Steter Tropfen höhlt den Richter

Es war das dritte Ablehnungsgesuch in einer Bußgeldsache, das zu folgendem Ergebnis führte:

In der Bußgeldsache

wird der erkennende Richter K. auf den Antrag des Betroffenen, gestellt durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt Hoenig am 25. November 2008, von der weiteren Mitwirkung an dem Verfahren gegen den Betroffenen entbunden.

[…]

Bei einer Gesamtbetrachtung aller detailliert aufgeführten Umstände, denen der Richter nicht entgegengetreten ist, kann sich auch einem vernünftigen Betroffenen unter der gebotenen objektiven
Betrachtungsweise der Schluss aufdrängen, der abgelehnte Richter werde in der Sache nicht mit der gebotenen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit entscheiden.

Wurde aber auch Zeit. Vielleicht sollte ich dem Richter zum Trost ein Bonbon schicken.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

16 Antworten auf Steter Tropfen höhlt den Richter

  1. 1
    Joachim says:

    Erstaunlich ist doch immer wieder die Bereitschaft der Strafverteidiger, auf Kosten des Mandanten mit dem Richter Privatkriege zu führen (auch wenn es diesmal noch knapp gutgegangen ist).

  2. 2
    Mephisto says:

    @joachim: zwischen tumbem untertanengeist einerseits und andererseits rasender kohlhaaserei gibt es keine scharfe grenze. da muß sich halt jeder selbst irgendwo einordnen ;-)

    aber ein anwalt, der sich vom richter widerstandslos wiederholt am nasenring durch dessen verfahren ziehen läßt, nützt seinem mandanten (und allen anderen, mit denen er später vor dem gleichen knilch aufläuft) ganz sicher am allerwenigsten…

  3. 3

    @ Joachim:

    Nicht „auf Kosten“, sondern „im Auftrag“ ist richtig.

    Nicht ich habe Richter K. abgelehnt, sondern der Mandant. Das war und ist der einzige Weg gewesen, um ein rechtsstaatliches Verfahren für den Mandanten zu erreichen. Lesen Sie den Beschluß des Amtsgerichts, dann können Sie nachvollziehen, was den Mandanten bewogen hat, diesen Weg zu gehen.

  4. 4
    doppelfish says:

    Aber keine Bonbons schicken! Sonst kommt der Richter ja zu gar keiner Verhandlung mehr. :)

  5. 5
    MaxR says:

    Sind solcherlei Fehler bei den Urteilen eigentlich üblich?
    > Am 16. Juli 2008 hat der Verteidiger wegen einer
    > unfallbedingten Verhinderung die Verlegung des
    > Hauptverhandlungstermins am 17 Juli 2007 beantragt.
    Liest sowas niemand gegen?

    > Gleichwohl der Richter dem Antrag nicht stattgegeben.
    Dieser Satz kein Prädikat.
    Und das sind nur die ersten beiden Sätze des Urteils – mehr habe ich noch gar nicht gelesen.

  6. 6
    AlterEgo says:

    Wie schauts aus, wenn eine nächste Verhandlung in einem neuem Verfahren bei besagtem Richter K. ansteht?

    Entsteht dadurch eine Dauer-Befangenheit (Verdacht auf…) oder muss man dann als Verteidiger warten, bis er sich wieder so lustlos-dilettantisch verhält? ;-)

  7. 7

    Die Frage beantwortet (etwas versteckt) der Tenor des Beschlusses:

    … von der weiteren Mitwirkung an dem Verfahren gegen den Betroffenen entbunden …

    Ersetzen Sie „an dem Verfahren“ durch „an diesem Verfahren“ – dann haben Sie die Antwort.

    Im übrigen gilt: Ein Zerwürfnis zwischen Richter und Verteidiger ist grundsätzlich kein Grund für ein Ablehnungsgesuch des Betroffenen/Angeklagten.

    Aber ich rechne nicht mehr mit „Lustlosigkeit“, wenn ich wieder mal bei Richter K. verteidige. Gerhard Jungfer hat mal gesagt. Nach einem Donnerwetter ist es, als sei ein Engel durch den Saal geflogen. Ich erwarte beim nächsten Mal eine völlig entspannte Stimmung …

  8. 8
    ra kuemmerle says:

    Am besten finde ich ja: „Dass der Verteidiger gar nicht so blöd ist, wie der Richter ihm vielleicht unterstellen möchte…“. Des Widerspenstigen Zähmung, sehr lustig. Glückwunsch!

  9. 9
    AlterEgo says:

    @ CRH:

    Mir war schon klar, dass der Beschluss nur für das jetzige Verfahren gilt. Die Frage ist aber, inwieweit er sich korrekt bei nächsten Verfahren verhält. Diese Frage zielt an sich daher auch eher auf das Bewusstsein der abgelehnten Richter: Kann nach Ihrer Erfahrung bei einem früher abgelehnten Richter in der Zukunft wirklich von einem „Reboot“ der Gefühle erwartet werden?

    Ist es viel mehr ein Spiel zwischen Verteidiger und Strafrichter, wo man dann den Sieg bzw. die Niederlage einsteckt und dann beim nächsten Spiel wieder neuanfängt?

    Oder ist man als Richter auf diesen einen Anwalt dann erstmal ein halbes Jahr sauer? Oder sogar glücklich, dass man einen Fall weniger auszuurteilen hat? Hmpf.

    @ ra kümmerle

    Ich fand den Satz seltsam. Diese lapsige Formulierung passt IMHO nicht in ein Urteil stilistisch.

  10. 10

    @ AlterEgo:
    Ich erwarte genau diesen von Ihnen beschriebenen „Reboot“ von einem Profi.

    Vor einigen Jahren habe ich einen Vorsitzenden Richter für einen Angeklagten (erfolgreich) abgelehnt. 3 Monate später hat mich dieser Richter angerufen und gefragt, ob er mich in einer anderen Sache zum Pflichtverteidiger des dortigen Angeschuldigten bestellen könne. Mit diesem Richter kommen ich bis heute super klar.

    Manche Richter mögen eine engagierte Verteidigung, manche nicht. Und dann es gibt Richter, bei denen muß sich der Verteidiger den Respekt erst verdienen; die mag ich am liebsten. ;-)

  11. 11

    @1: Aus einer früheren Blog-Diskussion zu diesem Verfahren ergab sich, dass solche Verzögerungen sogar zum Vorteil des Mandanten sind, weil die Strafe bei langer – nicht durch den Mandanten verschuldete – Verfahrensdauer geringer wird, also z.B. Geld zahlen statt Fahrverbot.

  12. 12

    Yup. Spätestens zwei Jahre nach der angeblichen Tat verliert das Fahrverbot seine „erzieherische Wirkung“; die Verhängung wäre dann unverhältnismäßig. Manche Gerichte verzichten bereits nach 12 Monaten darauf.

  13. 13
    Joachim says:

    Die ersten viereinhalb Seiten des als pdf verlinkten Beschlusses, in dem die Ablehnung für begründet erklärt wird, sind doch offenbar ein langes wörtliches Zitat aus dem von Herrn Hoenig verfassten Ablehnungsgesuch (einschließlich der stilistischen Fehler und der gelb markierten Partien) – vom Gericht ist es erst wieder ab der Wiedergabe der dienstlichen Äußerung des Richters.

    Und ob der Krieg mit dem Strafrichter hier nötig war und dem Mandanten geholfen hat, ist doch sehr zweifelhaft. Ohne das (zurückgewiesene) erste Ablehnungsgesuch vom 22.1. 2008 wäre es dazu gar nicht gekommen.

  14. 14
    AlterEgo says:

    „Ich erwarte genau diesen von Ihnen beschriebenen “Reboot” von einem Profi“

    Wie stehen denn die Hoffnung bei besagtem Richter?

    Hat man als langjährig tätiger Strafverteidiger einen gewissen Erfahrungssatz, inwieweit sich das Verfahren nach einer erfolgreichen Ablehnung verbessert bei einem erneuten Verfahren? 50:50? 75:25?

    by the way: Zu schade, dass seit einigen Jahren nicht mehr die Geschäftsverteilung am AG Tiergarten mit Namen für die Öffentlichkeit einsehbar ist ;-)

  15. 15

    Ich bin Optimist und gehe bei diesem Richter davon aus, daß er sich 100%ig bessern wird. ;-)

    Einfach mal nach „Geschäftsverteilungsplan Tiergarten“ gurgeln.

  16. 16
    Jens says:

    „by the way: Zu schade, dass seit einigen Jahren nicht mehr die Geschäftsverteilung am AG Tiergarten mit Namen für die Öffentlichkeit einsehbar ist ;-)“

    Und wie ist das mit der Garantie des gesetzlichen Richtes vereinbar? M.a.W.: Was soll so ein Schwachsinn?