Altersautorität

Die junge Kollegin ärgerte sich, daß sie wiederholt vom Vorsitzenden Richter bei ihrer Befragung des Zeugen unterbrochen wurde. Ihre mehrfach geäußerte Bitte, Ihr das Fragerecht (§ 240 StPO) entweder zu belassen oder aber zu entziehen, ignorierte der Richter. Immer, wenn er eine neue Idee hatte, funkte er der Kollegin dazwischen.

Die Kollegin berichtete später dem erfahrenen Verteidiger Gerhard Jungfer von ihrem Problem und bat ihn um Rat, der kurz und knackig erging:

Werden Sie laut und böse. Oder werden Sie älter.

Da hat er mal wieder Recht, der liebe Gerhard.

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Verteidigung veröffentlicht.

4 Antworten auf Altersautorität

  1. 1
    Liz says:

    Au contraire…. Laut, polternd, polemisch, aggressiv werdende männliche Anwälte entsprechen einem Erwartungsbild, das weitaus leichter hingenommen wird, als eine entsprechend agierende Kollegin. Letztere müssen da sehr schnell mit weiteren unsachlichen verbalisierten oder anderen Missbilligungsreaktionen rechnen, seien es bewusste Provokationen, seien es kleine Spielchen, um zu Prozessfehlern, Unaufmerksamkeiten etc zu verleiten und durch Nebenkriegsschauplätze vom eigentlich Interessantem abzulenken….

    Persönlich erlebte ich es sehr viel effektreicher, vom ruhigen sachlichen Ton noch eine Stufe zurückzunehmen, sehr leise zu werden beim Reden oder mich einfach mal zwischendrin gelassen und schweigend zurückzulehnen…nichts irritiert mehr, als eine Reaktion, die dem durch die Provokation beabsichtigtem Verhalten völlig konträr läuft. Bei Gegenanwälten und Gegenpartei wie bei Richtern erlebt. Wer glaubt, nur durch laut werdende Reaktion seine Prozesstätigkeit durchsetzen zu können, macht m.E. eher was anderes falsch und wird es auch mit mehr dezibel kaum erfolgreicher schaffen.

  2. 2
    Mausi says:

    oder werden Sie ein Mann…

  3. 3
    cledrera says:

    Dann muss man zunächst beantragen, die Hauptverhandlung zwecks Stellung eines unverzüglich zu stellenden Antrags angemessen lang zu unterbrechen. Nachdem die Kammer oder der Vorsitzende neugierig darauf wartet, ob jetzt wohl ein abzulehnender Befangenheitsantrag gestellt wird, wird bei dem Vorsitzenden ein Antrag auf Gewährung des Fragerechts schriftlich und mit der Begründung gestellt, anders als bei Gericht und der Staatsanwaltschaft (s. Formulierung § 240 Abs. 2 StPO „Dasselbe“) unterbreche der Vorsitzende ständig das Fragerecht der Verteidigung (so der Fall: sogar bevor der Zeuge habe antworten können oder dergleichen)und negiere das Fragerecht somit.
    In jedem Fall erneuter Unterbrechung wird danach ein Beschluss darüber eingeholt, ob die in der Unterbrechung liegende Entziehung des Fragerechts gem. § 241 Abs. 1 StPO gerechtfertigt ist. Darüber entscheidet der Vorsitzende. Gegen seine Entscheidung(en) holt man (jeweils) einen Gerichtsbeschluss ein, § 238 Abs. 2 StPO.
    Spätestens nach der dritten Runde hat der Vorsitzende keine Lust mehr.
    Blöde Bemerkungen hält man sich durch das Heben einer Augenbraue vom Leib. Die (eigene) Lautstärke (bei Verlesen der Anträge) ist gerade eben so laut, dass das Gericht sich anstrengen muss, etwas zu verstehen.
    Schwieriger wird es, wenn darauf ein „Rechtsgespräch“ anberaumt wird. Auch hier bleibt man schlicht, aber höflich dabei, dass der Verteidigung „Dasselbe“ geschuldet ist, bekomme man das nicht, müsse man eben die Revision vorbereiten.

  4. 4

    Jung sein und die Nachteile als Jurist…

    Der Kollege Hoening stellt gleich in zwei Artikeln die Nachteile der Jugend in juristischen Berufen dar.
    Im ersten Beispiel ist eine Referendarin noch nicht abgebrüht genug um mit dem rauen Ton in Strafverhandlungen zurechtzukommen und nimmt Gepl….