Kravoglstrasse 18
    39100 Bozen / Italien

    Dr. Petra Hofer,
    Rechtsanwältin und avvocato