Radfahrer sind die schlimmsten

Es ist ein bisschen kühl und windig, aber kein typischer finster-grauer Novembertag, an dem Übellaunigkeit praktisch im Kalender steht. Sogar die Sonne schafft es hin und wieder durch die Wolken. Die City-West von der Uhlandstraße den Ku’Damm entlang und die Tauentzien hinunter bis zum KaDeWe, ist belebt. Die Gehwege sind voll. Leute knubbeln sich an Bushaltestellen und Ampeln, Rollstuhlfahrer und Fußgänger mit Einkaufstüten, Kinderwagen, Hunden, Rollkoffern zwängen sich durch schmale Spalte zwischen Schaufensterfassaden und Bauzäunen. Und eben jener Radfahrer. „Guten Tag, Ordnungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf, halten Sie mal bitte an?“, hat Beate Arbeiter ihn höflich angesprochen. Aber Höflichkeit will er nicht.

Den Alltag im öffentlichen Dienst mit

Widerstand, Freiheitsberaubung, Bedrohung, Beleidigung

beschreibt Krimi-Autorin Pieke Biermann unter den Überschriften Berliner Verbrechen / Schnauze – oder auf die Fresse im Tagesspiegel.

Der Öffentliche Dienst versucht, den Deckel auf dem Topf zu halten:

Die Außendienstler sind deeskalationsgeschult, und wenn sie bei einem muslimischen Schuldner zu Hause pfänden gehen, ziehen sie auch mal die Schuhe aus oder Krankenhaus-Überzieher drüber. Sie müssen das nicht, sie tun es, wenn die Stimmung kooperativ und friedlich ist. So wie sie die Feiertage religiös empfindlicher Menschen beachten. Man muss ja nicht unbedingt während des Ramadan die Möbel abholen, wenn die Nerven aus Fastengründen blank liegen.

Noch schlimmer als beim Geld-Eintreiben geht es zu beim Nicht-Geld-Hergeben: Auf dem Arbeitsamt In den Berliner Jobcentern:

Oben sitzen die Mitarbeiter allein oder zu zweit in diskret geschlossenen Zimmern, genehmigen Geld oder eben nicht und bieten Jobs oder Aus- und Fortbildungsmaßnahmen feil. Bevor ein Kunde hier oben ankommt, hat er oft stundenlang gewartet, draußen vor der Tür, vor dem Schalter und im Warteraum zwischen streitenden Familien und plärrenden Kindern vor dem Großraumbüro. Ist es da ein Wunder, dass er explodiert, wenn er oben erfährt, dass seine Nebenkostenabrechnung immer noch nach Manipulation riecht und er die Miete nicht bewilligt bekommt?

Das scheint der Preis zu sein, den die Mitarbeiter des Öffentlichen Diensts für ihren sicheren Arbeitsplatz zahlen. Korrekt ist das nicht, ich möchte nicht mit ihnen tauschen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

2 Antworten auf Radfahrer sind die schlimmsten

  1. 1
    Das Ich says:

    Aber die Arbeitsämter heissen doch jetzt Jobcenter… das sollte doch alles besser machen lt. der Unternehmensberatung… (Roland Berger, wenn mich nicht alles täuscht.)

  2. 2
    Peter says:

    Zu meinem Vorredner: es ist ein weit verbreiteter Irrglaube (der sich auch bis in die höchsten Politikkreise zieht), dass man nur etwas anders nennen muss, schon ändert sich auch die Einstellung dazu. Letztendlich hat die Wirklichkeit aber IMMER Recht. Wenn ich zu Sch… Fäkalien sage, ändert sich weder Geruch noch Geschmack (der Selbstversuch steht jedem frei). Wenn ich im Business statt Problem Herausforderung sage, wird die Lösung weder billiger noch einfacher. Hauptsache die Unternehmensberater haben damit Geld verdient :-)
    Zum Thema: es gibt Jobs, die würde ich nur in Zwangslagen machen. Mitarbeiter des OA gehört da auf jeden Fall dazu. Allerdings ist mein Eindruck, dass hier zunehmend mit 2erlei Mass gemessen wird. Unser Ordnungssystem sieht als Sanktionierung fast ausschliesslich Geldentzug vor. Damit kann ich aber nur diejenigen bestrafen, die davon auch welches haben. Die „Versager“ unserer Gesellschaft haben nichts zu befürchten und das ist ihnen auch bewusst und dementsprechend ist ihr Auftreten gegenüber den Kollegen vom OA. Und so erklärt sich für mich auch, warum ein MA des OA in einer Situation in der 2 Radfahrer verbotenerweise auf ihn zuradeln und der eine wie ein potenzieller Konfliktpartner mit südländischem Aussehen und der andere ein rüstiger Rentner aussieht, er lieber den Rentner zum Anhalten auffordert. Ok, jetzt kommt die alte Laier von unzulässiger Pauschalisierung usw., geschenkt.

    PS: meine Lieblingsantwort auf „Haben Sie etwas gegen Ausländer?“ ist „Nein, und haben Sie etwas gegen Deutsche?“