Führen ist Parken?

Jetzt geht es so langsam los, mit den Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen das Verkehsverbot zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen.

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Wer an diesem Schild ohne eines von solchen bunten Pickerl

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vorbeifährt, soll sich angeblich einer Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht haben.

Nach § 41 Abs. 2 Nr. 6, Zeichen 270.1, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, Ziffer 153 des BKat lautet der Verbotstatbestand:

Kraftfahrzeug trotz Verkehrsverbots bei Smog oder zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen (Zeichen 270) geführt.

Wer beim Fahren ohne Plakette erwischt wird, hat kaum noch eine reelle Chance, an einem Bußgeldbescheid vorbeizukommen. Die Bußgeldbehörde kann gar nicht anders, als das Verhalten zu sanktionieren. Vielleicht hat man aber eine Chance beim Bußgeldrichter. Doch das ist ein anderes Thema.

Spannend ist aber das hier: Die Wanne vor dem Finanzamt. Wie man unschwer erkennt, parkte die Wanne am 27.1.2008 am Mehringdamm; der Kundige weiß: Mitten in dieser Umweltzone. Sie parkte – nach Ansicht des Polizeipräsidenten – angeblich auch noch am 7.2.2008 dort.

Deswegen schickt dieser Präsident folgende Anhörung an den Halter der Wanne:

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Es stellt sich nun die Frage. Ist unter „Parken“ das „Führen eines Kraftfahrzeuges“ zu verstehen? Kann man den Begriff „Führen“ so verbiegen, daß dies auch eine „Verkehrsteilnahme durch Parken“ umfaßt? Oder ist das nur der untaugliche Versuch einer Ordnungsbehörde, auf Biegen und Brechen den groben Blödsinn, den der Verordnungsgeber da verzapft hat, praktikabel zu machen?

Zudem müßte ja auch noch geklärt werden, wer denn die Wanne dort verkehrsteilnehmend geparkt hat? Der Halter? Oder sonst wer?

So beginnt nun ein schönes Beispiel dafür, wie man mittels sinnloser Vorschriften gutes Geld und teure Manpower zum Fenster rauswirft. Ich werde die geneigten Leser über den Fortgang dieses Mandats auf dem Laufenden halten.

Nebenbei: Die Kosten der Verteidigung übernimmt ein Rechtsschutzversicherer.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht, Politisches veröffentlicht.

15 Antworten auf Führen ist Parken?

  1. 1
    RA JM says:

    Das Auffällige ist, dass Nr. 153 BKatV in der Anhörung nicht einmal erwähnt wird, sondern nur „–“. Im Ergebnis wird die Behörde evtl. die Flucht in § 25a StVG antreten – dann könnte es allerdings Probleme mit der RSV geben …;-)

  2. 2
    Nico says:

    Da sind aber anscheinend noch andere Sachen fraglich.

  3. 3
    HLRM says:

    Das Führen war doch offensichtlich vor dem 1. Februar, also zu einer Zeit, wo es Verwarnungen ohne Kosten gab. Obwohl ein zukünftiges Führen, also das spätere Wegfahren angenommen werden konnte – darf so eine geplante Tat vorher schon geahndet werden?

    Jedenfalls erzeugt Parken keine schädlichen Luftverunreinigungen. Ich hoffe, dass dazu kein Gutachten notwendig wird…

  4. 4
    doppelfish says:

    Ist ja vollkommen ausgeschlossen, daß die Wanne vor Inkrafttreten der Vorschrift da schon stand. Oder per Transporter hingestellt wurde. Und gerade im Stand ist ja der Schadstoffausstoß geradezu ungeheuerlich hoch. Und klar, da muss der Halter büssen, nicht etwa der Fahrer.

    Hat da wer zuviel Feinstaub in den behördlichen Gehirnwindungen?

  5. 5
    AEW says:

    Hier im Kölner Raum wird die Frage, ob parkende Umweltsünder ein Knöllchen erhalten, seit Wochen in der Praxis diskutiert. Aber hier werden die Knöllchen auch erst ab dem 01.04. verteilt. Und letztlic bestimmt erstmal so, wie bei Euch in Berlin.

  6. 6
    wann says:

    verehrter herr hoenig, ab welchem zeitpunkt ist in der sache denn eine verfolgung unschuldiger – zu ihrem nachteil – anzunehmen??

  7. 7
    doppelfish says:

    Der zweitletzte Absatz gefällt mir besonders: „… wenn Sie bestreiten selber gefahren zu sein …“. Dieser Aspekt dürfte ja eigentlich unstrittig sein.

  8. 8
    Perplex says:

    Mir bereiten die beiden „–“ (BKat) im Anhörungsbogen Kopfzerbrechen. Warum wird die Tatbestandsnummer nicht genannt? Ich denke, dass ohne Tatbestand im Bußgeldkatalog keine Strafe möglich wäre. Tatbestand Nr. 153 kann es ja wohl nicht sein, weil da wird eindeutig auf Smog & Smog-Zeichen 270 verwiesen. Von Umweltzone & Zeichen 270.1 ist im gesamten Bußgeldkatalog nichts zu finden. Damit scheint aus meiner Sicht die Strafandrohung, für das plakettenlose Befahren der Umweltzone, ein riesengroßer Bluff zu sein.

    Was das plakettenlose Parken angeht, steht für mich außer Zweifel, dass eine Halterhaftung für das Bußgeld & den Punkt in Flensburg auszuschließen ist. Da wären zu viele offene Rechtsfragen: Welcher Gesellschafter würde denn den Punkt in Flensburg kassieren, wenn das Fahrzeug auf eine GmbH zugelassen wäre? Für jeden halbwegs intelligenten Menschen stellt sich eigentlich die Frage, wie das „Führen“ geahndet werden soll, wenn das Fahrzeug letztes Jahr dort ganz legal abgestellt wurde. Dass das Fahrzeug letztes Jahr hätte rechtzeitig entfernt werden müssen, davon kann ich im Gesetz nichts finden. Für mögliche zukünftige Taten kann heute niemand bestraft werden. Wie soll ein Fahrer ein „Parkverbotszeichen“ beachten, das möglicherweise 6 km weg steht?

    Solche Anhörungsbogen mit dem Vorwurf „Sie führten…“ & „Verkehrsteilnahme durch Parken“ an den Halter werden seit Februar tausendfach verschickt. Was will denn die berliner Bußgeldstelle mit ihrem haltlosen Vorgehen bezwecken, wo eindeutig die Strafbarkeit gesetzlich nicht bestimmt ist? Was für ein Verwaltungsaufwand damit verbunden ist die Straßenbereiche zu überwachen, wo das Parken normalerweise legal ist, steht wohl außer Frage. Kann man allgemein gegen diese Art von Steuergeldverschwendung vorgehen?

    Gibt es eine Interessengruppe, die Umweltzonenopfer sammelt & vertritt? Ich meine, nicht das jeder Halter oder Fahrer mit oder ohne Anwalt alleine vor sich hinwurschtelt. Ich persönlich werde, besonders zu der Zeit wenn die BVG streikt, massenhaft mit solchen Strafzetteln überwiegend vom Ordnungsamt seit Februar zugespamt.

  9. 9

    […] Die Bußgeldverfahren wegen Parkens in der Umweltzone ohne Plakette sind richtig selten […]

  10. 10
    Renate Lisewski says:

    Zur Steuergeldverschwendung habe ich auch noch 1 Beitrag:
    Mit Schreiben vom 5.5.2008 wurde mir mitgeteilt, dass ich am 30.4.08 mein KFZ(Kennzeichen stimmte)
    trotz Verkehrsverbot z. Verminderung schädl. Luftverunreinigungen (Z:270.1/270.2 -Verkehrsteil- nahme durch Parken)i.d. Martin-Lutherstr. vor dem Haus-Nr.24 abgestellt haben soll. Beweis: Foto (ist mir bisher nicht zugesandt worden)und Aussage einer Mitarbeiterin d.Ordnungsamtes.
    Dem Polizeipräsidenten teilte ich am 13.5.08 mit,
    ich hielt mich vom 26.4.bis 2.5. nicht in Berlin auf,die Quittung 1 Tankstelle fügte ich bei. Ich meldete Zweifel an, dass es von meinem weißen VW Golf nebst gültiger Plakette ein Foto gibt, fragte an, ob der Mitarbeiterin 1 Schreibfehler unterlaufen sei. Heute bekam ich die lapidare Antwort der Polizei: Das Bussgeldverfahren sei eingestellt, aber die Kosten des Verfahrens (Gebühr 15,– EUR + Ausla- gen 3,50 EUR) muss ich trotzdem tragen. Der Staat wird reich durch „Verschreiben“ der Ordnungsämter.
    Gruß + Kommentar einer erzürnten Bürgerin

  11. 11

    Sie können gegen den Kostenbescheid Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und damit dem Gericht Gelegenheit geben, sich mit der weltbewegenden Sache auseinander zu setzen.

    Hilfreich bei der Argumentation könnte dieser Aufsatz des RiAG Sandherr aus der DAR sein.

  12. 12
    flexscan says:

    Wird nicht auf den Anhörungsbogen reagiert, wird nach einiger Zeit das Verfahren eingestellt und ein Kostenbescheid zugeschickt.

    Inhalt:

    Das in dieser Sache anhängige Bußgeldverfahren ist eingestellt worden. Ihnen werden als Halter/Beauftragter des Halters die Kosten des Verfahrens auferlegt (§ 25 a StVG), da die Feststellung des Führers des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjahrung möglich war oder einen unangemessenen Aufwand erfordert hätte.
    Die Kosten des Verfahrens belaufen sich gemäß § 107 Abs. 2, 3 OWiG auf:
    Gebühr 15,00€
    Auslagen 3,50€
    Gesamt 18,50€

    Gruß

  13. 13

    @ flexscan:

    Diese Kostenbescheide enthalten eine Rechtsmittelbelehrung, die man lesen und dann von dem Rechtsmittel auch Gebrauch machen sollte. Dann landet das Ganze vor dem Gericht. In den von uns vertretenen Fällen wurden die Bescheide wieder aufgehoben. § 25 a StVG paßt (noch) nicht auf die Umweltzonenfälle.

  14. 14

    […] andernorts ist zu lesen, dass die neuen Kontrollmöglichkeiten Stilblüten treiben, aber eine Frage ist bisher […]

  15. 15
    Ziami says:

    Einen Freund hat es „getroffen“.
    Ist ja ein sehr ausgiebiges und lustiges Thema mittlerweile im gesamten deutschsprachigen Internet geworden.

    Wie ist denn die aktuelle Sachlage im Bezug auf die Umweltzone.

    Welche Erfahrungen gibt es mittlerweile darüber?
    Das Fahrzeug ist nicht auf ihn gemeldet.
    Soll man den Anhörungsbogen einfach ignorieren?

    Danke im Voraus für hilfreiche Antworten.