Quarzsandhandschuhe weit verbreitet

„Es ist ein Unterschied, ob ich einen Gegner boxe, der sich dann nur schüttelt und mir eins auf die Nase haut. Oder ob ich ihn boxe und er danach handlungsunfähig ist.“

Die taz zitiert einen Polizeibeamten, der über den weit verbreiteten Einsatz von Quarzsandhandschuhen bei den Berliner Einsatzhundertschaften (EHU) berichtet.

Liebe Polizeibeamte, wenn Euch einer beim Einsatz dieser Handschuhe erwischt, reden wir möglicherweise über eine gefährliche Körperverletzung; Mindestfreiheitsstrafe nicht nur 3, sondern gleich 6 Monate. Das kostet unter Umständen den Job.

Polizeipräsident Dieter Glietsch liegt nicht völlig daneben, wenn er erklärt:

Für ihn seien Quarzsandhandschuhe eine Waffe: „Der einzige mir bekannte Zweck ist, anderen Verletzungen zuzufügen.“

Ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 StGB sind die Dinger allemal. Das hier:

Anders als normale Handschuhe säßen die quarzsandgefüllten wie angegossen (…). „Man kann damit gut greifen und festhalten, sie sind feinfühlig und engen nicht ein“, berichtet der Beamte.

hilft bei der Verteidigung gegen den Vorwurf dann nicht wirklich. Aber die wird wohl auch nicht erforderlich werden:

Kontrollen seien nicht angeordnet worden, sagt ein Polizeisprecher.


Dank an AlterEgo für den Link.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

8 Antworten auf Quarzsandhandschuhe weit verbreitet

  1. 1
    Gastspieler says:

    3 Monate Mindestfreiheitsstrafe aber nur dann, wenn vom Strafrichter ein minder schwerer Fall angenommen wird. I.d.R. also 6 Monate Mindestfreiheitsstrafe und damit keine „kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen“ (ergo Geldstrafe). LG …ach ja, schöne Seite ;-)

    Fixed! Thx. crh

  2. 2
    corax says:

    @ Gastspieler

    hm, was sagt der Duden denn zu „mindestens“? :
    auf keinen Fall weniger als …

    und was sagt der Duden zu „in der Regel“?:
    gewöhnlich, im Allgemeinen…

    Und jetzt suchen wir im §224 mal den Ausdruck:
    „6 Monate Mindestfreiheitsstrafe“
    ?

    Und?

  3. 3
    Kai says:

    Irgendwo geb es einen Link zum BKA (lawblog.de?), dass diese Handschuhe eindeutig nicht als Waffe klassifiziert werden und dass si dem Schutz vor Verletzungen dienen und die Verletzungsfahr nur unwesentlich erhöht wäre.

    Aber meine Logik ist, dass das – was gut abwehrt – auch mehr Verletzungen im Angriff zufügen wird.

    Das obige Zitat des Beamten paßt bestens ins Bild.

    (@ Kai: hier paßt Ihr Kommentar besser als beim Kantholz.)

  4. 4
    BV says:

    Aber meine Logik ist, dass das – was gut abwehrt – auch mehr Verletzungen im Angriff zufügen wird.

    Mit der Logik könnte man auch argumentieren, dass ein normaler oder vielleicht schlicht schnittfester Handschuh auch mehr Verletzungen als keiner zufügt. Man sollte Polizisten das Tragen von Handschuhen verbieten. Am besten nimmt man ihnen auch gleich noch sonstige Schutzausrüstung weg. Die wirkt zwar hauptsächlich passiv. Aber mit so einem Ellbogen- oder Knieschutz kann man auch böse Platzwunden verursachen. Man könnte das hier beliebig fortsetzen.

  5. 5
    doppelfish says:

    Wenn die Hände besser geschützt werden, kann man härter zuschlagen, ohne Verletzungen befürchten zu müssen. Also, eigene Verletzungen. Bei den Nicht-Polizisten zählt das als passive Bewaffnung und reicht locker zur Festnahme.

  6. 6
    Gastspieler says:

    @ corax

    Schön das ein Online-Duden vorhanden ist. ;-) Im Übrigen, nichts anderes habe ich geschrieben. Im Falle einer „normalen“ gefährlichen Körperverletzung 6 Monate Mindestfreiheitsstrafe, also auf keinen Fall weniger als 6 Monate. Bei einer gefährlichen Körperverletzung in einem minder schweren Fall hingegen 3 Monate Mindestfreiheitsstrafe, also auf keinen Fall weniger als 3 Monate, aber die Möglichkeit des § 47 StGB, die bei einem minder schweren Fall gewöhnlich und im Allgemeinen Anwendung findet. Und? Vertragen!

  7. 7
    koe says:

    Es ist eigentlich schon länger gesichert, daß Quarzsandhandschuhe nicht unter § 224 I 2 Alt. 1 StGB fallen:

    Siehe Feststellungsbescheid des BKA vom 12.07.2006

    Da nach den Feststellungen des BKA die Verletzungsgefahr nicht signifikant erhöht wird, wird die Verwendung auch nicht unter Alt. 2 zu ziehen sein.

  8. 8

    Schönes Argument, das ich gern in meine Sammlung aufnehme. Besten Dank

    Nur: Der Bescheid bezieht sich auf eine Prüfung nach dem Waffengesetz. Bei der gef. KV. geht es um „gefährliche Werkzeuge“, wobei bekanntlich auch schon ein beturnschuhter Fuß ein solches darstellen kann, wenn er in Richtung Gesicht getreten wird. Nichts anderes werden einige Strafrichter auch in Bezug auf die Quarzhandschuhe subsumieren (können).