Strafanzeigen bringen kein Geld

Der Rechtsanwalt stellt am 12.1.2005 Strafanzeige gegen meine (jetztige) Mandantin. Er trägt vor, sie habe ihn betrogen. Mit dieser Strafanzeige bringt er eine Lawine ins Rollen, die letztlich zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der umfangreichen Unternehmungen meiner Mandantin führen.

Immer wieder erkundigt sich der Advokat nach dem Sachstand und fordert mit zunehmend bösen Worten Akteneinsicht von der Staatsanwaltschaft. Eines seiner letzten Schreiben in der Akte:

… wird im Nachgang zur Mitteilung vom 7.9.2005 angefragt, ob und wann mit einer Anklageerhebung gerechnet werden kann.

Als Geschädigter bin ich nicht mehr gewillt, eine weitere Verzögerung in der Sache hinzunehmen.

Wenn die Zivilanwälte wüßten, wie hilflos ihre Schreiben an die Staatsanwaltschaften wirken, mit denen Sie auf dem Strafrechtswege versuchen, die Forderungen ihrer Mandanten durchzusetzen, würden sie es bleiben lassen.

Einen weitaus katastrophaleren Eindruck hinterlassen Anwaltsschreiben, in denen der Anzeigeerstatter eigene zivilrechtliche Forderungen geltend macht:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Erteilung von Mandaten an den Anzeigeerstatter, Rechtsanwalt Gottfried Gluffke. Der darüber hinausgehende Vortrag ist allgemein, entspringt im Wesentlichen dem Unmut dieses Rechtsanwalts und ist überwiegend von Vermutungen getragen. Hinsichtlich einer „fortgesetzten Hochstapelei“ sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Wer schreibt sowas? Die Staatsanwältin, die sich durch den Wust der Strafanzeige kämpfen mußte.

Liebe Kollegen in den edlen Anzügen, Strafanzeigen sind keine geeigneten Mittel, um an das Geld anderer Leute zu kommen.

Ganz im Gegenteil: Die Hauptverhandlung vor dem Strafgericht in der vorliegenden Sache ist für den März 2009 vorgesehen, mehr als 4 Jahre nach Anzeigeerstattung. Und in dem Verfahren geht es nicht mehr um die Forderung des anzeigenden Anwalts; insoweit wurde das Verfahren eingestellt.

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

9 Antworten auf Strafanzeigen bringen kein Geld

  1. 1

    […] Kollege Hoenig aus Berlin führt in einem Beitrag an, dass es nichts bringt, wenn man jemanden, der einem Geld schuldet, […]

  2. 2

    Einspruch!
    Wenn der Gegner nach einer eidesstattlichen Versicherung immer noch Aufträge erteilt und dann auch nach gerichtlichen Maßnahmen nicht zahlt, zeige ich ihn für meine Mandanten an. In einigen Fällen zahlt der Schuldner dann eben doch. Der befreundete Staatsanwalt hat mir zwar am Rande auch erklärt, dass er nicht gerne das Inkassobüro für meine Mandanten macht, ermitteln muss er trotzdem.

    Unabhängig von allem: Auch wenn für den Mandanten dann doch kein Geld fließt, kann ich ihm gegenüber dann immerhin erklären, dass wir es auch auf diese Weise versucht haben.

    Auch Strafanzeigen bringen für den Mandanten in vielen Fällen Geld.

  3. 3
    RA Munzinger says:

    Wenn der Staat auf der einen Seite durch Vollstreckungsschutz, Pfändungsfreigrenzen und Verbraucherinsolvenzverfahren eine Entwicklung zum ungehemmten Schuldenmachen fördert, darf er sich nicht beklagen, wenn das Pendel in Form von Strafanzeigen wegen Eingehungsbetruges etc. zurückschlägt und auf diese Art versucht wird zu retten, was zu retten ist.

  4. 4

    Eine Anzeige sollte natürlich etwas Substanz haben; daran fehlte es vielleicht im o.g. Beispielsfall.
    Man sollte aber berücksichtigen, dass der deliktische Schuldner in der Zwangsvollstreckung mit einer Herabsetzung des unpfändbaren Betrages rechnen muss, § 850 f II ZPO. Das habe ich schon mit Erfolg durchexerziert.
    Außerdem gibt es für solche Forderungen in der Verbraucherinsolvenz keine Restschuldbefreiung, § 302 Nr. 1 InsO.
    Manchmal ist also eine Anzeige sinnvoll, um doch noch zum Geld zu kommen.

  5. 5
    Olaf S. says:

    Wenn es um die Durchgriffshaftung der Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Gesellschaften geht, wird ein Gläubiger bei Verzicht auf eine Strafanzeige bei gegebenen Pflichtverletzungen nur Nachteile haben.

  6. 6
    niels says:

    Und dann wäre da noch -auch wenn Strafrichter es nicht leiden können- das Adhäsionsverfahren als zumindest de jure gegebene Möglichkeit, durch ein Strafverfahren an einen Vollstreckungstitel zu gelangen.

  7. 7

    Ok, einigen wir uns darauf: In der Regel bringen Strafanzeigen nichts. Aber es gibt Ausnahmen …

  8. 8
    dpms says:

    Es gibt ja auch die Möglichkeit, das Strafverfahren nach § 153a StPO einzustellen und als Auflage die Wiedergutmachung des Schadens anzuordnen.

    Ich bin zwar kein Freund von Strafanzeigen, aber Menschen, die meinen nichts zu verlieren zu haben, weil sie pleite sind und mit dieser Einstellung Verträge mit anderen eingehen und redliche Menschen schaden, sollten sehr wohl angezeigt werden.

    In Berlin passiert ja meist sowieso nichts, weil die Staatsanwaltschaft und Polizei überlastet sind.

    Und Ihre neue Mandantin scheint ja mutmaßlich kriminell zu sein, wenn erstens Ermittlungen seit vier Jahren andauern und zwischenzeitlich die Tat gegenüber dem Anwalt eingestellt wurde, oder?

  9. 9
    jayro says:

    Anyway, „gestellt“ wird ein Strafantrag, eine Strafanzeige wird „erstattet“. Soviel Zeit muss sein, man sollte doch nicht den unqualifizierten Sprachgebrauch der Journaille übernehmen.