Monatsarchive: November 2009

Geschädigte taz-Mitarbeiter

Daß die Zeiten für alle Zeitungsmacher keine rosigen sind, ist bekannt. Die Lage der Genossen von der taz aber war schon immer prekär. Auch das ist dem Kenner der Szene geläufig.

Aber daß es den tazzern so elend geht, wie in dem Bericht über „Ungültige Tickets im Berliner Nahverkehr“ von Grit Weirauch zu lesen ist, hätte man nicht geglaubt:

Eine taz-interne Blitzumfrage kam jedoch allein in den letzten zwei Wochen auf drei geschädigte Mitarbeiter.

Es geht um den Ankauf gefälschter Tickets. Wie Frau Weirauch schreibt, gibt es „Gültige Tickets […] auf jeden Fall beim Busfahrer“. Ich denke, die Automaten auf den Bahnsteigen enthalten auch nur Originale.

Die drei Geschädigten dürften die Fahrscheine mithin kostengünstig aus einer anderen Quelle haben: Ob dies der zottelige Drogenkranke am Kotti war oder die Punkerin mit dem schwarzen Mischlinks-Hund am Alex … darüber schweigt sich Frau Weirauch aus.

Vielleicht sollten die Bewohner der Teppich-Etage in der Rudi-Dutschke-Straße ‚mal darüber nachdenken, die Gehälter der Ausgebeuteten Mitarbeiter zu erhöhen, um sie endlich wieder in die Lage zu versetzen, wenigstens die zwei Euro und zehn Cent für eine Orignal-Fahrkarte investieren zu können.

Und wenn es dem gebeutelten Zeitungsmarkt irgendwann wieder besser geht, reicht es dann vielleicht auch wieder für das Verteidiger-Honorar:

Betrug, so lautet der Vorwurf, der sich allerdings in den meisten Fällen auch ohne Anwalt per Antwortbrief entkräften lässt.

Bis dahin verteidige ich Frau Weirauch gegebenenfalls auch für eine Einladung zum Eintopf-Essen. Arme taz!

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Kalte Füße

Das Urteil gegen den Mandanten erging am Dienstag. Das Gericht teilte dem Mandanten mit, daß er nun eine Woche Zeit habe, um ein Rechtsmittel – Berufung oder Revision – gegen die Entscheidung einzulegen, § 314 StPO und § 341 StPO. Eine weitere Belehrung über die Fristen hörte sich der Mandant von seinem Verteidiger nach der Verhandlung an.

Am Mittwoch rief der Mandant das erste Mal an, ob das Rechtsmittel denn schon beim Gericht sei. Am Freitag erfolgte der zweite besorgte Anruf, am Montag der dritte. Damit hat sich der Mandant dann insgesamt viermal angehört, warum es sinnvoll ist, daß das Fax erst am Dienstag nach 19:00 Uhr – also knapp vor Ende der Rechtsmittelfrist – an das Gericht geschickt werden sollte und wird. Am Dienstag um 19:10 Uhr rief der Mandant erneut an …

Den Hintergrund für die Fristen-sind-dazu-da-um-sie-auszunutzen-Strategie liefert ein gesundes Mißtrauen gegenüber Richtern und Staatsanwälten.

Über einen hinterhältigen Richter berichtete Richter Ballmann:

… Anwalt legt 3 Tage nach Urteilsverkündung per Fax Rechtsmittel ein. Mein Kollege [also der Richter, dessen Urteil angegriffen wird. crh] kann richtig gemein sein: Er ruft den zuständigen Staatsanwalt an. Der legt Berufung ein.

Es gibt aber auch charakterlose Staatsanwälte, die sich von sich aus auf der Geschäftsstelle des Gerichts erkundigen, ob denn der Verurteilte das Urteil nicht akzeptieren möchte, und gegebenenfalls dann ebenfalls ein Rechtsmittel – meist eine Berufung – einlegen.

Das führt dann zu häßlichen Konsequenzen für den Verurteilten.

Wenn nur er allein das Urteil angreift, kann das Rechtsmittelgericht das Ergebnis nicht verbösern: Einen Nachschlag gibt es dann ganz sicher nicht.

Richtet sich die Staatsanwaltschaft jedoch ebenfalls gegen die erstinstanzliche Entscheidung, ist der Weg zur „reformatio in peius“ offen: In dem von Richter Ballmann zitierten Beispiel wurden deswegen aus „1 – 10“ dann am Ende „3 – 2“.

Eine weitere schurkenhafte Motivation der Staatsanwaltschaft ist denkbar, wenn der Verurteilte eine Revision einlegt: Die Staatsanwaltschaft kann dieses Rechtsmittel mit ihrer Berufung verhindern; dann wird es nichts mehr mit der Revision.

Wenn man also etwa gegen 19 Uhr oder später am Tage des Fristablaufs das Rechtsmittel auf die Geschäftsstelle des Gerichts sendet, kann man sicher sein, daß davon kein Staatsanwalt etwas erfährt, jedenfalls nicht vor Ablauf der Wochenfrist: Die Geschäftsstellen sind um diese Zeiten nicht besetzt.

Das einzige Problem bei diesem Verfahren sind die kalten Füße mancher Mandanten.

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Paparazzo in Moabit

Ich kannte den Fotografen aus vielen Verhandlungen in Moabit. Der Mann sieht eigentlich nicht danach aus, als gehörte er zu der Klasse von rücksichtslosen Fotografen, die ihren Lebensunterhalt mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu verdienen versuchen. Um so mehr war ich überrascht, daß er auch dann noch draufhielt, als Richter, Angeklagter und Verteidiger unisono mitteilten, sie wollten nicht fotografiert werden. Auch nicht in der Verhandlungspause.

Einmal losgelöst von den juristischen Spitzfindigkeiten, die uns das Bundesverfassungsgericht am 3. April 2009 (1 BvR 654/09) mit auf den Weg gegeben hat: Ich finde solche Paparazzi, wie den von gestern Vormittag, schlicht unverschämt, wenn sie versuchen, Verfahrensbeiteiligte entgegen ihren ausdrücklich geäußerten Willen auf ihre Chips zu speichern.

Und wenn ich dann anschaue, für welchen Mist sich dieser ungehobelte Kerl sich bei allen Nicht-Fotografen im Gerichtssaal derart unbeliebt gemacht hat, muß ich ernsthaft an seiner intellektuellen Leistungsfähigkeit zweifeln. War dieses Bild es wert, sich Feinde zu machen?

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Was zahlt die Zeitung für solche Farbklekse? 20 Euro?

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Bahnreisen

Ich hatte nichts anderes erwartet, als ich am vergangenen Freitag nach Hamburg gefahren bin:

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Die Rückreise am Sonntag verlief aber ohne solche Zwischenfälle.

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Unerträglich

Aber es ist unerlässlich für den Rechtsstaat, dass unabhängige Richter frei entscheiden, ob die vorgebrachten Beweise für eine Verurteilung ausreichen oder nicht. Das muss man ertragen können.

Quelle: Justizsenatorin Gisela von der Aue via Berliner Morgenpost

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Geile Musik

Gegen Berliner Strafverteidiger besteht außerhalb Berlins das Vorurteil, sie seien ungehobelte Rüpel. Insbesondere in den neuen Bundesländern, die ohnehin traditionell „etwas“ gegen Berliner haben. Meine Aufgabe bei der ersten Kontaktaufnahme mit Richtern und Staatsanwälten „im alten Osten“ sehe ich deshalb darin, für gute Stimmung zu sorgen und zu zeigen, daß ich ein freundlicher und friedlicher Mensch bin. 8-)

In einer recht schmutzigen Jugendschutzsache wollte ich mit der zuständigen Staatsanwältin in einer ostdeutschen Landeshauptstadt telefonieren. Unsere Mitarbeiterin hat die Staatsanwältin über die dortige Geschäftsstelle erreicht und mich mit ihr verbunden, nachdem sie ein paar Sekunden der Musik in unserer Warteschleife gelauscht hat.

Die Staatsanwältin begrüßte mich mit den Worten: „Was haben Sie da für eine geile Musik!“ Ich hatte mich darauf eingestellt, erst das Eis brechen zu müssen, bevor ich mit ihr verhandeln konnte. Das war jedoch nach der Musikeinlage nicht mehr nötig.

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Kampfmittel im Landwehrkanal?

Seit einiger Zeit schon steht das Auto in der Nähe der Kottbusser Brücke. Heute stand es vor unserer Haustür:

kampfmittel-443

So langsam mache ich mir Sorgen … war der 1. Mai wirklich so heftig?

Update:
Die Hanseaten tauchen tatsächlich im Kanal.

hansataucher443

Das wäre mir entschieden zu kalt.

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Foto-Chip (Sd-Card) gefunden

Kennt jemand diese beiden Urlauber, die sicherlich eine SD-Card vermissen?

Foto-Chip (Sd-Card) gefunden. Hat diese Frau verloren. Sie ma... on Twitpic Foto-Chip (Sd-Card) gefunden. Hat dieser Mann verloren. Er ma... on Twitpic

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Interviewanfrage

In einer Strafsache, in der der Tatvorwurf durchaus das im Interesse der (Berliner) Öffentlichkeit stehen dürfte, hat die Pressestelle des Landgerichts in unserer Kanzlei angerufen. Die dortige Mitarbeiterin teilte mit, daß RTL mit mir gern über die Hauptverhandlung (die in den nächsten Tagen stattfinden wird) sprechen möchte.

Die Pressestelle gibt die Namen der Verteidiger „aus Datenschutzgründen“ nicht einfach heraus. Ich könne mich aber bei der Mitarbeiterin melden und ihr meine Zustimmung zur Weitergabe meiner Kontaktdaten an RTL mitteilen.

Ich könnte mir aber auch vorstellen, den Journalisten Reportern Herrschaften vom Rammeln-Töten-Lallen-Fernsehen mit dem Mittelfinger zu winken.

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Rot-Rote-Koalition in Brandenburg

Wenn Sie 1 Kilo Eiscreme mit 100 Gramm Hundekacke vermischen, wird das Ganze nach Hundekacke schmecken und nicht nach Eiscreme.

Hendrik M. Broder auf Radio Eins zur Regierungsbeteiligung der Linken in Brandenburg. Mir scheint, Herr Broder mag die Linken irgendwie nicht.

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