Monatsarchive: Februar 2009

Kulturwandel

Es geht hier um einen Kulturwandel. Das Rad als Verkehrsmittel nimmt heute einen viel größeren Raum ein als noch vor wenigen Jahren. Allerdings führt dieser Wandel auch dazu, dass testosterongeladene Jungmänner, die früher im Opel Manta Angst und Schrecken verbreiteten, nun die gleichen Verhaltensmuster auf Mountain-Bikes an den Tag legen.

Quelle: Ambros Waibel in der taz

Ich erinnere noch an den Fuchsschwanz. Der fehlt heutzutage. Noch?

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Strafverteidigung ist wie Klavierspielen

Immer wieder mal kommen junge Kollegen, Referendare oder Studenten und weisen mich auf Rechtsnormen oder BGH-Entscheidungen hin, die ich in dem konkreten Fall berücksichtigen müßte und nach dortiger Ansicht übersehen hätte.

Gegenüber Zivilrechtlern sind Strafrechtler insoweit im Vorteil: Es gibt wesentlich mehr Rechtsnormen, die die Verhältnisse zwischen den Bürgern untereinander regeln, als Paragraphen im Strafgesetzbuch. Das BGB hat beispielsweise 2385 Nummern. Das StGB dagegen nur 358. Vergleichbares gibt es in den jeweiligen Prozeßrechten, ZPO und StPO. Dazu kommt, daß viele dieser strafprozessualen Vorschriften an Richter und Staatsanwälte gerichtet sind, und den Verteidiger nur mittelbar betreffen. Und der BGH wirft wesentlich mehr zivilrechtliche Entscheidung aus als strafrechtliche.

Es ist also eine überschaubare Menge an Stoff, die ein Jurist, der Strafjurist werden möchte, zu lernen hat. Das ist in der Regel zum größten Teil mit dem zweiten Examen erledigt. Den Rest holt man sich aus ein, zwei Fachzeitschriften, einigen Newslettern und bei www.juris.de.

Nach der Ausbildung geht es darum, diese gelernten Regeln anzuwenden. Und damit sind wir bei der Überschrift. Es reicht nicht aus, Noten lesen zu können und zu wissen, an welcher Stelle auf dem Klavier sich die Taste für das Hohe C befindet. Man muß auch wissen, in welchem Moment man welche Taste zu drücken hat.

Und das lernt man durch Üben, Üben, Üben. Und durch Erfahrung, die man (auch) mit Falschspielen gemacht hat. Dann gelingt es in vielen Fällen, ein ansprechendes Ergebnis zu erzielen, ohne daß man vorher dicke Bretter gebohrt hat.

Warum ich das jetzt schreibe? Es war ein Hinweis in einem Kommentar auf eine BGH Entscheidung, die ich in dem kommentierten Beitrag nicht berücksichtigt habe. Der Kommentator mußte den Eindruck bekommen, ich hätte sie nicht gekannt oder übersehen.

Es war ein Beschluß, der eine relativ große Änderung der Strafzumessungsregeln zur Folge hatte. In der Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Und die lernt man eben nicht auf der Schulbank und aus staubigen Büchern. Sondern im Gerichtssaal und in der Auseinandersetzung mit Menschen. Und genau das ist das Prickelnde am Beruf eines Strafverteidigers (Revisionsrechtler mal außen vor gelassen).

Just my 2 cents …

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Nur gedankenlos?

In Dresden gibt es eine Schule für Behinderte: Förderzentrum „Professor Dr. Rainer Fetscher“ Schule für Körperbehinderte Dresden. Wer war dieser Rainer Fetscher, der mit der Namensgebung geehrt wird? Darüber gibt Wikipedia Auskunft.

Und die taz. Die Zeitung berichtet über eine Studie des Chemnitzer Historikers Geralf Gemser.

„Wir sehen im Moment keinen Handlungsbedarf“, sagt die Schulleiterin Susanne Petschke.

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Der Prozeß in Kiel

Über das Verfahren vor dem Landgericht Kiel gegen den Ex-NPD-Landeschef, dem die Anklage vorwirft, einen Angel „vorsätzlich mittels einer Waffe und einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben„, berichtet sehr ausführlich Rüdiger Kohls auf www.kiel211.de.

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Baubeginn für den Bau

Nach jahrelangen Planungen hat am 2.2.09 der Bau der neuen Berliner Justizvollzugsanstalt Heidering in Großbeeren (Teltow-Fläming) begonnen. […] Bis spätestens Anfang 2012 soll das neue Gefängnis […] fertig sein.

Quelle: Märkische Allgemeine

Für Verteidiger nicht so schön. Die JVA Tegel ist schon weit weg von Kreuzberg. Großbeeren ist dagegen schon fast ein Halbtagesausflug. Aber die JVA Heidering soll ja schöner werden als Tegel; dann brauchen die Häftlinge ja auch nicht so oft Besuch.

Apropos Besuch: Man kann nur hoffen, daß die Planer diesmal an die Anbindung des Knasts an den ÖPNV denken. Die Brandenburger Gefängnisse in Luckau-Duben, Cottbus und in Wulkow beispielsweise sind so gut wie überhaupt nicht auf diesem Weg erreichbar. Nicht jeder Angehörige eines Knackis hat ein eigenes Auto oder Geld für die Droschke.

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Fristen gibt’s, um ausgenutzt zu werden

Ich hatte Akteneinsicht beantragt und um Übersendung der Akten an unsere Kanzlei gebeten. Der Richter schreibt mir zurück:

wird Ihnen auf Ihren Antrag vom 21.01.2009 Akteneinsicht durch Mitnahme der Akten in Ihre Kanzleiräume für drei Tage bewilligt. Die Akten können – nach vorheriger telefonsioher Terminabsprache auf der Geschäftsstelle der Abt. 123 Raum X 123 , Tel. 030-9014 1234 abgeholt werden. Ein Rechtsanspruch auf Aktenübersendung besteht nicht. Eine eventuelle Einlassung bitte ich bis spätestens 28.02.3009 abzugeben.

Übersetzt heißt das: Verteidiger, hol Dir das verdammte Zeug die Akten doch gefälligst selbst hier ab!

Gibt es jetzt noch einen Grund, warum ich der Bitte des Richters entsprechen soll, ihm eine Verteidigungsschrift mit den Beweis-Anträgen so rechtzeitig zukommen zu lassen, daß er die Hauptverhandlung entsprechend vorbereiten kann?

Oder warte ich damit bis zum 28.02.3009. (Auch weil das dem Mandanten nicht schadet und er nichts dagegen hat, wenn sich das mit der Verurteilung noch etwas hinzieht.)

(Anmerkung: Nein, ich habe mich hier nicht im Jahr vertippt!)

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Jugendstrafrichterin in Neukölln

Sie fährt einen harten Kurs, schickt junge Straftäter in den Knast. Zugleich aber sucht Jugendrichterin Kirsten Heisig nach neuen, besseren Wegen im Berliner Problemkiez Rollbergviertel – mit Mut und Elan redet sie Jugendlichen und ihren Eltern ins Gewissen.

Über die Jugendstrafrichterin berichtet der Spiegel.

Frau Heisig ist mutig; sie mag in ihren Verhandlungen keine Verteidiger. Und auch das erzählt sie öffentlich, z.B. in einer Fortbildungsveranstaltung der Vereinigung Berliner Strafverteidiger.

Danke an „egal“ für den Hinweis. crh

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Verteidiger gesucht?

sonstige-angelegenheiten

Naja.

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Noch mehr Zeit, noch mehr Milde?

Insbesondere der Angeklagte darauf gehofft, die leidige, nun fast fünf Jahre alte Geschichte, heute endlich hinter sich bringen zu können. Er hat sich vorbereitet auf den Termin und es ist ihm sehr schwer gefallen, den Gang nach Moabit anzutreten.

Als ich vor Aufruf der Sache in den Saal bin, saß da ein Richter, mir nicht bekannt. Statt der Richterin, die laut Geschäftsplan zuständig ist. Die war erkrankt, wie mir der Richter mitteilte.

Die Prüfung, ob denn der Richter nun zuständig war, konnte ich mir sparen. Denn er war nicht vorbereitet. Zwei Aktenbände, ein Beweismittelordner. Das geht nicht über’s Wochenende. Sagt er.

Und da es kein Ladendiebstahl war, bei dem der Dieb auf frischer Tag erwischt wurde, konnte auch keine Einigung „ex äermelo“ erfolgen. Also: Aufruf der Sache, Aussetzung, Neuer Termin von Amts wegen. Irgend wann im Frühjahr dann …

Mein Versuch, doch noch ein wenig Vertrauen in ein faires Verfahren bei dem Mandanten zu retten, war ein untauglicher. Manchmal habe ich den Eindruck, solche Versuche haben wahndeliktischen Charakter. Jedenfalls in Moabit.

Schauen wir mal, was wir im nächsten Termin daraus machen können.

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Der traut sich was

Vor dem Kieler Landgericht muss sich ein ehemaliger NPD-Landesvorsitzender verantworten. Er soll ein Mitglied des Rockerclubs „Hells Angels“ niedergestochen haben.

berichtet Spiegel Online über den Prozeßauftakt am 2.2.08.

Es scheint nicht ganz einfach zu sein, das angeklagte Geschehen aufzudröseln. Die Staatsanwaltschaft sieht es so:

… wirft dem 35-jährigen Angeklagten, einem „führenden Mitglied der rechten Szene in Norddeutschland“, vor, sein Opfer und einen weiteren Mann bei der Messerattacke im Eingangsbereich des Amtsgerichts gezielt niedergestochen und lebensgefährlich verletzt zu haben. Er habe „den Zusammenstoß provoziert“ und sich extra Gesinnungsgenossen zur Verstärkung mitgebracht.

Anders sieht es ein Zeuge, ein Polizeibeamter:

Danach stürmten im August etwa acht „Hells Angels“ vor dem Eingang des Amtsgerichts auf rund 20 Männer zu, die dort warteten und schlugen „wie die Wahnsinnigen“ sofort los. Drei bis vier Minuten habe das „Tohuwabohu“ gedauert. Der Zeuge räumte aber ein, dass er nur eine eingeschränkte Sicht hatte.

Es sieht gleichwohl nicht gut aus für den Angeklagten: Er hat die ihm zur Last gelegte Tat bereits im Ermittlungsverfahren vor dem Haftrichter gestanden.

Damit dürfte es wohl nicht mehr darauf ankommen, daß die an der Auseinandersetzung beteiligten Rocker als Zeugen – wie zu erwarten ist – nicht aussagen werden.

Nicht nur nebenbei sei folgendes noch erwähnt:

Der Anwalt des Hells Angels Dennis K. beklagte gegenüber der taz, dass „trotz unklarer Beweislage weiter gegen 15 Hells Angels ermittelt wird, während die Ermittlungen gegen 9 Rechtsextreme eingestellt wurden“.

berichtet Andreas Speit in der taz.

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