Übersetzung? Zu teuer!

Der Angeschuldigte ist Franzose. Franzosen sprechen französisch und nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vielleicht auch ‚mal eine andere Sprache. ;-) Der Angeschuldigte ist kein solcher Ausnahmefall.

Im Zwischenverfahren änderte sich die Sach- und Rechtslage. Damit war dem alten Haftbefehl die Grundlage entzogen. Er wurde aufgehoben und ein neuer Haftbefehl verkündet. Vier lange Seiten, zwei weitere enthalten die Rechtsmittelbelehrung; alles sehr eng beschrieben, also richtig viel Zeug. Die Dolmetscherin brauchte lange Zeit, um bei der Haftbefehlsverkündung den Text vollständig zu übersetzen.

Eine schriftliche Übersetzung des Haftbefehls, damit der Angeschuldigte sich das Ganze noch einmal in Ruhe durchlesen kann? Bekommt er nicht, sagte die Vorsitzende Richterin, das sehe das Gesetz nicht vor. Und außderdem: Wer soll denn das alles bezahlen?!

Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) scheint der Richterin nicht bekannt zu sein. Noch nicht.

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Strafrecht, Verteidigung veröffentlicht.

4 Antworten auf Übersetzung? Zu teuer!

  1. 1
    BV says:

    Welcher Teil von Art. 6 gibt denn Anspruch auf eine schriftliche Übersetzung? Nach wohl herrschender (deutscher?) Rechtsprechung sind zumindest Urteile nicht schriftlich zu übersetzen, wenn sie in Anwesenheit des Dolmetschers verkündet und bekannt gegeben wurden.

  2. 2
    doppelfish says:

    Die Dolmetscherin hat ihren Job doch schon gemacht. Kam da niemand auf die Idee, mitzuschreiben? Einfach, um das Ergebnis ihrer Mühe für die Nachwelt zu erhalten?

  3. 3

    Ok, ich sage Ihnen das nächste Mal Bescheid, wenn es weiter geht. Dann setzen Sie sich mit Block und Stift in den Gerichtssaal und schreiben die französiche Übersetzung mit. (Oder wäre Ihnen Russisch oder Arabisch lieber?)

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    doppelfish says:

    Och, ich wollte nur die Idee beisteuern, nicht so sehr die Umsetzung :)