Vertrauen

Der Mandant war zu dem Hautpverhandlungstermin vor dem Strafrichter nicht erschienen. In solchen Fällen ist es regelmäßig nicht zu verhindern, daß die Staatsanwaltschaft den Erlaß eines Haftbefehl beantragt und das Gericht diesem Antrag nach § 230 StPO auch entspricht. So auch in diesem Fall.

Ein paar Tage später erreiche ich den Mandanten endlich und teile ihm mit, daß er ein Problem habe. Er folgt meinem Rat und will sich nun dem Verfahren „freiwillig“ stellen.

Dazu habe ich telefonisch Kontakt zu dem Richter aufgenommen. Er hat auf meine Bitte hin einen Termin anberaumt, zu dem der Mandant erscheinen sollte. Er wollte ihm den Haftbefehl verkünden, ihm die Situation noch einmal eindringlich nahelegen und dann den Haftbefehl außer Vollzug setzen. Mehr haben wir nicht vereinbart und besprochen.

Der Mandant ist – erneut meinem Rat folgend – in die Höhle des Löwen, hat sich den Satz heiße Ohren beim Richter abgeholt und konnte mit einem außer Vollzug gesetzten Haftbefehl das Gericht als relativ freier Mann verlassen.

Vertrauen – das war die Basis der Vereinbarung zwischen Richter und Verteidiger. Das gesprochen Wort gilt! Ohne daß es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf. So sollte der Umgang aller Menschen miteinander sein. Dann brauchten wir kaum noch Juristen.

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Strafrecht, Verteidigung veröffentlicht.

3 Antworten auf Vertrauen

  1. 1
    gb says:

    haette es den auch schiefgehen koennen? Also dass der Richter ihn trotzdem einfahren laesst? WAs waere dann?!?

  2. 2
    RA Munzinger says:

    *Dann brauchten wir kaum noch Juristen.*

    Nestbeschmutzer :=)

    Zum Glück haben Sie zutreffend den konjunktivus irrealis gewählt. Es handelt sich somit um eine Utopie, also etwas wofür es auf dieser Welt keinen Platz gibt. Träumen darf man aber so oft und so viel man will ……………… solange es kein Nickerchen in der Hauptverhandlung wird.

  3. 3

    @ gh:
    Der Richter ist grundsätzlich nur seinem Gewissen unterworfen (und nebenbei an das Gesetz gebunden). Deswegen wäre es grundsätzlich möglich und mit den Mitteln des formellen Rechts nicht zu verhindern, daß er eine getroffene Abrede bricht, ohne daß er rechtliche Sanktionen zu fürchten hätte.

    Der einzige Grund, warum er das nicht macht/gemacht hat, ist das, was altväterlich mit „Ehre“ und „Ethos“ beschrieben wird: Ein einmal gegebenes Versprechen bricht man nicht. Wie bei Winnetou und seinen Brüdern.

    Und vielleicht nochwas: Durch irgendwas müssen sich die Strafrechtler (Ri, StA und RA) ja von ihren „Kunden“ unterscheiden, oder? ;-)