Strafanzeigen leicht gemacht

Diese Internetwachen, auf denen man mal eben eine Strafanzeige schreiben kann, werden den Ermittlungsbehörden über kurz oder lang gehörig um die Ohren fliegen. Es ist nicht das erste Mal, daß ich in einem Ermittlungsverfahren verteidige, das eine Anzeige nach folgendem Beispiel ausgelöst hat.

Mein Mandant führt ein Unternehmen und bezieht Leistungen von einem anderen Unternehmen. Und das seit langer Zeit. Irgendwann vor einigen Jahren hat man einen Zwölfmonatsvertrag geschlossen, der sich um weitere zwölf Monate verlängert, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wird. Im vergangenen Jahr kommt es zu Problemen zwischen den beiden, mein Mandant kündigt den Vertrag.

Der Vertragspartner vertritt die Ansicht, die Kündigung sei zu spät und nicht formgerecht. Er bucht den Rechnungsbetrag für das folgende Jahr von dem Konto meines Mandanten ab. Mein Mandant vertritt die Ansicht, die Kündigung sei wirksam und läßt die Lastschrift zurückgehen. Immerhin ein gut vierstelliger Betrag.

Der Vertragspartner stellt dies beim Onlinebanking fest und weil er gerade sowieso am Rechner sitzt, schreibt er mal eben eine Strafanzeige an die Internetwache wegen Betruges und vorsätzlicher Kreditgefährdung (weil seine Bank ja nun einen schlechten Eindruck von ihm habe). Und schon legt der Herr Polizeioberkommissar vom Lande in Brandenburg eine Akte an … weil er das Ganze sowieso nicht versteht und 5.000 Euro ja doch ziemlich viel Geld sind.

Dem Mandanten wächst eine Feder, als er hört, was dort passiert ist. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt. Ich vermute, der Mandant bleibt trotz der Einstellung des Verfahrens auf den Kosten der Verteidigung sitzen, der Anzeigeerstatter bekommt (über die Internetwache) eine Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung und die Ermittlungsbehörden können sich nicht über Langeweile beschweren.

Der Einzige, der hier eigentlich nicht meckern kann, ist der Verteidiger. Insoweit weiß ich gar nicht, warum ich diesem Beitrag hier schreibe … 8-)

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

4 Antworten auf Strafanzeigen leicht gemacht

  1. 1
    BV says:

    Wenn er eh gerade am Rechner sitzt, könnte er auch genauso gut einen Brief an die Polizei schreiben. Ich bezweifle etwas, dass diese Internet-Anzeigen – zumindest in Fällen wie dem geschilderten – eine wirklich spürbare Mehrarbeit auslösen.

  2. 2
    AlterEgo says:

    Ob über n Webformular oder per Post, die Akte wird eh angelegt. Es passiert sogar ab und zu, dass dann selbst ein Staatsanwalt Gehirn-afk ist und dann ne Anklageschrift schreibt, die dann sogar zugelassen wird und der popelige Referendar als sitzungsvertretender Staatsanwalt muss – nachdem er die Akte in der Verhandlung zum ersten Mal gelesen hat – Freispruch fordern :D

  3. 3
    Das Ich says:

    …Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung? Ick lach mir scheckig…das wird doch ohne zu pr+fen eingestellt . Ich

  4. 4
    Jerome says:

    Vielleicht ist das auch nur eine Maßnahme der Arbeitsbeschaffung für die Exekutive auf dem Land. Internetformulare zum Zwecke der Strafanzeige animieren ja eher zur Anzeigeerstattung, ein bloßes email wird zu diesem Zweck hingegen kaum gesandt werden, somit sollte es doch bei der postschriftlichen Anzeigeerstattung bleiben.