Berliner Gnadenordnung

Die Senatsverwaltung für Justiz hat die Berliner Gnadenordnung überarbeitet. In einem Anschreiben an die Vereinigung Berliner Strafverteidiger heißt es:

Die Gnadenordnung 2004 hat sich bewährt, so dass die Gnadenordnung 2009 keine inhaltlichen Änderungen enthält.

Ich kann die Bewährung aus unserer Praxis bestätigen. Gnadengesuche sind Verteidigungsmittel, die zu Unrecht ein Schattendasein fristen. Insbesondere auf die hemmende Wirkung eines (mit Gründen versehenen) Gesuchs – siehe § 5 GnO Bln – ist eine oft hilfreiche Einrichtung, auch wenn es denn am Ende doch nicht reichen sollte.

Hier gibt es den Text der Berliner Gnadenordnung 2009.

Dieser Beitrag wurde unter Behörden, Verteidigung veröffentlicht.

5 Antworten auf Berliner Gnadenordnung

  1. 1
    BV says:

    1. Wie häufig nutzen Sie die Möglichkeit, ein Gnadengesuch zu stellen?

    2. Und wie sieht die Erfolgsquote aus?

    3. Verstehe ich das mit der erwähnten hemmenden Wirkung richtig, dass man auf dem Wege zumindest eine Verzögerung des Strafantritts zu erreichen?

    Numerierung hinzugefügt. crh

  2. 2

    ad 1.
    Immer dann, wenn es sinnvoll erscheint. Es gehört zum Standard-Repertoire der Verteidigung nach Rechtskraft eines Urteils.

    ad 2.
    In einigen Fällen wird eine Strafe oder Nebenstrafe erlassen; in anderen Fällen entstehen andere Vorteile (Strafaussetzung zur Bewährung, Verzögerung des Haftantritts (s.u.), Verbesserung der Chancen auf eine Zwei-Drittel-Strafe …)

    ad 3.
    Ja, unter der Voraussetzung, das Gnadengesuch wird substantiiert begründet und erscheint nicht auf den ersten Blick völlig blödsinnig ohne Aussicht auf einen Erfolg.

    Genaue Zahlen kann ich nicht liefern, sie wären ohnehin nicht repräsentativ.

  3. 3

    Sieht die Gnadenordnung oder das Gnadenwesen nach Art. 81 VvB eine Begnadigung oder gar eine Niederschlagung einer Strafe vor? Oder ist das Gebot der Landesverfassung nicht ernst zu nehmen?

  4. 4

    Ich sehe, daß die Verfassung und ihre Gebote keine Rolle im Gnadenwesen spielt. Das spricht nicht für das Vorhandensein einer Verfassungskultur, geschweige denn eines Verfassungsstaats.

  5. 5

    Unter VG 2 K 220.09 hat das Verwaltungsgericht Berlin Akteneinsicht ohne Anwalt genehmigt. Dadurch steht jedem, der Gnade bei der Senatsverwaltung für Justiz beantragt, Einsicht in seine Gnadenakte nach § 3 IFG bzw. §§ 7 Nr. 1, 16 BlnDSG zu. Dafür braucht er keinen Anwalt mehr — wie es inzwischen fälschlicherweise in § 14 GnO steht.

    Durch die Akteneinsicht ist viel darüber zu lernen, wie die Beamten mit Gnadensachen umgehen, welche Gründe sie als Gnadensgründe anerkennen und vieles mehr. Es ist eine den Staat entlarvende Erfahrung.

    Ich kann jedem empfehlen, dies zu tun. Sie sollten sich auf VG 2 K 220.09 berufen. Die Vorsitzende der 2. Kammer ist gleichzeitig die derzeitige Gerichtspräsidentin.

    Mit freundlichen Grüßen

    Euer

    Luis Fernández Vidaud